Mittwoch, 30. Mai 2012

Loslassen

Hey ihr,
sorry, dass ich den Blog in den letzten Tagen so vernachlässigt habe. Ich hatte ein paar schlechte Tage mit vielen Emotionen und Schamgefühlen. Mir wurde bewusst, dass auf schlechte Tage auch schlechte Tage folgen können. Ich kann diese Tage nicht aushalten, in denen ich in meiner Essstörung gefangen bin. Diesmal waren es bulimische Zeiten, die mir Probleme bereitet haben. Es ist schlimm, dort zu sein, weil ich weiß, dass ich nicht zurück kann. Außerdem kann ich nicht am Fortschritt arbeiten, wenn ich weiß, dass die Essstörung in irgendeiner Weise auf mich wartet. Mir läuft die Zeit davon. Ich muss entscheiden, was ich will im Leben. So viele Jahre hab ich mich zu meiner Essstörung gewendet und die Realität ausgeblendet. Sie ist mein Freund und mein Feind. Mein Freund ist ein Mörder, der mir nicht gut tut.
Was, wenn ich mal daran denke, wie es alle um mich herum beeinflusst? Was, wenn ich einmal auf die Leute vertrauen kann, die sich damit besser auskennen und schon seit Jahren Essstörungen stuideren?
Mein Gewicht verändert sich nicht wirklich - es geht mal auf, mal ab. Deshalb wurde mir gesagt, ich müsse schnell mal Erfolg zeigen, damit ich meinen Platz behalten darf. Ich für meinen Teil finde, dass ich schon Erfolg hatte und Fortschritte gemacht habe. Ich bin eine komplett andere Person als vorher, aber derzeit liege ich in einem Loch. Umgeben von vielen Händen, die mich weiter ins Loch drücken. Ja, hier ist es sicher. 

Ich möchte nicht hier sein, wenn die mich hier einfach nur am Leben halten wollen. Dann kann ich auch genauso gut in ein betreutes Wohnen gehen.

Was möchte ich tief in meinem Herzen? Kontrolle? Ich muss loslassen. Wenn ich gesund werden möchte, muss ich loslassen.


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Heute hatte ich einen schwierigen Tag mit Veränderung. Ein neuer Ernährungsplan. Ich musste anfangen, Brot zu essen. Das ist sehr schwierig für mich, sehr schwierig drinzubehalten, aber ich hab es geschafft. 
Von nun an sieht es so aus:
8.30 Uhr Frühstück:
  • eine Scheibe Brot mit Leberpastete, Gurken und Paprika
  • zwei Knäckebrote mit Putenbrust, Gurken und Paprika
  • ein Knäckebrot mit Ziegenkäse und Gurken
  • ein weichgekochtes Ei (ungefähr vier Minuten gekocht)
  • eine Portion Obst
  • ein Glas Saft
  • eine Tasse Tee

11.30 Uhr Mittagessen:
  • eine Scheibe Brot mti Leberpastete, Gurken und Paprika
  • zwei Knäckebrote mit Putenbrust, Gurken und Paprika
  • ein Knäckebrot mit Ziegenkäse und Gurken
  • eine Portion Obst
  • ein Glas Saft
  • eine Tasse Tee

14.30 Uhr Snack:
  • 60g Fitnessmüsli (Geschmacksrichtung nach Wahl)
  • eine Banane
  • ein Joghurt (Mango/Beeren)
  • eine Tasse Tee

17.30 Uhr Snack:
  • eine Tasse Tomatensuppe mit einem Tütchen Salz
  • eine Portion Obst
  • eine Tasse Tee

19.30 Uhr Abendessen:
  • eine Scheibe Brot mit Leberpastete, Gurken und Paprika
  • zwei Knäckebrote mit Putenbrust, Gurken und Paprika
  • ein Knäckebrot mit Ziegenkäse und Gurken
  • eine Portion Obst
  • ein Ei (vier Minuten gekocht)
  • eine Tasse Tee

Besondere Vereinbarungen:
  • Butter zu jeder Mahlzeit mit Brot/Knäckebrot
  • unter ständiger Beobachtung während des Essens und 60 Minuten danach
  • schmiert sich das Essen selber
  • sitzt an einem kleinen Tisch
  • Mitarbeiter überprüft, ob Patientin alles auf dem Teller hat

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Ich sollte auf Autopilot schalten. Ich weiß, was ich will. Ich muss einfach nur anfangen zu glauben, dass das auch möglich ist.

Donnerstag, 24. Mai 2012

Sommer

Sommer, Wärme, Sonnenschein... wundervoll!
Heute war wirklich sehr schön. Ich war glücklich und das ist so ein schönes Gefühl. Ich saß viel draußen in der Sonne, war mit anderen Patienten spazieren und war sehr sozial. Mit den Mahlzeiten lief es nicht so gut, aber der Fokus liegt auf den Sachen, die ich machen kann. Ich habe alle Mahlzeiten gegessen, aber nur drei von fünf in mir behalten. Morgen wird es besser. Ein neuer Tag auf meiner Reise zur Freiheit, zur Gesundheit!
Es wird so laufen, wie ich das will. Ich bin jetzt der Boss!

Mittwoch, 23. Mai 2012

Ich gewinne

Ich dachte, dass ich euch einfach mal über den aktuellen Stand informieren sollte. Natürlich geht es auf und ab, aber es wird.
Ich wache jeden morgen auf und bin bereit für den Tag. Die Ärzte, Therapeuten und ich finden immer mehr heraus, wie man auf welche Situation reagieren muss, damit ich meine Arbeit machen kann. Und das ist okay so.
Ich brauche neue Tatsachen, die Realität, Ziele und Motivation, ständig. Ich habe mein inneres, aber ich brauche auch viel von außerhalb. Ich werde mir von denjenigen helfen lassen, die das können.
Ich kämpfe für das Leben. Ich halte mich an meinen Ernährungsplan und folge dem Programm.

Sonntag, 20. Mai 2012

Lass los

Manchmal denke ich an all die Jahre, die ich krank war. Ich denke daran, wie schlecht ich mich gefühlt habe und wie schlecht sich alle um mich herum gefühlt haben. Ich spüre einen Stich, wenn ich daran denke, was meine Freunde und Familie wegen mir durchmachen mussten. Ich bin einfach so froh, dass ich sie habe. Jeder, der in den letzten acht Jahren für mich da war, ist mir unglaublich wichtig. Jeder einzelne. Ich brauchte jeden einzelnen davon.
Ich habe ein Ziel vor Augen und muss mir jetzt selber verzeihen. Mir verzeihen, weil ich anderen so viele Sorgen bereitet habe. Ich weiß nicht, wie oft meine Eltern an meinem Krankenbett saßen und gewartet haben um zu hören, ob ich überleben würde oder nicht. Oder all die Male, die mich meine Schwester in einem Krankenwagen abtransportiert hat sehen. Oder all die Zustände, in denen Lars (mein Freund) mich gesehen hat. Das hat alle unglaublich verletzt. Aber die Tatsache, dass ich noch immer lebe, zeigt, dass ich einen Schutzengel habe und keiner die Hoffnung oder den Glauben in mich verloren hat. Egal, in welcher Situation. Ich bin unendlich dankbar dafür. Wenn diese Leute keine Hoffnung gehabt hätten, wäre ich nicht mehr am leben.

Es war nie meine Absicht, mich umzubringen, so sehr ich auch aufgeben wollte. Es ist meine Absicht, am Leben zu bleiben. Was hat mich all die Jahre am Leben gehalten? Alle um mich herum, die mich immer daran erinnert haben, wer ich bin. Ich bin Kisa, keine Krankheit. Meine Familie und Freunde haben meine gesunde Seite gesehen, sie gestärkt und sich darauf konzentriert. Es hat mir Hoffnung gegeben.

Es gibt so viele Sachen, für die es sich lohnt, gesund zu werden. Doch zuerst muss ich mir selber vergeben und mir erlauben, die Vergangenheit loszulassen.

Freitag, 18. Mai 2012

Schöner Tag

Gestern war ein schöner Tag. Um die Mittagszeit hat mich mein Vater abgeholt und wir sind in die Stadt gefahren. Hier war ein kleines Fest und wir haben uns etwas die Stände angesehen. Es war so schön, mal nach draußen zu können. Sich etwas hübsch zu machen, Schminke zu tragen, nicht nur ungeschminkt und mit Jogginghose durch die Klinik zu laufen. Das tat wirklich gut. Danach saßen mein Vater und ich in einem Café und haben einen Kaffee getrunken. Danke Papa, ich hab es wirklich genossen! ♥
Nachmittags kam mein lieber Lars zu Besuch. Er hat die Gitarre mitgebracht und wir haben etwas Gitarre gespielt und gesungen.
Das Abendessen war eine große Herausforderung und nicht einfach. Ich habe aber um Hilfe gebeten und eine Ärztin gefragt, ob sie mir helfen würde. Sie solle einfach nur sagen "Du sollst das essen und du wirst dich nicht übergeben". Es hat funktioniert.

Mittwoch, 16. Mai 2012

Sieg oder Niederlage?

Sieg oder Niederlage, darum geht es gerade.
Zwei Wochen lang wurde ich über eine Sonde ernährt, was hier jedoch nicht geduldet wird. Hier soll gegessen werden. Der Arzt hat mir also folgende Möglichkeit gegeben: Entweder fange ich jetzt an zu essen, oder ich werde entlassen und in eine betreute Wohngruppe überweisen. Das ist nicht in Ordnung, ich kann das schaffen. Ich habe das so beschlossen. Ich kann nicht zulassen, dass ich in eine Wohngruppe gesteckt werde. Ich werde nicht aufgeben. Ich werde kämpfen und meine Ziele erreichen. Stück für Stück werde ich mein Leben wiedererlangen.
Ich werde feste Nahrung zu mir nehmen.
Der Arzt war gerade hier und wir haben uns auf einen Neuanfang geeinigt. Drückt die Daumen. Ich möchte abhauen, aber ich werde es nicht.
Ich soll wieder gesund werden.

Samstag, 12. Mai 2012

"Wie geht es dir wirklich?" Diese Frage wird mir zurzeit öfters gestellt und ich weiß nie, was ich darauf antworten soll. Ich würde gerne sagen, dass es besser wird, aber manchmal ist das nicht so. Es geht auf und ab und ich kämpfe. Ich habe gute und schlechte Tage, und furchtbar schreckliche Tage. Was ich jedoch sagen kann: Es geht vorwärts und ich bin in der richtigen Klinik. Ich bin krank seit ich elf Jahre alt war und zum ersten Mal fühle ich mich so, als wäre da etwas Hoffnung. Was gut für mich war, ist, dass jemand durch meinen Kopf gedrungen ist. Ich kann nichts für die destruktiven, negativen Gedanken, die mit der Magersucht kommen, aber ich kann versuchen, da nicht reinzurutschen.  Es ist leicht zu vergessen, wenn ich in der Magersucht gefangen bin und ich davon laufe. Ich bin so oft schon weggelaufen, aber nur ich bin in der Macht. Ich werde zu der Therapie/Behandlung gezwungen, aber ich habe den Schlüssel zu einem besseren Leben, und der Weg dahin ist schwer und lang. Manchmal fühlt es sich unmöglich an. An anderen Tagen will ich gar nicht wahrhaben, dass es auch schlechte Tage gibt.  Die Tatsache, dass ich endlich eine geeignete Klinik gefunden habe, ist ziemlich gut, aber es ist auch furchtbar schwierig. Man muss rund um die Uhr arbeiten. Mit dem Kopf.  Hauptsächlich arbeite ich mit dem Kopf. Schon seit ich klein bin und manchmal habe ich Vorstellungen, die weit von der Realität entfernt sind. Es ist schwer, zur Realität zurückzukehren.  Nachdem ich gegessen habe, fühle ich mich unglaublich schmutzig. Ich kann mich dann nicht ausruhen, weil ich schmutzig bin. Es ist schwierig, weil dann die Angst kommt. Aber ich muss ich da auf andere verlassen, die sich darauf spezialisiert ahben. Die Angst kleiner machen, die Illusionen verschwinden lassen.  Es ist ein schwieriges Spiel und ich hatte schwierige Jahre. Es hat viel Zeit und Kraft genommen - sowohl mir, als auch denen um mich herum. Ich weiß nicht, wer oder wo ich heute wäre, wenn ich nicht meine Mutter, meinen Vater und meine Schwester hätte. Sie waren immer bei mir. Und ich habe meinen wundervollen Freund. Seine Kraft ist so unglaublich. Er hat seine Freundin in sehr vielen Zuständen gesehen und hält immer noch zu mir. Es tut so gut, ihn zu sehen und meine Familie zu sehen, dass sie immer noch an mich glauben.  Als ich hier her kam, hab ich mich gefühlt, als sei ich meine Essstörung, aber langsam finde ich wieder zu mir zurück. Ich bin mehr als nur eine Krankheit, meine Krankheit ist ein Teil von mir.   Nun, wie läuft es wirklich in diesen Tagen? Nun, ich habe Probleme mit dem Frühstück, Mittagessen und Abendessen, deshalb musste ich öfters zwangsernährt werden. Das macht mich sehr traurig und wütend, weil ich nicht in Kontrolle bin. Ich versuche mir zu sagen, dass es nur vorübergehend so sein wird. Ich werde daraus kommen, auch wenn es schwierig ist. Ich versuche mich auf die Dinge zu konzentrieren, auf die ich mich konzentrieren kann. Ich schaffe es, alle anderen Mahlzeiten zu mir zu nehmen, und letztlich werde ich es auch schaffen, die anderen zu essen.   So viele gute Sachen warten auf mich. Sommer, Festivals, Ferien, viele positive Dinge, auf die ich hinarbeiten muss.   Der einzige Weg dahin führt mitten durch die Hölle.

Donnerstag, 10. Mai 2012

Danke

Es geht hoch und runter bei mir. Ich kämpfe und deshalb geht es täglich darum, ob ich zwangsernährt werde oder nicht. Es ist jetzt sicher, dass ich zwangsernährt werde, wenn ich nicht esse.
Ansonsten haben wir uns auf etwas geeinigt, was mir helfen soll, nicht in die destruktiven Verhaltensweisen zu rutschen. Wir haben einen Vertrag gemacht, den ich jeden Tag unterzeichnen werde. Dieser besagt, dass ich mich nicht übergeben werde, keinen Sport treiben werde, ich es sagen werde, wenn ich destruktive Gedanken habe. Das funktioniert etwas, aber ich übergebe mich immer noch etwas. Mit dem Sport habe ich derzeit aufgehört und das ist gut. Das ist nicht sehr einfach, wenn man 30-nochwas-Kilo wiegt.

Die Dinge werden langsam besser. Ansonsten suche ich nach Dingen, die ich machen könnte, um mich beschäftigt zu halten. Wir haben heute in der Therapiestunde gebastelt. Ballons aufblasen, einkleistern, Papier drauf, und dann dekorieren. Hat viel Spaß gemacht.


Ich wollte auch noch Danke an all die Leute sagen, die mich unterstützen. Mein Freund, meine Familie, meine Freunde, aber auch die ganzen Leute online - sei es über diesen Blog oder über Pushd. Vielen Dank für alles. 

Sonntag, 6. Mai 2012

Neuanfang

Ich hasse es, dass ich diesen Blog zurzeit so vernachlässige. Das muss echt besser werden.
Der Grund für meine Abwesenheit war ein Krankenhausaufenthalt, leider. Ich laufe ständig vor meinen Gefühlen davon. Etwas, was ich seit Jahren in verschiedenen Arten mache - Bulimie, Selbstverletzung, Anorexia, Tablettenmissbrauch. Dieses Mal war es etwas anders, aber ich will keine Details darüber schreiben. Ich kann nur sagen, dass es jetzt okay ist, ich wieder in der Psychiatrie bin und es okay ist.

Ich habe einen verzweifelten Brief an meine Therapeuten geschrieben, dass sie mich nicht aufgeben sollten, weil ich Angst hatte, sie würden mich wieder in eine andere Klinik überweisen, weil ich derzeit Hoffnung in diese Psychiatrie habe.

Den Brief will ich mit euch teilen:

Ja, ich laufe. Ich laufe davon, schon wieder. Ich brauche Hilfe dabei, Methoden zu finden, wie ich damit umgehen kann, statt wegzurennen. Ich habe das Gefühl, dass ich weglaufen muss, wenn ich etwas neues beginne, wenn ich etwas verändere, von vorne anfange. Das ist ein Neuanfang. Ich werde es nicht machen. Ich muss es einfach machen. Ich möchte Strategien finden, wie ich mit Veränderungen umgehen kann und ich glaube fest daran, dass ich das mit Ihrer Hilfe schaffen kann.

Seit vielen Jahren, seit ich ein kleines Kind war, bin ich vor meinen Gefühlen weggelaufen. Durch Perfektionismus, Essstörungen, Selbstverletzung.
Der Punkt ist, dass ich wirklich einen konkreten Plan haben möchte und ich glaube, dass wir alle auf dem richtigen Weg dorthin sind, aber ich muss auch konkret damit beginnen. Und das bereit mir Schwierigkeiten. Ich bin perfektionistisch und möchte das alles sofort haben. Ich bin so erschöpft von der Anorexie.

Die Selbstverletzung ist nicht um mich zu verletzen - ich werde nicht sterben oder mich in irgendeiner Art verletzen. Es ist nur mein verdrehter Weg zu einem Neuanfang, dem Besseren, ich werde es besser machen. ich werde Hilfe akzeptieren. Mir ist völlig bewusst, dass es gefährlich ist und ich wünschte, ich hätte einfach aufstehen können und denken können "Neuer Tag, neue Möglichkeiten", aber so ist es nicht. Dennoch möchte ich Hilfe, damit ich so denken kann. Und ich habe diesmal mehr Zeit, als bevor ich kam.

Ich hoffe so, dass ich nicht in eine andere Klinik überwiesen werde, weil ich als akute Gefahr gelte. Ich möchte so sehr anfangen, dem Plan folgen, neue Methoden, Wege finden etc.
Ich bin keine Gefahr für mich selber. Ich werde nicht sterben. Ich will leben. Ich möchte gesund werden. Aber das ist die einzige Möglichkeit, dass ich mehr Hilfe brauche. Ich brauche einen Neuanfang.

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 Ich muss neue Methoden finden, geradeaus gehen und kämpfen. Ich habe viel Gewicht, Energie und Zeit verloren in den letzten Tagen, es wird Zeit. Ich bin stark, ich kann das. Ich sehe die Farben, sie sind da. Die Möglichkeiten liegen vor mir. Ich muss auf die Farben zuarbeiten.

Dienstag, 1. Mai 2012

Schwierige Tage, aber auf dem richtigen Weg.

Ich war auf einem kleinen Trip. Zehn Minuten durfte ich draußen in einem Rollstuhl rumgeschoben werden. So steht es im Vertrag. Meine Füße könnten mich aber auch nicht so lange tragen. Ich bin so müde. Erschöpft. Gelangweilt. Es ist schwierig, jeden Tag meine Arbeit zu machen: Essen, schlafen, die Angstzustände auszuhalten, die Emotionen zu ertragen, den Schmerz zu spüren etc. Da verliere ich manchmal das Ziel aus den Augen. Dadurch rutsche ich leicht auf andere Wege, so wie es in den letzten Tagen öfters war. Die Magersucht wird ganz schnell ganz stark, weil alles so sehr weh tut. Zwanghafte Gedanken und Taten nehmen mich ein. Ich bin erschöpft. Sport und kotzen. Ein ewiger Teufelskreis. Aber dadurch kann ich vor meinen Gefühlen fliehen. Es fühlt sich besser an, als die dreckigen, unbekannten Gefühle, die so schmerzen. Alles tut weh. Die letzten zwei Nächte habe ich in der Notaufnahme verbracht, weil mein Arm so sehr weh tat. Er ist wieder gebrochen. Osteoporose... Meine inneren Wunden tun so weh, dass ich sie los werden möchte. Aber heilen sie auch gut? sie müssen heilen.
Ich verliere das Ziel aus den Augen und dann - warum mache ich das? Um gesund zu werden. Und der höllische Schmerz ist in dem Sinne gut, als dass ich weiß, dass ich auf dem richtigen Weg bin, auch wenn ich hier und da andere Wege einschlage. Ich gehe auf dem richtigen Weg, auf das Ziel zu.