Montag, 30. Dezember 2013

Allein, ganz allein

Nun ist es an der Zeit, wieder ein bisschen zu schreiben. Ich weiß nicht, ob es so viel gutes zu erzählen gibt, leider. Viel ist passiert, seit ich das letzte Mal geschrieben habe. Ich bin so tief unten. Meine Welt und meine Träume sind zusammengebrochen. Ich bin in 1000 Teile gesprungen, mein Herz ist zerbrochen, meine Kraft ist am Ende.
Ich bin so wütend und traurig und wütend. Ich bin traurig und hoffnungslos. Aber das bin alleine ich schuld. In letzter Zeit habe ich so viele falsche Entscheidungen getroffen. Ich habe die Krankheit über das Leben gewählt. Ich habe auf die Krankheit gehört, anstatt auf die Leute um mich herum. Ich habe genau das Gegenteil von dem gemacht, was ich machen sollte. Ich habe sabotiert, weil ich Angst vor den Gefühlen hatte. Ich habe Tag für Tag aufgegeben, habe mich der Krankheit hingegeben. Ich habe zugelassen, dass die Krankheit alles ruiniert hat, wirklich alles. Die Krankheit hat mir alles genommen und ich bin allein. Ich habe zugelassen, dass mein Freund mich verlassen hat. Ich habe die Krankheit über ihn gewählt.
Ich habe mich falsch entschieden, weil ich mich in meiner Welt gefangen fühlte, aber jetzt ist es zu spät. Ich bin allein. Der große Traum ist geplatzt und liegt zerbröckelt vor mir. Der Traum, der mir alles bedeutete. Was mache ich jetzt? Und wer ist daran schuld? Ich, nur ich allein. Ich habe die Entscheidungen getroffen.

Derzeit bin ich in der Klinik. 24 Stunden Überwachung. Wegen der Entscheidungen, die ich getroffen habe. Ich hätte fast mein Leben verloren und habe dabei verloren, was ich in meinem Leben hatte. Ich liege hier und denke an alles, denke an Lars und mich, all das, was ich gesehen hatte. Heiße Sommer und schwimmen gehen, all die Lieder, die wir zusammen gesunden haben, die Partys, Momente, Gespräche. Es gibt so viel. Lars ist so stark und ich bewundere ihn. Und ich hätte wahrscheinlich die gleiche Entscheidung getroffen. Er hat es getan, um sich zu retten. Ich und meine Krankheit waren kurz davor, ihn runterzuziehen, und ich bin froh, dass er jetzt befreit ist. Wir hatten vier Jahre, in denen wir durch dick und dünn gegangen sind, und uns an die Träume gehalten haben. Aber ich habe gemerkt, dass man sich an Träumen nicht festhalten kann. Ein Mensch muss Erfahrungen machen und Momente leben. Und das konnte er nicht. Die Krankheit war im Weg. Egal, wie stark er versucht hat, die Wände zwischen der Krankheit und mir zu zerbrechen, er hat es nicht geschafft. Und das tut mir so leid. Ich hoffe, er schaut auf die schönen Zeiten zurück und nicht aauf die dunkle Krankheit. Ich hoffe, er erinnert sich an mein Lachen, nicht an meine Tränen. Ich hoffe, er erinnert sich an mich und nicht an die Krankheit.

Ich weine bitterlich. Weil ich so wütend bin. Jetzt ist es zuspät. Ich versuche mir zu sagen, dass ich aufstehen muss und leben muss. Aber die Wahrheit ist, dass ich nicht weiß, ob ich wieder aufstehen kann. Ich bin ganz alleine. Ich habe zwar meine Familie, aber auch da gibt es Probleme. Über die möchte ich hier nicht schreiben, weil nur ich daran Schuld bin.

Ich hasse diese Krankheit und ich bin so verdammt wütend auf sie. Sie hat mir alles genommen. Ich war 11 und jetzt bin ich fast 21 Jahre. Zehn verdammte Jahre. Zehn Jahre war ich krank und habe nicht aufgegeben. Auch nicht die Leute, die ich um mich habe und dafür bin ich dankbar. Ich habe viel durchgemacht in den letzten zehn Jahren und es ist komisch, dass ich noch lebe. Und das soll irgendwas heißen, auch wenn ich das jetzt noch nicht sehen kann. Ich sehe kein Licht, alles ist dunkel, ich fühle mich innerlich tot und fühle mich so allein. Trotzdem versuche ich eine Entscheidung zu treffen. Die muss ich treffen. Mein Leben spielt sich jetzt ab und auch, wenn mein Herz zerbrochen ist, muss ich eine Entscheidung treffen. Ich möchte Ärztin werden, eine Familie haben und meinen Traum leben. Die Krankheit will mir das nehmen, mit einem Bein im Grab. Auf beiden Seiten meines Weges sind Dornen und es gibt Löcher, in die ich falle und wieder aufstehe. Wer kann mir dabei helfen? Ich rufe nach den Händen, aber ich kann sie nicht annehmen und mit ihnen zum Licht gehen.
Ich bin alleine. Meine größte Angst war, allein zu sein. Jetzt hat er die Entscheidung getroffen und ich bin alleine.
Viele sagen, dass das einfach nur eine schwere Zeit ist. Aber so ist es nicht. Sie ist nicht schwierig, sie ist unerträglich. Es ist schrecklich und ich kann es nicht aushalten.
Ich bin krank, sehr krank, mein Kopf ist nicht klar und ich bin nicht bereit. Ich bin die Krankheit, mein Ich ist weg, ich bin von der Krankheit eingenommen.

Ich versuche, mich zu erreichen, ich will mich wieder finden. Ich versuche mir zu sagen, dass ich einen Tag nach dem anderen nehmen soll. Ich muss an die Konsequenzen denken.  Das Leben wartet auf mich, schaffe ich das?
Kann ich das Leben haben, das ich so sehr möchte? Doch das sind nur Wort von einer verwirrten Kreatur. Ich bin verwirrt und habe Angst. Ich bin alleine, ich weine, ganz alleine.

Mittwoch, 25. Dezember 2013

Weihnachtspatient

Weihnachten ist hier. Der Weihnachtsbaum steht an derselben Stelle wie letztes Jahr. Die Weihnachtsdekorationen sind im Haus, das Essen ist vorbereitet, Weihnachtsmusik läuft. Alle haben eine schöne Zeit. Es ist Weihnachten.

Und ich? Ich hab eine große Leere in mir. Ich spüre die Weihnachtsfreude nicht, mein Herz wird nicht erfüllt. Das einzig schöne ist, dass mein Liebster zu Weihnachten zuhause ist. Jetzt sehe ich ihn endlich wieder. Aber dennoch raubt mir die Krankheit viele Gefühle. Ich habe das Gefühl, mich komplett verloren zu haben. Ich weiß nicht, wer ich bin. Die Krankheit und der Hass in mir ist so stark und ich kann nicht glauben, dass ich irgendwann gesund sein werde. Ich versuche darüber nachzudenken, warum ich mich auf einmal so fühle.
Ich glaube, vieles kommt mit dem Hass auf meinen Körper. Ich bin körperlich gesund und hasse meinen Körper so stark. Ich fühle mich unwohl und wenn ich mich betrachte, hasse ich alles, was ich sehe.

Was ist nur mit dem starken und positiven Ich passiert? Vielleicht bin ich nicht so stark und positiv. Vielleicht bin ich eine schwache Person, die einfach dürr sein muss, um mit sich selbst leben zu können. Aber ich weiß auch, dass ich nicht in die Hölle der Anorexie zurückkommen werde. Ein Körper, der nur dazu Kraft hat, im Bett zu legen, ist kein körper. Das ist kein Leben. Und wenn ich daran denke, dass ich Ärztin werden möchte, habe ich Hoffnung und merke, dass ich nicht anorektisch sein kann. Ich muss mich entscheiden und das habe ich. Ich habe mich für das Leben entschieden, auch wenn die Krankheit alles versucht, um es mir zu nehmen. Sie serviert mir Lügen vom Tod und drängt mich dorthin. Aber ich will nicht sterben.

Gerade bin ich zuhause. Ich sitze im Wohnzimmer und im Fernsehen läuft irgendein Weihnachtsfilm. Aber lange werd cih nicht mehr bleiben dürfen, weil ich wieder in die Klinik muss. Ich soll vier Wochen dort bleiben, um wegen starker Selbstverletzung behandelt zu werden. Und ich selber spüre den Schmerz nicht, weil der emotionale Schmerz viel größer ist. Ich kann meinem Körper alles antun, ohne es zu merken.

Meine Familie ist hilflos. Was sollen sie tun? Ich könnte sterben, ich falle und falle, ich stehe mit einem Bein im Grab. Was können sie tun?
Sie können meine Schmerzen nicht lindern. Ich muss sie sortieren. Ich weiß, wo der Schmerz sitzt und dort muss ich auch arbeiten. Tief im Herzen. Aber das traue ich mich nicht. Ich habe Angst, schreckliche Angst. Ich habe Angst, dass mein Schmerz so stark ist, dass ich ihn nicht kontrollieren kann, wenn ich dort angelange. Ich habe Angst, dass ich damit meine Familie und alle um mich herum verletze. Ich will alle anderen nicht verletzen, aber ich weiß auch, dass ich es jetzt schon mache, wo ich alles in mir behalte und eifnach nur ein Zombie bin. Ich weiß, dass es irgendwann raus muss, aber dafür muss ich bereit sein.

Ich bin müde, mein Körper ist müde und ich bin depressiv. Aber hey, es geht vorbei. Ich muss an meine Ziele und Träume denken und weitergehen, auch wenn es sich unmöglich anfühlt.

Ich hoffe, ihr habt alle schöne Weihnachten!

Dienstag, 24. Dezember 2013

Frohe Weihnachten!

Dieses Jahr ist Weihnachten ein wenig anders. Die letzten neun Weihnachten waren sehr speziell, aber dieses Jahr gehört mein Körper mir, nicht der Magersucht. Aber dennoch gab es Sachen, die in den letzten Tagen sehr schwierig waren und wegen denen ich in der Klinik war. Zum Glück darf ich heute wieder nach Hause und das ist wohl das größte Geschenk. Zuhause, wo die Familie versammelt ist, und nicht im Krankenhaus. Ich bin dankbar, dass ich am Leben bin. Nach neun Jahren ist der Körper erschöpft, der Kopf ist erschöpft. So wie die Dinge jetzt sind, kann es nur besser werden.

Ich wünsche euch allen fröhliche Weihnachten und schöne Feiertage! Wo ihr auch feiert, ob mit der Familie, dem Freund/der Freundin, oder zuhause alleine. Ich wünsche euch frohe Weihnachten und vielen lieben Dank für die treuen Kommentare. Das bedeutet mir wirklich sehr viel. Passt auf euch auf!

Dienstag, 10. Dezember 2013

One day at a time

Heute ist wieder einer der schwierigen Tage, von denen ich in letzter Zeit leider viele hatte. Viel Dunkelheit. Deshalb ist es umso wichtiger, nach der Sonne zu schauen, die den Tag etwas aufhellt. Den Tag, nicht die Tage, denn ich will einen Tag nach dem anderen nehmen. Alles andere wäre etwas zu viel. Wenn ich an mehr als den nächsten Tag denke, verliere ich den Mut und die Hoffnung, die ich so sehr brauche.
Ich sitze gerade im Wohnzimmer bei meiner Mutter. Sie hat den Ofen an und Kerzen angezündet. Der Weihnachtsstern leuchtet im Fenster, alles ist sehr gemütlich. Meine Mutter versucht alles so angenehm wie möglich zu machen, aber es ist nicht genug. Alle versuchen ihr bestes, aber sie können mir nicht helfen und sie fühlen sich hilflos.
Die einzige, die wirklich etwas machen kann, bin ich. Aber wenn die Tage schwierig sind, ist das einfacher gesagt als getan. Ich kann alles machen. Ich kann auch auf die Krankheit hören, weil sie bekannt ist, aber dann kann ich nicht weitermachen. Ich wandere in meiner eigenen Welt, in der ich neun Jahre war. Es ist so einsam hier und ich bin traurig, hier zu sein. Die Krankheit nimmt mir alles. Zeit, wertvolle Momente, Fokus, Freude, Glück. Es ist unmöglich zu leben, wenn die Krankheit im Nacken sitzt. Man existiert nur. Das ist nicht das Leben, von dem ich träume.
Meine Träume sind stark und waren das auch immer, aber manchmal fühlen sie sich unmöglich an. Manche Tage sind besser als andere.

Die Krankheit ist teuflisch. Ich denke oft daran, was sie mir und allen um mich herum angetan hat. Wenn man sich meinen Körper anschaut, sieht man einen Bruchteil des Schmerzes, den ich erlitten habe. Narben über Narben. Die Magersucht hat mich hungern lassen, jahrelang, ich war dem Tod oft nahe. Sie hat mir gesagt, wer ich bin, auch wenn es nur eine Lüge nach der anderen war. Was auch immer ich getan habe, es war nicht gut genug. Sie hat mich in verschiedene Richtungen getrieben. Mit 11 sollte ich gut in der Schule und im Handball werden. Nein, nicht gut, perfekt. Zuhause, in der Schule, mit Freunden, im Sport. Perfektionist. Aber ich war nie gut genug. Ich habe mich nie gut genug gefühlt. Die Magersucht hat mir gesagt, sie könne mir helfen. Die Gedanken fingen früh an. Ich glaub, mit 9-10 Jahren habe ich angefangen zu denken, dass ich dünn werden könnte und damit alles besser werden würde. Der Kopf wäre die Lösung für all die Probleme.

Ich war in einer kranken Welt gefangen. Ich war krank. So viele innere Wunden, die nie ganz heilen werden. Meinen Frieden werde ich nicht finden, bevor ich nicht alle Wunden heile. Ich muss durch die Hölle gehen, um frei zu werden. Das ist ein guter Grund, einfach aufzugeben. Aber ich habe meine Träume, ich habe einen starken Drang, gesund zu sein. Ich will mich finden. Ich will anderen als Ärztin helfen. Ich will meine Geschichte erzählen. Und anderen vielleicht auch damit helfen, wenn ich das kann.

 Ich will einen Tag nach dem anderen nehmen. Ich denke daran, dass ich irgendwann gesund sein werde, auch wenn es jetzt noch dunkel ist. Ein Tag kommt nach dem anderen, aber irgendwann wird es besser. Dennoch habe ich Angst davor, dass ich es nicht schaffe und nicht gewinnen werde. Dass ich nicht gut genug bin.

Ich kämpfe, aber habe Angst, dass ich irgendwann aufgebe. Meine Träume aufgebe. Die Krankheit nimmt Leben, das ist mir bewusst. Wenn destruktive Gedanken kommen, versuche ich zu denken - was machst du da eigentlich? Das sind kranke Gedanken, so wirst du nie Ärztin!
Das Wort "Ärztin" löst in mir unglaubliche Gefühle aus. Sehnsucht nach Dingen, die ich erreichen möchte. Ich habe alles, was ich brauche, ich muss nur daran glauben. Ich habe Ziele und nur die Krankheit hält mich davon ab. Aber warum soll ich meine Ziele nicht erreichen? Ich habe genau so das Recht auf Leben wie alle anderen auch. Ich versuche mir zu sagen, dass ich es verdiene, zu leben und gesund zu sein.

Neun Jahre Leid, wann ist es genug? Das liegt an mir. Es liegt an mir, 100% gegen die Krankheit zu kämpfen. Den Versuchungen widerstehen.

Ich will meine Freiheit. Die Freiheit, das zu tun, was ich machen möchte. Das ist doch etwas völlig normales, dazu sind wir doch bestimmt, oder?

Und vor allem möchte ich, dass meine Familie und Freunde frei sind. Ich möchte nicht, dass sie wegen meiner Krankheit leiden. Meine Mutter, Schwester, mein Freund. Sie haben so viel durchgemacht und das tut mir so leid. Das Leben sollte für sie nicht so hart sein. Sie haben so viel Leid erfahren wegen meiner Krankheit.

Ich muss die richtigen Entscheidungen treffen.
Wenn ich das Leben wähle, wähle ich mich selber. Ärztin werden, Kinder, Sport, Gesundheit, Freunde, Familie, Leben, Freude, Menschen, Motivation, Stärke, Mut, Bücher, Reisen, Hobbys, LARS.

Wenn ich die Krankheit wähle, wähle ich den Tod. Ende des Lebens, ende der Freude. Lügen, krank sein, Krankenhäuser, Schmerz, Essen, Bulimie, Anorexie, Therapien, Behandlungen. Ich verliere mein Leben, ich bin einsam, alleine und schließlich tot.

Für andere ist diese Entscheidung ganz einfach. Für mich hängt sie fest. Ich hänge unten fest und muss mich nach oben kämpfen. Aber der Weg ist stürmisch und schwierig. Die größte Veränderung. Ich stehe dazwischen, mit einem Bein im Grab, wie immer.

Samstag, 7. Dezember 2013

Zwei Schritte vor und einer zurück

Das Leben ist eine Achterbahnfahrt, es geht hoch und runter. Heute bin ich unten, weit unten. Ich lag den ganzen Tag auf der Couch und habe die Gedanken nur kreisen lassen. Ich möchte nicht kämpfen. Ich fühle mich alleine in einer unbekannten Welt. Alles wird zusammenbrechen. Ich suche nach dem nächsten Atemzug, ich möchte nicht mehr schwimmen. Ich bin in unbekannten Gewässern, wo sich alles gruselig und gefährlich anfühlt. Es ist komisch, dass ich nachgeben möchte, wenn die Krankheit schreit und mir zuruft, dass sie mir Ruhe und Frieden gibt. Aber ich weiß es besser. Ich weiß, dass es eine Lüge ist. Dennoch ist es so verführend, weil ich so müde bin.
Was bringt mich dazu, dass ich jetzt schwimme?
Ich weiß zum Glück die Antwort. Die vielen Dinge, die in der Zukunft auf mich warten. Ich hab so viele gesunde Sachen, die mich motivieren sollen, den gesunden Weg einzuschlagen. Ich habe so viel zu verlieren, wenn ich den falschen Weg einschlage. Vor allem jetzt, wo es auf die Feiertage zugeht.
Ich muss kämpfen und mich dafür entscheiden, die Krankheit zu bekämpfen. Und auch zu wissen, was das bedeutet. Ich muss loslassen, ich darf nicht auf die Lügen hören, sondern muss auf die Wahrheiten hören, die von denen kommen, die es besser wissen. Ich entscheide mich für Liebe und das Leben. Ich nehme die Emotionen in kauf - erfahre die guten Emotionen, aber stehe auch standfest im Sturm. Der Weg wird mich zu meinem Ziel führen.

"Never let your past be bigger than your dreams" wurde mir heute gesagt. Ich muss den Tag hinter mir lassen und es morgen noch einmal versuchen.

Dienstag, 3. Dezember 2013

Der Schlüssel zum Leben - ich habe ihn

Ich glaube, heute war einer der schwierigsten Tage meines Lebens. Ganz offen gesagt - heute hab ich zum ersten Mal so wirklich alle Herausforderungen gemeistert, ohne alte Verhaltensweisen zu benutzen. Ich habe die Krankheit gehört, aber ich habe nicht auf sie gehört. Ich war standfest im Sturm und habe die gesunden Entscheidungen getroffen. Woher ich das weiß? Weil ich meine Gefühle geteilt habe. Ich habe mit denen um mich herum gesprochen und erlaubt, dass sie in meine Welt kommen. Gestern habe ich die Entscheidung getroffen, freiwillig für ein paar Tage in die Klinik zu gehen. Ich habe gemerkt, dass ich Hilfe brauche. Die Krankheit war nicht auszuhalten und ich brauchte Hilfe und Unterstützung. Und diese habe ich auch angenommen, ich habe mir helfen lassen. Eine gute Freundin meinte, dass ich es zulassen müsse, andere in meine Welt zu lassen, weil sie weiß, wie schwierig es für mich ist, Hilfe anzunehmen. Sie meinte, um gesund zu werden, müsse ich aus meiner Seifenblase hinaus, in eine neue Seifenblase. In eine neue, gesunde, ich-Seifenblase. Die solle mir gehören. Ich solle alles und mehr dafür tun, dass ich die Krankheit nicht hinein lasse. Ich muss die richtigen Entscheidungen treffen und darf nicht die Krankheit über mich bestimmen lassen. Der Sturm ist stark, aber ich habe die Entscheidung getroffen, standfest zu stehen. Es ist unglaublich, zu sehen, dass ich nicht allein bin. Ich muss durch den Sturm gehen, aber ich habe Leute um mich herum, die mich aufrecht halten, wenn ich das brauche. Es gibt nur einen Weg hinaus und der führt mitten hindurch. Nur so kann ich überleben. Wenn ich aufgebe, ist es vorbei. Wenn ich aufgebe, sterbe ich. Wenn sich die Tür schließt, dann bin ich gefangen und all die Hoffnung stirbt. Aber das wäre unfair. Ich habe neun Jahre überlebt und ich muss mein Leben leben. Ich werde leben.
So war der heutige Tag und ich habe die richtigen Entscheidungen getroffen. Ich habe mich für das Leben entschieden.

Die Tatsache, dass ich mich für das Leben entschieden habe und in meine neue Seifenblase eingetreten bin, heißt nicht, dass jetzt alles nur Sonnenschein ist und die Zukunft rosig ist. Der Kampf hat erst begonnen, aber ich sitze am Steuer.

Neun Jahre mit Essstörung, Depressionen, starken Angstzuständen und Selbstverletzung. Ich habe in einer Seifenblase gelebt, in der die Essstörung meine Entscheidungen übernahm. Es kam nur selten vor, dass ich die Entscheidungen getroffen habe. Ich war in Destruktion gefangen und hatte keine Freiheit. Die Krankheit hat mir nur alles genommen, mir und meinen Lieben. Sie hat mir Zeit und Energie meines Lebens genommen.
Ich hatte meine Ziele und Träume, aber die Krankheit hat mir auch die Hoffnung und den Glauben genommen. Sie flüsterte "Morgen kannst du anfangen", "morgen kannst du es tun", aber die richtigen Entscheidungen müssen JETZT getroffen werden. Heute. Ich muss jetzt anfangen, im Sturm standfest zu stehen und auf einem sicheren Pfad zu gehen. Jetzt.
Auf dem sicheren Pfad wartet ein wertvoller Gewinn auf mich, den mir die Krankheit nie geben konnte. Sie hat es versucht, aber das waren nur Lügen. Der wahre Gewinn wartet hinter dem Sturm. Ich muss darauf hinzu gehen, langsam, Schritt für Schritt. Nur ich kann diesen Gewinn finden, das Leben.

Ich habe einmal ein Bild für meine Lieben gemalt. Ich bin gefangen von einem großen, roten Ring, der den Pfad, Sturm, Kampf repräsentiert. Drum herum ist es grün. Aber der Ring, der eine Art Blase bildet, ist verschlossen und meine Lieben haben den Schlüssel. Am Ende des Bildes, hinter meiner Hölle, ist ein Tor. Das Tor zum Leben. Mit einem Gedicht auf dem Bild habe ich meinen Freund gebeten, die Hoffnung im Sturm zu behalten. Weil ich wusste, dass ich durch den Sturm gehen müsste. Ich bat ihn, gut auf den Schlüssel aufzupassen, bis ich ihn selber finden würde. Er solle nie aufgeben, weil unsere Liebe stärker sei und uns durch den Sturm führen würde. Er ist noch nicht vorbei, aber ich kann den Schlüssel jetzt finden. Ich fange an zu träumen und glaube wieder daran, dass meine Träume wahr werden. Nur ich kann das Tor öffnen.

Heute habe ich den ersten Schritt gemacht. Ich hatte viele Hügel in den letzten neun Jahren, aber der, den ich heute erklommen habe, war einer der größeren. Nun muss ich weitermachen, um meinem Traum näher zu kommen. Der Tag war anstrengend, aber ich hatte Kraft und Stärke.

Ich habe den Post begonnen damit, dass der heutige Tag einer der schlimmsten in meinem Leben war. Und ich werde ihn beenden damit, dass ich jetzt das beste Gefühl überhaupt verspüre.

Montag, 2. Dezember 2013

Freie Entscheidungen

Leben! Was genau ist das Leben überhaupt? Wir sind alle so glücklich, dass wir ein Leben haben. Meine Herausforderung, und die von vielen anderen auch, ist, dass wir mit einem freien Entscheidungswillen geboren wurden. Wir entscheiden, welche Richtungen wir einschlagen. Natürlich bestimmen nicht nur wir, was mit unserem Leben passiert. Als Kinder treffen unsere Eltern, Familien, Lehrer etc viele wichtige Entscheidungen für uns. Je älter wir werden, desto mehr Entscheidungen müssen wir selber treffen. Desto mehr Verantwortung haben wird. Wir haben einen freien Entscheidungswillen, der es aber nicht unbedingt erleichtert, die Entscheidungen zu treffen. Ich für meinen Teil konnte nicht immer meine eigenen Entscheidungen treffen. Viele Jahre lang wurde mir der freie Wille genommen, während ich in Kliniken war. Ob es nun die Krankheit war, die Entscheidungen für mich getroffen hat, oder Ärzte, die über mich bestimmt haben, es war nicht meine Entscheidung. Jetzt sitze ich hier und habe die Verantwortung, jeden Tag für mich die richtige Entscheidung zu treffen. Es ist sehr schwierig und ich weiß noch nicht ganz, wie ich damit umgehen soll.
Ich bin müde und am kämpfen, es ist sehr schwierig. Ich wünschte, ich hätte die Kraft und den Willen in mir, meinen Weg freizukämpfen. Ich weiß nur, dass es mir unglaublich leid tut. Auch, wenn mein Körper ein gesundes Gewicht hat, irgendwie ist alles trotzdem gegen mich gerichtet. Die Emotionen sind wie ein brodelndes Feuer in mir, alles wird zu einer lästigen Aufgabe. Dann kommen die schrecklichen Gedanken - wie zur Hölle will ich meine Ziele überhaupt erreichen? Wie soll ich gesund werden? Neun Jahre krank und noch immer nicht viel weiter. Ich frage mich, was hätte anders laufen können? Vielleicht hätte ich ein Leben ohne Schmerzen führen können? Das ist schwer zu sagen und ich kann nur akzeptieren, dass es so gelaufen ist. Die Vergangenheit kann ich nicht ändern, aber ich kann sie akzeptieren und nach vorne schauen.
Ich habe die freie Entscheidung, dass ich das Leben dankbar betrachte, auch wenn es schwierig ist. Ich kann mich glücklich schätzen, gute Unterstützung zu erhalten, Liebe und Freude um mich herum. Das ist keine Selbstverständlichkeit und dafür bin ich dankbar.
Viele Menschen haben in den verschiedensten Weisen zu kämpfen. Viele sind krank, weil sie innere Wunden haben, die sie nicht heilen können. Sie wenden sich kranken Arten zu, um den Schmerz zu betäuben. Drogen, Zigaretten, Alkohol, exzessives Feiern/Trinken, Essstörungen, Selbstverletzung etc. Es gibt viele verschiedene Arten, die ich gar nicht alle nennen kann. Meine Art war die Essstörung. Man sucht sich nicht immer die kranke Welt aus, sucht sie bewusst aus. Manchmal erscheint es wie ein klarer Himmel, ein Licht am Horizont, leider. Aber zum Glück gibt es Hilfe, die man jedoch auch annehmen muss. Der Wille muss da sein und das ist wichtig. Keiner kann einen zwingen, gesund zu werden, wenn man es nicht selber auch will. Du musst es wollen, denn du bist der einzige, der dich aus der Hölle fern halten kann, aus der Seifenblase, und in der gesunden Welt bleiben kann.

Sonntag, 1. Dezember 2013

Herausforderungen

Ich habe zu kämpfen. Die Gefühle in mir brodeln und ich will allem einfach nur entfliehen, aber ich weiß, dass ich sie aushalten muss. Ich widere mich selber an, ich fühle mich nicht wert genug. Ich bin körperlich gesund, aber im Kopf nicht. Ich bin alleine mit meinen Gedanken und muss meine Entscheidungen selber treffen. Es ist schwieriger als ich dachte. Es ist nicht einfach nur Dinge tun, die schwierig für einen sind. Es ist ein unglaublich harter und schwieriger Kampf. Die Krankheit lässt mich nicht in Ruhe, ich werde nie meine Ruhe finden. Ich habe viele Bewältigungsstrategien kennen gelernt, aber manchmal gehe ich in bekannte Strukturen über. Es tut weh, zu verlieren. Es ist so schön, wenn man einen Kampf gewinnt, aber umso schmerzhafter, wenn man ihn dann verliert.
Ich versuche zu denken, dass ich nicht alles auf einmal bewältigen kann, aber ich bin einfach ein Perfektionist und möchte alles perfekt besiegen. Vielleicht muss ich die Ansprüche ein wenig weiter runterschrauben, aber gleichzeitig muss ich hart und streng sein, was die Essstörung betrifft. Ich kann es mir nicht erlauben, wieder locker zu lassen. Die Zeit ist vorbei, ich habe mit der Bulimie abgeschlossen. Sie ist nicht mehr in meinem Leben willkommen. Am schlimmsten ist es zu sehen, was die Bulimie oder Anorexie mit meiner Familie gemacht hat. Die Auslöser sind in mir drin und es tut weh, mich ihnen zu stellen, sie zu ertragen. Ich stehe hier und fühle mich wie die schlimmste Person auf Erden, wenn ich auf die Essstörung und nicht auf meine Familie höre, wo die doch alles für mich tun. Es tut so weh. Ich fühl mich hoffnungslos und ich weiß, dass sie sich auch so fühlen. Aber ich darf nicht zulassen, dass es von mir genommen wird. Ich kann die Entscheidung treffen. Ich fühle mich in der Hölle gefangen, wo ich weiß, dass ich meine Familie dem Schmerz aussetze. Es ist ein schreckliches Gefühl.
Aber gleichzeitig gebe ich mein Bestes, wieder zurückzukommen, wenn ich in der Essstörung gefangen bin. Es ist schwierig, weil es neu ist. Ich bin es gewohnt, auf die Essstörung zu hören und ihren Wegen zu folgen. Wenn der Sturm in mir ist, wende ich mich automatisch den kranken Bewältigungsstrategien zu, damit ich mich nicht den schmerzhaften Emotionen aussetzen muss. Der Körper und der Kopf reagieren automatisch so, weil sie es nicht anders gewöhnt sind. Auch, wenn ich es nicht will und nicht möchte, und es nur schmerzhaft ist - aber ich habe das Gefühl, dass ich es so machen muss. Es ist wie ein Drang, der direkt befriedigt werden muss. Ich kann nicht leben, ohne auf Gefühle zu handeln. Das ist unmöglich. Aber ich weiß, dass ich mich den Gefühlen aussetzen muss. So schmerzhaft sie auch sein mögen, irgendwann werden sie geringer und ich stärker. Aber ich muss erstmal die Methoden finden, dass ich die Gefühle aushalten kann und nicht in alte Verhaltensweisen abrutsche.
Das nach Hause kommen und für mich selber sorgen war wirklich um einiges schlimmer als ich dachte. Es kamen Herausforderungen, an die ich nie gedacht hatte. Es ist schwierig, normal zu essen. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Ich habe damit zu kämpfen, nicht alle Süßigkeiten auf einmal zu essen. Alles ist in Reichweite, warum also nicht alles auf einmal essen. Die Bulimie ist ein Problem, aber ich habe es geschafft, sie etwas einzugrenzen. Ich habe mich in einem Fitnessstudio angemeldet und versuche mir Süßigkeiten zu erlauben, wenn ich trainieren war. Ich bin dort ungefähr 3-5x die Woche. Außerdem will ich bald wieder zur Schule gehen, deshalb versuch ich dafür schon etwas zu lernen. Ich merke, dass ich mich besser konzentrieren kann. Das Gehirn funktioniert mit ein wenig Nahrung einfach viel besser. Ansonsten geh ich weiter zur Psychologin. Es gibt viele Dinge, an denen ich noch arbeiten muss, ich bin weit vom Ziel entfernt. Viele innere Wunden sind noch nicht verheilt. Viele Wunden habe ich verdrängt und jetzt, wo sie wieder hochkommen, muss an ihnen gearbeitet werden.

Ich habe gemerkt, dass dieser Post sehr negativ ist. Ich habe aber auch viele gute Sachen, über die ich erzählen kann und für die ich sehr dankbar bin. Familie, Freunde, Sport, meine Unterstützungen, die Ärzte, Psychologen und Therapeuten. Ich habe den besten Freund, den man sich wünschen kann. Er studiert Medizin in Prag und ich bin so stolz auf ihn. Ich bin mir sicher, dass er es packen wird!

Freitag, 29. November 2013

Ich werde gesund?

Ich bin ein emotionales Wreck. So viel Neues, so viele Eindrücke. Ich versuche mich aus meiner eigenen kleinen Seifenblase zu lösen, in der ich jetzt seit vielen Jahren sitze. Es ist schwierig und ich hüpfe immer wieder rein. Rein und raus. Ich benutze alte und neue Strategien, es gibt viele alte, schlechte Gewohnheiten und Verhaltensweisen, die ich immer wieder benutze. Wenn ich fit in die gesunde Welt möchte, muss ich mich anpassen. Das heißt auch, dass ich loslassen muss. Auch, wenn es schmerzt, ich muss loslassen.
Ich war elf, als ich krank wurde, und war in einer Seifenblase gefangen, in der die Essstörung mir ihre Wahrheit erzählt und mir Befehle gegeben hat. Es ist nicht einfach, neun Jahre später diese Wahrheiten zu ändern. Sie sind tief in mir verankert und sind meine. Ich habe meine Abwehrmechanismen, die andere aufhalten, mich davon abzubringen, aus der Hölle hinaus zu gehen. Es ist leider so, dass es nur eine Person gibt, die mich aus der Seifenblase holen kann, auch wenn ich unglaublich viel Unterstützung habe (für die ich sehr dankbar bin). Es ist schwierig, loszulassen, aber das muss ich tun. Es ist Gesundheit oder Krankheit. Ich habe entschieden, ich habe mich für das Leben entschieden. Aber es kommt immer wieder die Krankheit. Ich höre ihre Rufe, ich höre ihre Stimmen, dass ich von allem entfliehen kann. Ich höre die Lügen, wenn ich in den Spiegel schaue. Also ziehe ich meine Maske an und lebe weiter, während ich weiß, dass die inneren Wunden noch präsent sind und ein Loch in mein Herz fressen.
Ich bin zwischen der Krankheit und der Gesundheit hin und her gerissen. Dennoch weiß ich, was ich will, aber es ist so schwer, wenn die Wahrheit der Krankheit in meinem Kopf sitzt und alle um mir herum was anderes sagen. Ich umschlinge die gesunden Sachen, aber die Krankheit schreit trotzdem. Immer wieder höre ich "Du bist nicht gut genug" und "du bist es nicht wert". Stellt euch vor, wie es ist, das ständig zu hören. 
Egal, wie die Situation auch ist, ich habe das Gefühl, dass ich es nicht wert bin oder nichts verdiene. Das kann sich auf alle Situationen übertragen. Das kann sein, dass ich mich nachts so fühle, dass ich schlafen darf, dass ich den Schlaf nicht verdient habe. Ich habe gelebt und lebe noch immer in einer kranken Welt, aus der es verdammt schwierig ist, zu entkommen. Ein Teufel, der ständig auf meiner Schulter sitzt, und mir keine Ruhe lässt.
Ich habe viele Bewältigungsstrategien benutzt, um den Gefühlen zu entkommen und die inneren Wunden zu entlasten. Jeder ist krank und muss neue STrategien entwickeln, um zu überleben. Die Schreie und Befehle und Lügen werden immer da sein, aber ich kann neue Wahrheiten finden, an die ich glauben muss. Ich muss mich wieder finden. Ich habe mich in den Jahren mit der Krankheit verloren. Wenn die Krankheit so stark ist, ist kaum etwas von einem übrig. Ich finde es manchmal komisch, dass meine Eltern nie die Hoffnung verloren haben, auch wenn ich so lang "weit weg" war.

Ich bin seit so vielen Jahren gefangen. Manchmal hatte ich keine Hoffnung. Keine Hoffnung, keinen Glauben an mich selber. Man verliert die Fähigkeit, grade zu stehen, an seine Werte, Meinungen und Überzeugungen zu glauben. 
Gerade sitze ich zuhause auf dem Sofa. Ich versuche mein bestes, mich an ein gesundes Leben anzupassen. Es ist anstrengend, unglaublich ermüdend. Ich setze mich ständig neuen Situationen aus und es fühlt sich ein wenig gut an, dass es irgendwann besser wird. Und daran möchte ich denken. Irgendwann wird es es wert sein. Ich muss mich nur an meine Limits und Regeln halten, die ich für mich aufgestellt habe. Das ist sehr wichtig. Struktur und Normalität ist wichtig. Ich drücke alle Daumen und Zehen, die ich hab, und kämpfe weiter in der Hoffnung, irgendwann zu gewinnen. Jeder Tag ist ein Kampf, aber ich darf nicht vergessen zu leben.

Montag, 25. November 2013

Der Surfer

Endlich ist der Tag gekommen, dass ich wieder nach Hause durfte. Ich habe lange darauf gewartet. Es fühlt sich so surreal an, aber dennoch unglaublich gut. Die Emotionen kochen, aber ich stehe standfest im Sturm, weil es wichtiger als je zuvor ist. Mein Körper kann nicht mehr viel ertragen. Aber man muss es auch so sehen - wenn ich je überleben will und mein Leben zurück erobern möchte, dann muss das hier und jetzt beginnen. Ich muss jetzt, in diesem Augenblick, die richtigen Entscheidungen treffen. Es geht um die richtigen Gedanken. Ich muss aufhören, mich für die Taten in der Vergangenheit zu bestrafen, für all die falschen Entscheidungen, für all die falschen Sachen, die ich getan hab. Ich muss alles dafür tun, um mich von destruktiven Handlungen abzuhalten, und das gilt sowohl für die Essstörung, als auch für die Selbstverletzung. Die äußeren Wunden sind verheilt, aber die inneren Wunden sind offen und schmerzhaft. Ich muss mir selbst erlauben, dass ich sie heilen lasse, damit ich weitermachen kann und mein Leben leben kann.

Ich erinnere mich zurück. Zurück an die Zeit, wo ich viel gesungen habe, und wo es mir gut ging. Ich bin ein wenig traurig, dass das vorbei ist. Ich hatte es sehr gut. Ich habe gelebt, aber dann bin ich wieder der Essstörung verfallen. Ich habe Gewicht verloren und dachte, es würde wieder besser werden. Aber ich wusste nicht, dass das nur der Anfang einer neuen Hölle sein würde. Drei weitere Jahre einer schmerzhaften Essstörung folgten. Dann hab ich es wieder geschafft, mich aus der Essstörung zu befreien, und mir ging es recht gut für eine Zeit lang, wo mein Gewicht normal war. Und dann ging alles wieder runter, den Bach hinunter. Mein Kopf denkt jetzt ein wenig anders. Ich bin weit gekommen und habe ein gesundes Gewicht, aber ich weiß auch, dass ich den Drang habe, wieder abzunehmen.

Ich kenne eine Frau, die sich als Surfer bezeichnet. Sie sagt, dass wir alle Surfer sind, die durchs Leben surfen. Wir haben Wellen, wir schwimmen und treiben auf ihnen und fühlen uns hoch, aber wir gehen auch unter. Dennoch sollten wir leben und uns durch das Leben surfen.
Also suchen wir nach den kleinen Dingen, die uns Motivation geben, damit wir weitermachen können. Niemand hat es einfach. Ich will nicht sagen, dass mein Leben hart ist, aber auch nicht, dass es ein Bett voller Rosen ist, aber zurzeit bin ich ein wenig normaler und lebendiger. Ich sehe, dass wir alle für unser Leben kämpfen. Wir tun es aus Liebe, Freundschaft und Freude und es gibt uns auch etwas zurück. Es gibt uns Freude im Herzen und das ist eine der wichtigsten Dinge, die wir zum Überleben brauchen.

Ich habe Dinge in meinem Leben, für die ich unendlich dankbar bin, und die mich mit Hoffnung und Motivation füllen. Ich habe auch Ziele und Träume, die ich erfüllen will. Es hängt von mir ab, welchen Weg ich einschlage. Wie ich schon im letzten Post gesagt habe - das Leben ist in meinen Händen und ich muss es tragen. Und das werde ich, ohne es fallen zu lassen.


Donnerstag, 21. November 2013

Lebenszeichen!

Hallo an alle,

ja, es ist lange her und das tut mir unglaublich leid. Ich war in einem Loch, das wir als "zwischen Leben und Tod" bezeichnen und hab mich dort eine lange Zeit befunden. Nicht wegen der Essstörung, sondern wegen starker Selbstverletzung.
Mein Zustand ist ernst, es gibt kein "ein letztes Mal" mehr. Alles liegt in meinen Händen. Passiert es nochmal, dann fliege ich raus. Die Träume würden sterben. Ich habe eine Tür in meinem Herzen, die zur Hoffnung führt, und ich versuche, zu kämpfen. Ich habe beschlossen, den Gipfel zu erklimmen und ich bin auch geklettert, aber ich bin nicht am Ziel. Es gibt viele weitere Hügel, die ich erklimmen muss, damit ich der Boss bin. Damit ich weiß, dass ich es bin, der gewonnen hat. Fast neun Jahre lang war all meine Freude unterdrückt. Die Magersucht hatte mich eingenommen und ich war so gut wie tot. Wenn ich gewusst hätte, was für Jahre auf mich warteten und wodurch ich alles gehen muss, dann hätte ich den Tod gewählt. In den letzten Jahren habe ich so viel Schmerz erlebt - und nicht nur ich, sonder alle um mich herum. Und das ist schrecklich. Es waren furchtbare Jahre, aber sie haben mich zu der Person gemacht, die ich heute bin. Ich habe so viel gute Hilfe um mich herum, das ist unglaublich. Ich habe viele Leute getroffen, andere haben mich verlassen. Aber mit vielen ist die Beziehung nur noch stärker geworden. Und das ist ein Geschenk. Ich bin für meine Leute so dankbar.
Ich bin auch dankbar dafür, dass ich noch am Leben bin. In den letzten neun Jahren musste mein Körper so viele Schmerzen ertragen und es ist ein Wunder, dass ich immer überlebt habe. Ich habe eine Mission in meinem Leben, es hat einen Grund, warum ich noch lebe. Ich bin dankbar. Das Leben ist so zerbrechlich, aber dennoch so stark.
In den letzten Wochen habe ich viel über den Tod nachgedacht. Ich sagte bereits, dass ich tief unten war, und der Tod schaute mir über die Schultern. Ich habe darüber nachgedacht, was mein Tod für meine Lieben bedeuten würde. Würden sie es verstehen? Würden sie einfach weiterleben? Würden sie die Fragen beantworten können, die andere stellen? Würden sie weiterleben können, ohne sich die Schuld zu geben?
Es ist zu schmerzhaft, darüber nachzudenken. Der Gedanke daran, dass meine Handlungen das Leben beenden könnten und so viele Menschen beeinflussen würden. Mein Leben ist hoffnungslos, aber ich bin diejenige, die es beherrscht. Das Leben ist in meinen Händen und ich kontrolliere es. Ich habe Willenskraft, das hab ich bewiesen, und ich kann es schaffen. Ich werde es schaffen.

Es gibt so viel in mir, das leben will. Ich kann nicht das Leben weiterleben, das ich gerade lebe.
In den letzten Wochen habe ich so viel geweint. Voller Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Trauer und Scham. Aber ich kenne meine Gefühle. Ich kann mit ihnen nicht umgehen und das macht es schmerzhaft, aber ich kenne sie.

Also, lebe ich weiter oder nicht?
Natürlich lebe ich. Wie ich immer sage - Liebe, Glaube und Hoffnung sind stärker.

Dienstag, 5. November 2013

Ich wollte euch nur eben ein kleines Lebenszeichen da lassen. Das Leben ist derzeit unglaublich schwierig, aber ich lebe noch. Und das ist die Hauptsache. Ich hoffe nur, dass ich die Hoffnung in mir behalten kann und ich meine Träume nicht aus den Augen verliere. Ich möchte keine Sympathien oder Mitleid oder sowas. Ich will einfach nur sagen, dass wir alle dankbarer sein sollten, dass wir am leben sind. Denn das ist keine Selbstverständlichkeit.

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Fragen-Tags

Hallo!

Ich habe gerade zufällig gesehen, dass ich von Spiegel im Eispalast 'getagged' wurde. Sprich: Ich soll Fragen beantworten und mir danach selber welche ausdenken und andere Leute taggen. Ich weiß aber nicht so ganz, wen ich taggen soll - also wer das hier liest und Lust darauf hat, der kann ja einfach die Fragen auf seinem Blog beantworten und im Kommentar seinen Bloglink hinterlassen, damit ich die Antworten auch lesen kann :-)
Bei mir geht es gerade etwas drunter und drüber, aber ich bekomme Hilfe und bin in guten Händen. Ich melde mich die Tage nochmal ausführlicher, wenn ich kann.

Was war die größte Sünde deines Lebens (was auch immer eine "Sünde" für dich ist)?Spontan fällt mir da nicht wirklich etwas ein... wie langweilig!

Wenn du drei Dinge in deinem Leben anders machen könntest, was wäre das?
Ich würde mir als Kind sagen, dass ich nicht perfekt sein muss und meine Fähigkeiten nicht perfektionieren muss. Ich würde anders mit meinen Gefühlen umgehen wollen. Ich würde anders in die ersten Krankenhausaufenthalte gestartet sein, also die Hilfe mehr akzeptieren und mich mehr darauf einlassen.

Stell dir vor, du könntest dir deine Eltern frei aussuchen - wer wäre es?
Meine Mama und meinen Papa. Die sind schon gut so, wie sie sind. Andere Eltern würde ich nicht haben wollen! Wenn ich mir es aussuchen könnte, würde ich gerne wollen, dass sie zusammen leben und glücklich zusammen sind. 

Was ist deine erste/früheste Erinnerung?
Es gibt viele Kindheitserinnerungen aus dem Kindergarten, von denen ich aber nicht genau zuordnen kann, wann diese passiert sind. Ich kann mich aber z.B. daran erinnern, dass ich mich an einer Karnevalsfeier etwas weh getan hatte und bitterlich geweint habe. Da bin ich mit einem Kind während eines Spiels zusammengestoßen und habe mir die Lippe etwas aufgebissen.

Welche drei Dinge findest du an dir selbst gut/am besten?
Na, das fragt man ja die richtige! Hm... ich finde gut an mir, dass ich nicht aufgebe. Ich finde gut an mir, dass ich höflich und gut erzogen bin. Ich finde gut an mir, dass ich versuche, anderen Leuten zu helfen.

Wenn du einen Stern nach einer Person benennen könntest, wer wäre das?
Mein Freund Lars, weil er immer für mich da ist!

Karriere oder Familie?
Beides kombiniert. Das eine schließt das andere nicht aus.

Wie verbringst du die dunklen Jahreszeiten am liebsten?
Mit einer Tasse heißem Tee, eingewickelt in eine dicke Decke.

In welcher Epoche der Geschichte würdest du leben wollen, wenn du es dir aussuchen könntest?
In gar keiner. Frauen hatten damals so gut wie keine Rechte und deshalb würde ich da nicht leben wollen. Wenn ich überlege, dass Frauen noch bis in die 1950er Jahre (!) die Erlaubnis ihres Mannes brauchten, dass sie arbeiten gehen dürfen... 

Welches Fabel-, Märchen- oder Fantasie-Tier hättest  du gerne als "Haustier", wenn es möglich wäre?
Oh, ich hätte gerne so ein Einhorn mit Flügeln!

Welcher Roman- oder Film-Figur würdest du gerne begegnen wollen, wenn es sie wirklich gäbe - und was würdest du sie fragen wollen?
Hmm... geht auch eine historische Figur? Das reizt mich viel mehr als eine Romanfigur. Wobei - wenn wir nach TV-Serien gehen, dann würde ich gerne einmal den Doctor aus Doctor Who treffen und mit ihm durch die Zeit reisen. Ansonsten würde ich gerne mal Vincent Van Gogh treffen, weil ich seine Kunst sehr gerne mag und mich seine Geschichte sehr bewegt. 


So, und hier kommen jetzt meine Fragen. Wie gesagt, beantwortet sie einfach auf eurem Blog, wenn ihr Lust habt, und hinterlasst hier einen Kommentar, damit ich sie lesen kann :-)
1) Stell dir vor, du hast die Fähigkeit, alles, was du dir vorstellst, Wirklichkeit werden zu lassen. Was würdest du damit machen und würdest du die Fähigkeit behalten wollen?
2) Du bist ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen worden. Welchen Namen trägst du jetzt (Vorname reicht) und wo lebst du?
3) Welches Buch hast du als letztes gelesen? Würdest du es weiterempfehlen?
4) Wie viele Sprachen sprichst du?
5) Eine Maschine wurde erfunden mit der du alles an dir verändern kannst, was du möchtest. Würdest du es tun?
6) Wohin würdest du reisen wollen, wenn du die freie Wahl hättest?
7) Nenne drei Dinge, die du in deinem Leben unbedingt machen möchtest.
8) Nenne eine Sache, die du erreicht hast und die dir wichtig ist (sei sie noch so banal für andere!).
9) Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen und warum?
10) Drei Dinge ohne die du nicht leben kannst!

Sonntag, 6. Oktober 2013

Vergangenheit und Zukunft

Wenn ich gesund bin, werden wir so viel machen. Ich träume sehr viel und mache da auch kein Geheimnis draus. Ich denke an die Sachen, die ich machen möchte, wenn ich gesünder bin.

- Ärztin werden und mit kranken Kindern arbeiten
- mit Lars an Valentinstag nach Venedig fahren
- Lars heiraten. Ich werde ein langes, weißes Kleid tragen. Die Sonne scheint, die Kirche ist voll, die Musik ist passend und geht mir durch alle Knochen.
- ich möchte mit Lars durch Europa reisen. Mit dem Auto und einem Zelt.
- gutes Essen in Restaurants zu mir nehmen, ohne nachzudenken.
- einen muskulösen, gesunden Körper trainieren
- meiner Mutter bei ihrem Traum helfen
- selber Mutter werden

Ich habe viele weitere Träume, von denen viele aber auch langzeitige Ziele sind. Es ist wichtig für mich, dass ich diese habe, aber auch, dass ich Träume habe, die in naher Zukunft liegen, sodass ich diese schnell erreiche und Erfolge sehe. Bis jetzt habe ich nicht so viele Ziele erreicht, aber ich habe in der letzten Zeit viel geschafft. Einiges hat sich verändert. Die Essstörung habe ich größtenteils unter Kontrolle. Ich esse meist normal und habe ein gesundes Gewichtig. Für mich war es ein Ziel und auch sehr wichtig, dass ich die Behandlung in der einen Klinik abschließe, aber das habe ich nicht ganz geschafft. Das war zum Teil meine Schuld, aber auch deren Entscheidung. Ich habe mein bestes gegeben und bin stolz. Der größte Unterschied zwischen jetzt und vorher ist wahrscheinlich, dass ich der Essstörung nicht erlaube, mein Leben zu kontrollieren. Das schlimmste war für mich die Bulimie. Ich habe mein ganzes Geld dafür verschwendet, Essen zu kaufen, es zu mir zu nehmen und mich anschließend zu übergeben. So habe ich meine Zeit verbracht. Es fühlt sich komplett neu an, die Bulimie nicht auf meinen Schultern zu haben. Ich bin freier, fühle mich besser, die Scham ist weg. Ich hänge nicht in der Krankheit fest und das ist unglaublich schön. Außerdem musste ich viele Leute abweisen, weil ich mit der Bulimie beschäftigt war. Das ist jetzt weg und alles ist besser. Mein Leben ist besser.
Aber ganz so ist es dann auch nicht. Ich fühle mich noch nicht gesund. Aber ich denke, dass ich an meinem Selbstbewusstsein arbeiten werde, sobald ich mit der Selbstverletzung ein wenig Fortschritte gemacht habe. Ich muss verstehen, dass ich genauso wichtig bin wie alle anderen auch, dass ich genauso Sachen verdiene wie andere auch. Ich freue mich darauf, mich selber neu zu entdecken, neue Seiten an mir zu entdecken. Ich wurde zerstört, als ich elf Jahre alt war, und muss mich jetzt wieder flicken. Ein Puzzleteil nach dem anderen, und dann kann ich die Teile hinzufügen, die ich haben möchte. Ich kann die Person werden, die ich sein möchte, und das ist schön. Wir alle haben Entscheidungen, die wir treffen können. Ich kann entscheiden, welche Teile ich hinzufüge und welche ich wegnehme.

Samstag, 5. Oktober 2013

Positiv denken

Ich weiß nicht genau, worüber ich schreiben soll. Es ist zurzeit sehr schwierig. Ich kämpfe mich durch Angstattacken und Emotionen. Ein ewiger Kampf. Ich wünschte, ich könnte mal eine Pause einlegen und ein wenig leben. Eine Auszeit nehmen von den Gedanken, Ängsten, Sorgen, Beunruhigung. Aber in der Realität gibt es solche Auszeiten nicht. Es gibt keinen Pause-Button. Aber hier und da kann ich daran arbeiten, die Situation zu verbessern. Ich kann Bewältigungsstrategien entwickeln. Und solange ich den Hügel erklimme, muss ich nach vorne schauen und mich motivieren, indem ich an die guten Dinge denke. Meinen Freund, Familie, Freunde. Ich muss positiv denken.

Dienstag, 1. Oktober 2013

Eine wichtige Sache

Ich sitze hier und bin in Gedanken verloren. Die Welt dreht sich weiter. Ich habe das Gefühl, dass die Zeit still gestanden ist und alle anderen weiterlebten. Es ist nicht nur ein Gefühl, sondern die Realität. Meine Freunde haben weitergelebt. Sie sind in der ganzen Welt zerstreut und studieren, machen eine Ausbildung oder verbringen ein Jahr im Ausland. Ich habe auch so meine Träume, aber ich bleibe auf einem Fleck stehen. Wie oft werde ich noch im Kreis laufen? Es hängt an mir, aber es ist so schwierig, aufzuhören. Ich war elf Jahre alt, als ich krank wurde, und wurde in Krankenhäuser geschickt. Ich verbrachte die Zeit dort und machte keine Fortschritte in der realen Welt. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt und unglaublich viel auf meinem Weg gelernt. Ich bin einzigartig und habe einen ganz eigenen Koffer, der sehr besonders für mich ist und den ich im Leben benutzen möchte. Aber gleichzeitig ist es auch unglaublich schwierig, wieder ins Leben zurück zu finden, wenn du als Kind hinausgerissen wirst.

Es gibt Resozialisierungsmaßnahmen für die, die wieder ins Leben finden möchten, und ich bin froh, dass ich so gute Hilfe bekomme. Aber ich denke auch an die, die keine Hilfe bekommen haben. Die noch in der Therapie sind und nicht rauskommen oder die, die erst gar keine Therapie erhalten haben. Sie werden ignoriert. Es ist erschreckend, wenn man an die denkt, die keine Hilfe erhalten. Eines Tages ist es zu spät. Menschen, die in der Therapie die Chance bekommen hätten, ihr Leben umzudrehen und gesund zu werden, verrecken elendig, so hart es auch klingt. Natürlich gibt es viele Gründe, warum sie sterben, aber es ist hauptsächlich deshalb, weil es ihnen schlecht geht. Sie tragen eine Last auf den Schultern, die irgendwann zu schwer wird und die sie nicht mehr tragen können. Sie wenden destruktive Methoden an, um den Schmerz zu unterdrücken. Der Schmerz kann sehr unterschiedlich sein, aber für jeden ist es eine Sache, die sie daran hindert, gesund zu werden. Doch was ist überhaupt die Gesundheit? Laut Weltgesundheitsorganisation ist Gesundheit „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen". 

Wenn man da mal drüber nachdenkt, dann können viele Leute nicht nach dieser Definition leben. Sie sind also somit nicht gesund? Alles ist relativ, aber ich denke, dass viele Leute die Möglichkeit haben, nach dieser Definition zu leben (nehmen wir einmal Behinderungen oder chronische Krankheiten raus). Gesundheit ist sehr wichtig für uns Menschen und deshalb ist es bescheuert, dass viele keine Hilfe bekommen. Es gibt so viele Arten, mit dem Schmerz umzugehen. Manche nehmen Drogen, Alkohol, Essen, Essstörungen, Sport etc. Manche können Methoden anwenden, die nicht schädlich sind. 

 Ich hoffe sehr, dass jeder, der vielleicht nicht die Hilfe bekommt, die er verdient hat, dennoch es irgendwie schafft oder so lange am Ball bleibt, bis er endlich die Hilfe bekommt. Jeder verdient die Gesundheit.

Emotionen sind kein Tabu

Das Leben ist zurzeit sehr schwierig. Ich bin auf der "Intensivstation" der Station 4 in meiner Klinik. Die Ärzte haben mir alle Medikamente abgesetzt, damit ich nicht von den Tabletten irgendwie benebelt werde, sondern alle Gefühle so fühle, wie sie sind. In den letzten zehn Jahren habe ich diese Gefühle durch Selbstzerstümmelung unterdrückt. Ich weine jeden Tag und ich habe Schmerzen, aber es tut gut, den Schmerz einmal rauszulassen. Zuerst kommen die Gefühle, die Schmerzen, und dann fließen die Tränen. Alles muss rausgelassen werden und so viel Schmerz wird dadurch frei. Ich habe viel erlebt. Die Gefühle und Erinnerungen suchen mich immer wieder heim. Das schreckliche Erlebnis, das ich mit elf Jahren erlebt habe, kommt immer wieder zum Vorschein. Ein Trauma, das keiner erleben sollte. Aber ich habe es und das hat mich zerstört. Ich habe mich verloren. Den Schmerz habe ich unterdrückt. Den inneren Schmerz habe ich nach außen gedreht und auf meinen Körper übertragen. Ich war sehr krank. Aber jetzt kommt der Schmerz raus. Ich kann ihn nicht mehr unterdrücken und das tut unglaublich weh.

Aber dennoch reicht das nicht, um meine Träume zunichte zu machen. Ich habe so viele Träume und Ziele. Ich gebe alles, um diese Träume zu erreichen, aber der Schmerz kommt durch die Tränen. Ich schreibe sehr gerne, aber auch dadurch kommen Tränen. Dennoch hilft mir das Schreiben sehr, deshalb schreibe ich.

Ich will später mal Ärztin werden und ich freue mich sehr darauf, anderen Menschen helfen zu können. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch gleich behandelt werden sollte, mit dem gleichen Respekt, ob krank oder nicht. Ich habe gelernt, dass viele Menschen andere sofort abstempeln und ihnen irgendwelche Stempel auftragen, je nach Krankheit. Aber es ist wichtig, dass alle Wunden behandelt werden müssen, egal ob innerliche oder äußerliche. Die inneren Wunden können für andere Menschen genauso hässlich und ekelhaft sein, aber das muss auch so akzeptiert werden.

Ich denke, wir Menschen müssen viel über Emotionen lernen. Sie sind irgendwo ein Tabu-Thema geworden und es heißt, dass man schwach ist, wenn man Emotionen zeigt. Ich habe seit zehn Jahren Emotionen unterdrückt und kann euch sagen, dass das viel schlimmer ist. Ich arbeite hart daran, mich selbst mit Emotionen kennenzulernen. Wir haben nur ein Leben. Wir müssen die inneren Wunden rauslassen, damit wir an ihnen arbeiten können.
Ich bin, wer ich bin. Ich gehe meist offen mit meiner Geschichte um und das will ich auch weiterhin so machen. Meine Geschichte ist ein Teil von mir. Ich habe viele Narben an meinem Körper, die zeigen, dass mein Leben schmerzvoll war. Jede Narbe steht für eine Wunde. Ich habe die Schmerzen in einer destruktiven Weise verarbeitet. Jetzt muss ich lernen, die Gefühle in einer normalen und gesunden Weise auszulassen. Es ist schwierig, aber so ist es eben. Die Selbstverletzung wurde schlimmer und schlimmer und die Ärzte haben mich gewarnt, dass es irgendwann im Tod enden kann. So ist meine Realität. Aber ich bin dankbar für die guten Sachen, die ich im Leben habe. Wenn ich gesund bin, werde ich jeden Tag leben. Ich habe es schon oft gesagt und ich weiß nicht, warum ich es ständig wiederhole, aber es ist mir eben sehr wichtig. Ich muss dankbar für die guten Dinge in meinem Leben sein. Ich muss meinen Körper auf Emotionen reagieren lassen, egal, was die Menschen davon halten. Es ist wichtig, dass ich für ein gutes Leben kämpfe. Ich habe nur ein Leben, also soll es auch gut werden!

Donnerstag, 26. September 2013

Dankbarkeit und Leben

Derzeit ist es schwierig, ich selbst zu sein. Ich bin in der Abteilung der Klinik, wo ich 1,5 Jahre wegen meiner Essstörung behandelt wurde. Lauter Erinnerungen an Zwangsernährung, Tage, an denen ich im Bett fixiert werden musste, weil ich außer Kontrolle war und nur geschrien habe... Ich bin froh, dass ich da raus bin, aber jetzt sitze ich hier wieder - wegen einer anderen Sache als letztes Mal, aber genauso ernst. Die dissoziative Störung will mich umbringen, deshalb haben wir Regeln aufgestellt und Maßnahmen getroffen, um das zu verhindern. Wenn es noch mal passiert, überlebe ich es vielleicht nicht. Das sagten mir jedenfalls die Ärzte. Und ich will nicht sterben. Ich möchte leben. Ich mache alles, um das zu schaffen, aber ich muss auch sagen, dass ich ein wenig den Mut und die Hoffnung verloren habe. Es ist nicht so einfach, hoffnungsvoll zu sein, wenn du in einen sterilen Raum gesperrt wirst. Womit soll ich kämpfen? Ich bin so müde. Ich habe neun-zehn Jahre lang gekämpft und bin einfach nur erschöpft. Ich bin wesentlich gesünder, was die Essstörung betrifft, aber es gibt so viel anderes. Ich habe zu kämpfen und in mir schmerzt es. Manchmal möchte ich aufgeben, aber ich weiß auch, dass ich so viel gutes in meinem Leben habe. So viel Liebe. Mein Freund, der seit Jahren an meiner Seite ist und mit mir kämpft. Meine Mutter, die immer für mich da ist und mir all die Liebe gibt, die sie hat. Ich habe eine Schwester und Nichte, die mein Leben mit Licht und Freude füllen. Ich habe eine Familie, für die viele sterben würden. Ich habe Freunde, die sehr unterstützend sind. Ich habe so viele um mich herum, die daran arbeiten, dass mein Leben gut und gesund wird. Ich bin dankbar, sehr dankbar. Mein Freund und ich haben einen Traum. Er hat seinen Schritt zu diesem Traum gemacht und jetzt muss ich ihm folgen. Das möchte ich so sehr. Ich möchte einfach nur normal sein und ein normales Leben führen. Ich weiß, dass ich wahrscheinlich nie ein normales Leben haben werde mit meiner ganzen Geschichte, aber ich will so stark sein, dass ich über mein Leben bestimme. Es ist wichtig, dass ich dankbar bin für die guten Dinge. Wenn die Sonne scheint, wenn mich jemand anlächelt, Schmetterlinge, Obst an den Bäumen... Ich könnte viel aufzählen, für das ich dankbar bin.

Und jetzt sitze ich hier, in einem Körper der vom Gewicht her normal ist. Meine Mutter war mich heute besuchen und das war sehr schön. Ich bin so froh, sie zu haben. Wir waren ein wenig spazieren und haben Äpfel geholt. Die Sonne schien und es war einfach nur schön, auch wenn meine Schatten bei mir waren. Ich bin dankbar für diesen Tag.

Dienstag, 24. September 2013

Ich packe meinen Koffer

Ich sitze in der Notaufnahme der Abteilung 4 meiner Klinik. Ich habe Angst. Ich fühle mich verloren in der höllischen Krankheit, aber zum Glück bin ich hier in guten Händen. Es sind gute Leute um mich herum, die mir dabei helfen, ein gutes Leben zu bekommen. Denn das will ich haben, ein gutes Leben. Ein anderes Leben als das, das ich gerade lebe.
Alles ist derzeit ziemlich schwierig, aber gleichzeitig bin ich auch dankbar, dass ich am Leben bin. Dankbar, dass ich gute Dinge erfahren darf. Ich habe alles in mir, was es braucht, das Leben zu erreichen, von dem ich träume. Ich darf jetzt nur nicht aufgeben. So viel gutes wartet auf mich und ich muss kämpfen. Manche denken jetzt vielleicht "warum musst du kämpfen, wenn dein Gewicht gesund ist?" und das stimmt auch. Warum also sich sorgen? Ich bin weit von der Gesundheit entfernt. Ja, mein Gewicht ist normal und ja, ich esse, aber das sind nur Symptome. Wenn die eine Sache besser wird, kommen neue Symptome hinzu. Meine inneren Wunden sind groß und ich habe Jahre damit verbracht, mit der Essstörung diese Wunden zu schließen. Leider habe ich mit der Zeit eine neue Krankheit entwickelt, dissoziative Störung. Kurz gesagt ist es so, dass sich mein Gehirn ausschaltet, wenn ich mit einem bestimmten Gefühl konfrontiert werde. Dann schalte ich ab und dissoziiere. Ich gehe gedanklich zurück zu dem Tag, als ich elf Jahre alt war und ein Trauma durchlebt habe. Dieses Trauma ist so stark, dass ich mich dadurch selbst verletze. So stark, dass ich medizinische Hilfe benötige, so stark, dass es fast den Tod bedeutet, so stark, dass ich nicht länger damit weitermachen kann.
In der Vergangenheit war ich wegen der Verletzungen, die ich mir beim Dissoziieren zufüge, viel im Krankenhaus. Das Trauma mit 11 war so stark, dass mein Leben dadurch komplett verändert wurde und einen Killer in meinem Kopf kreiert hat. Ich bin so wütend, so traurig, und währenddessen denke ich darüber nach, was es mir angetan hat. Ich bin jetzt seit 9-10 Jahren krank und habe noch einen langen Weg vor mir. Ich weiß nicht, ob ich jemals einen gesunden Körper haben werde, weil ich ihn schon so oft verletzt habe. Aber ich habe noch immer die Hoffnung, den Glauben und den Willen, dass es mir psychisch besser geht. Ich bin am Leben und das ist viel wert. Dazu habe ich super Unterstützung. Wir haben seit zehn Jahren gekämpft und es wäre ziemlich bescheuert und traurig, wenn wir jetzt aufgeben würden.
Ich habe gelernt, dass ich dankbar für das Schöne im Leben sein muss. Klamotten, Essen, Eltern. Ich habe so viel, für das ich dankbar sein kann. Ich muss mich nur umschauen. Und das beste daraus machen, egal, was es ist. In jeder Sache steckt etwas gutes.
Ich muss meinen Koffer packen. Mit einem Lächeln, mit Dankbarkeit und Hoffnung, und muss anfangen zu leben.

Montag, 23. September 2013

Himmel -> Hölle

Das Leben geht auf und ab. In einer Woche von Himmel zu Hölle. Hurra. Nun, dann kann es ja jetzt nur wieder bergauf gehen. Ich beneide all die, die gesund sind. Ich jedenfalls starte bald mein zehntes Jahr in Krankheit. Vielleicht mein letztes. Nun ja, ich kann mich auch sehr glücklich schätzen, weil ich viel gutes habe. Daran muss ich an schlechten Tagen denken. Ich vermisse meinen Freund. Aber ich weiß auch, dass es ihm in Prag sehr gut geht. Okay, ein kurzes Update.

Montag, 16. September 2013

Dankbarkeit

Hallo alle zusammen,

gerade sitze ich auf dem Sofa zuhause und lasse es mir gut gehen. Ich bin müde. So viel ist in den letzten Monaten passiert. Mein Körper hat viel durchgemacht und auch, wenn viel Gutes passiert ist, so war es nicht immer einfach und es sind auch weniger schöne Dinge vorgefallen. Es ist sehr schwierig, weil ich jetzt alles machen muss, um wach und präsent zu bleiben, damit ich immer im Hier und Jetzt bin. Ich versuche, irgendwelchen Abdriftungen vorzubeugen. Ich versuche, von Triggern fernzubleiben, durch die ich eventuell dissoziiere. Ich könnte mich dann verletzen und das darf nicht passieren. Ich musste über 30 mal genäht werden und die Ärzte haben gesagt, dass es so langsam mal gut sein muss, weil sie mich nicht immer nähen können. Die Haut wächst nicht einfach nach, zurück bleibt Narbengewebe. Ich verstehe nicht, warum alles so schwierig ist. Ich will mich nicht verletzen. Ich will gesund werden. Ich will normal sein und normal funktionieren. Aber es gibt auch Dinge, die gut funktionieren. Die Essstörung habe ich meistens unter Kontrolle. Ich versuche, regelmäßig zu essen, meine Beziehung zum Essen ist normaler geworden und mein Gewicht ist auch im normalen Bereich. Ich kann auch wieder anfangen, Sport zu treiben. Ich freue mich schon darauf, wenn all das vorbei ist und alles zur Normalität wird, auch wenn es jetzt noch ein Kampf ist. Jeden Tag kämpfe ich und es ist so wichtig, dass ich mich nicht verletze.

Mein Freund Lars ist jetzt in Prag. Studiert Medizin. Ich bin so stolz auf ihn und es motiviert mich, weiterzukämpfen, damit auch ich meinen Traum leben kann. Ich werde gesund werden und dann bekommen wir das Leben, auf das wir so lange schon warten.

Ich habe derzeit eine Vereinbarung mit meiner Klinik getroffen, dass ich immer kommen kann, wenn ich Hilfe brauche. Es ist gut, dass ich einen Ort habe, an den ich in schwierigen Tagen zurückkehren kann und dort Hilfe bekomme. Ein weiter Weg liegt vor mir, aber ich bin unterwegs. Ich bekomme viel Hilfe und Unterstützung und dafür bin ich so unendlich dankbar. Es ist ein Wunder, dass ich noch am Leben bin. So viele Chancen habe ich bekommen. So oft wurde mir gesagt, ich sei ein hoffnungsloser Fall. Die Ärzte meinten, ich würde meinen 18. Geburtstag nicht erleben. Aber hier bin ich. Ich bin glücklich und dankbar, dass ich am Leben bin. Das ist nicht selbstverständlich und deshalb möchte ich jeden Tag dafür dankbar sein.

Ich war viele Jahre lang in Krankenhäusern und habe viele verschiedene Schicksale kennengelernt. Das hat in mir etwas bewegt. Ich habe gesagt, was die Welt mit Menschen tun kann. Ich habe so viele Leute so weit unten gesehen und in diesen Momenten realisiert man, wie glücklich man sich schätzen kann. Glücklich, dass man gehen kann, dass man sich selbst ernähren kann und nicht zwangsernährt werden muss. Es ist so wichtig, für das dankbar zu sein, was man hat. Denn das ist nie selbstverständlich.

Samstag, 14. September 2013

Kleines Update

Hallo alle zusammen,
ich wollte mich nur kurz melden. Ich bin derzeit im Krankenhaus und werde wohl auch noch etwas hier bleiben. Gerade erst war ich eine Woche im Krankenhaus wegen Selbstverletzung und den Ausmaßen davon. Die Ärzte meinten, es sei ernst und deshalb sollte ich auf sie hören und mich viel ausruhen. Ansonsten geht es mir ganz gut. Ich versuche zu essen und kämpfe weiter.
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!

Freitag, 6. September 2013

Ich habe gerade mit Lars gesprochen. Es geht ihm in Prag sehr gut! Er ist gut angekommen, lebt sich gut ein und unternimmt viel mit seinen Leuten. Ich vermisse ihn sehr, aber werde ihm irgendwann folgen. Zurzeit bin ich im Krankenhaus, weil etwas vorgefallen ist, worüber ich jetzt aber nicht reden will. Ich habe hier aber gute Ärzte um mich herum, bekomme immer wieder Besuch und der Fernseher schützt vor Langweile ;-) . Habt ein schönes Wochenende!

Dienstag, 3. September 2013

Er ist weg, weg...

und ich bin wieder allein, allein.

Mein Liebster ist in sein großes Abenteuer gestartet und hat sein Medizinstudium in Prag begonnen. In Prag gibt es eine Universität, bei der man keinen NC vorweisen muss, stattdessen findet das Auswahlverfahren über einen Aufnahmetest statt. Das Studium wird in Englisch gehalten und kooperiert teilweise mit einer Uni in Chemnitz. Für Lars war es eine super Alternative, da das Studium dort echt gut ist und er halt keinen 1,x-Schnitt vorweisen kann. Ein Schritt in Richtung seines Traumes!
Und ich muss ein wenig gesünder werden, damit ich mir diesen Traum auch erfüllen kann. Oh man, ich vermisse meinen Freund jetzt schon. Gut, dass es das Internet und Telefone gibt, sodass man ständig in Kontakt bleiben kann!
Habt nen schönen Tag.

Sonntag, 18. August 2013

Das Gefühl die Gefühle wieder zu kennen

Hey ho alle zusammen!
Ich hatte gestern einen wundervollen Samstag mit meinem Freund, so wie es sein soll. Ich bin jetzt seit zwei Wochen in der Station 4 meines Krankenhauses und ich muss sagen, dass es einer meiner besseren Aufenthalte hier ist. Auch, wenn die Essstörung präsent ist und ich sie deutlich spüren kann, es gab keine unerwünschten Erlebnisse oder Zwischenfälle. Es ging diesmal um andere Sachen. Weißt du, wenn man fast zehn Jahre lang krank war, dann merkt man, dass hinter jeder Sache etwas sehr komisches und sehr schmerzhaftes steckt. Jahrelang habe ich durch Anorexie, Bulimie oder Selbstverletzung versucht, diesem Schmerz zu entgehen. Das war mein Weg, um die Gefühle zu kontrollieren. Ich bin nicht in der Lage, mich diesen Gefühlen auszusetzen. Doch - wenn man die schlechten Gefühle unterdrückt, unterdrückt man auch die guten. Es ist also eine ganze Weile her, dass ich wirklich richtige Freude verspürt habe.
Hier in der Klinik haben wir uns darauf konzentriert, dass ich daran arbeite, meine Gefühle nicht mit destruktiven Mitteln zu unterdrücken. Ich musste meine Gefühle irgendwie rauslassen, aber nicht destruktiv.
 Wenn ich mich verletze, ist der Gedanke da, bevor ich es letztlich tue. Die Idee, der Gedanke kommt zuerst, dann die Handlung. Eine ganze Reihe von Dingen spielt sich dazwischen ab und es ist jetzt meine Aufgabe, daran zu arbeiten. Hier in der Klinik hatte ich ständig einen bei mir und ich musste jede halbe Stunde sagen, wie es mir geht, wie ich mich fühle, ob der Gedanke stark oder schwach ist, was ich brauche, um zu widerstehen. Das habe ich geschafft. Ich habe es geschafft, mich abzulenken, bevor ich in die Handlung übergegangen bin. So muss ich auch mit meinen Gefühlen umgehen. Und wie ich schon gesagt habe, es geht auch um gute Gefühle. Wie gestern Abend, als ich mit meinem Freund weg war und wir einfach ein ganz normales Pärchen waren. Das ist so schön. Ich kenne das Gefühl von Freiheit und Freude kaum. Es ist ein kleines Wunder, das wieder zu erfahren, weil es so selten ist. Ich bin so dankbar für den gestrigen Tag und glücklich über alles, was ich erlebt und erreicht hab.
Heute Nachmittag gehe ich wieder nach Hause. Ich habe beschlossen, wieder nach Hause zu ziehen. Ich glaube, es ist besser, wenn ich im selben Haus wie meine Mutter lebe. Dann habe ich Hilfe dabei, wie ich den Alltag mit Schule und Essen bewältigen kann.
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!

Freitag, 9. August 2013

Wo bin ich?

Es ist sehr früh. Ich kann nicht einmal die Vögel hören. Der Tag hat noch nicht begonnen. Ich liege in der Stille und denke nach. Was ich für ein Leben hatte. Was ich hatte, um zu überleben. Ich werde nicht ins Detail gehen, aber in den neun Jahren war ich in einer Krankheit gefangen, die mir alles genommen hat und lediglich Scham und Schmerzen hinterlassen hat. Die Krankheit hat mich dazu gebracht, mir schlimme Dinge zuzuführen. Ziemlich schlimme Dinge. Wenn man sich meinen Körper und die Narben anschaut, merkt man das. Man kann sagen, dass ich mein Leben an die Krankheit verloren habe, als ich elf Jahre alt war. Von einem perfekt gesunden Mädchen mit vielen Möglichkeiten und Stärken, Freunden, zu einem Schatten meiner selbst. Die Krankheit hat mir alles genommen. All die Freude, all die guten Erinnerungen, Kraft, Selbstbewusstsein, Konzentration etc. Ich bin an einem Punkt, wo ich mein eigenes Leben nicht leben kann.
Und das ist ein schrecklicher Gedanke. Ich bin 20 und kann nicht leben. Ich sage nicht, dass ich sterben werde, das steht außer Diskussion, aber ich hänge in der kranken Welt fest. Es ist traurig, darüber nachzudenken, weil ich nichts mehr möchte, als zu leben.

Deshalb habe ich beschlossen, dass ich ab Herbst wieder zur Schule gehe. Ich werde aus der Wohnung ausziehen, in der ich ein Jahr gelebt habe, und wieder bei meiner Mutter leben. Ich werde mir Zeit geben und eine neue Chance.

Derzeit bin ich im Krankenhaus und ich werde hier noch ein paar Tage bleiben, bis es mir etwas besser geht. Ich hoffe, ich werde ein wenig gesünder, bevor die Schule beginnt und das neue Projekt starten kann.

Donnerstag, 8. August 2013

Zurück im Leben

Kalt. Dukel. Ein Meer voll salziger Tränen.
Ich bin auf einem schmerzhaften Pfad gelaufen. Es war zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen, aber ich habe gar nicht auf das Leben geachtet.
An den Seiten des Pfades waren verschiedene Werkzeuge, die ich hätte benutzen können, um gegen den Tod kämpfen zu können. Weil er es war, auf den ich treffen würde. Ich habe dem Tod in die Augen geblickt. Alles wurde auf den Kopf gestellt. Vor dem Fall hätten mich nur andere Hände retten können - oder wenn ich es geschafft hätte, auf dem Pfad zu balancieren.
Neun Jahre lang. Manchmal war ich in der Lage, die Werkzeuge zu benutzen, um mich wieder hoch zu ziehen. Aber diesmal konnte ich es nicht. Es tat weh, nicht das Licht in mir zu sehen, das alle anderen sahen. Es tat weh, den Schmerz zu spüren. Ich wollte nur frei sein. Im Herzen habe ich geträumt, oh, so viele Träume. Manchmal war es die einzige Möglichkeit für mich, in meiner Traumwelt zu verschwinden. Dort gab es den Kampf nicht. Ich habe alles getan, um dem Krieg zu entfliehen. Aber ich wusste nicht, dass ich weiter fallen würde, je stärker ich davonlaufe. Ich konnte dem Krieg nicht entkommen.
Viele standen an meiner Seite, als ich nach Luft geschnappt habe, gefallen bin und mich verletzt habe, gekämpft habe, geblutet habe, geweint habe, mich gesehnt habe... Es schmerzt sie auch so sehr. Sie konnten nichts tun, außer neben mir zu stehen und mich dazu zu bewegen, gegen den Tod zu kämpfen. Sie hatten Angst. Es war, als wüssten sie, dass der Tod mich bald einholen würde. Und dann habe ich den Kampf angenommen und habe ein paar besondere Momente des Glücks und der Freiheit erlebt. Ich konnte mit meinen Lieben tanzen. Ich konnte lachen, weil ich wusste, dass der Schmerz bald geringer werden würde. Und dann, ganz plötzlich, bin ich gefallen. Die Zeit stand still, der Weg war zuende. Die Krise begann. Ich war irgendwo zwischen Leben und Tod, wo nichts einen Sinn ergab, wo nichts Sinn hatte, wo es keinen Schmerz gab, wo die Zeit still stand, wo du nicht atmest und alle um dir herum versuchen, dich wieder zum atmen zu bringen. Leben oder Tod. Dennoch habe ich überlebt. Ich habe Wege gefunden, wie ich nicht ins Grab falle. Es ist so komisch, dass ich eine Art Freude erlebe, jedes Mal, wenn ich dem Tod begegne. Es scheint, der Tod sei wunderschön. Tod ist jedoch keine Freiheit. Du musst kämpfen, um frei zu werden, aber du gewinnst das Leben, wenn du es schaffst.
Ich gehe weiter auf dem Weg. Ich will mein Leben. Ich bin bereit, dafür zu kämpfen. Ich weiß, dass es irgendwo da draußen ist, und dass ich es finden werde. Deshalb werde ich weiter suchen.

Ja, ich suche weiter. Das Leben lässt sich nicht so einfach löschen. Ich habe neun Jahre Krankheit durchlebt, aber im letzten Jahr habe ich gespürt, dass es viele Leute gibt, die mit mir kämpfen, dass ich das Leben wieder erreiche. Und das ist möglich. Du musst akzeptieren, dass die Dunkelheit dort ist, aber sie nicht die Freude und die schönen Dinge auslöscht. Und man muss dankbar dafür sein, dass es diese schönen Dinge überhaupt gibt, auch wenn sie selten sind. Es gibt so viele verschiedene Arten des Leides, wenn man mal an all die anderen Länder auf der Welt denkt. Alle haben irgendwelche Wunden - innen und außen. Ich habe gute Dinge in meinem Leben und deshalb lebe ich noch. Ich habe ein paar Wunden in mir drin und ich habe einige Kämpfe hinter mir. Es war schwierig und hart, aber ich bin dankbar, dass ich so viele hinter mir habe, die mit mir kämpfen.

Aber das Leben ist schwierig. Manchmal zu schwierig. Manchmal will man einfach nur verschwinden, wenn alles in einem schreit.

Ich muss daran denken, dass das Leben zu kostbar ist, um es zu verlieren. Es gibt so viele Möglichkeiten, auf die man sein Leben verlieren kann, und damit meine ich nicht einmal den Tod. Es ist jedoch sicher, dass jeder es verdient hat, zu leben. Wir können uns glücklich schätzen, ein Leben haben zu können, und dafür muss ich dankbar sein.


Donnerstag, 25. Juli 2013

Urlaub

Morgen fahr ich mit meinem Lieben für ein paar Tage in den Urlaub. Ich freu mich schon sehr auf ein paar Tage Entspannung, Freiheit, Sommer. Und das mit meinem Liebsten. Ich hoffe, ihr habt auch einen schönen Sommer! Ich melde mich wann anders mit ausführlicheren News ;-).

Mittwoch, 17. Juli 2013

Ich hatte ein paar schwierige Tage und bin rückfällig geworden. Es ist traurig, das zu erfahren, weil in der letzten Zeit alles ziemlich gut verlief. Ich habe Dinge erreicht, die ich nie für möglich gehalten habe. Ich war stärker als die Krankheit und bin nicht schwach geworden. Aber die Krankheit ist gerissen und hässlich. Sie schleicht sich an und ist mir zu oft in die Quere gekommen. Ja, ich bin gefallen, aber ich kann auch wieder aufstehen. Ich bin weiterhin in der Abteilung 4 in meiner alten Klinik. Ich muss jetzt weiterkämpfen und das Ziel ist weiterhin Gesundheit.

Dienstag, 9. Juli 2013

Gedanken

Ich bin so unglaublich traurig, dass ich die Behandlung in der Klinik nicht abschließen konnte. Jetzt sitze ich hier, ganz alleine, in der Abteilung 4 der Klinik, in der ich 1,5 Jahre mit starkem Untergewicht war. Es ist sehr komisch, wieder hier zu sein. Aber ich bin jetzt gesünder als damals. Ich merke aber auch, dass die Krankheit hier irgendwie sehr gegenwärtig ist. Es ist unglaublich schwierig, feste Nahrung zu mir zu nehmen und Nutridrinks zu trinken. Aber ich tue es dennoch. Ich weiß, dass ich es brauche, und ich bin zu weit gekommen, als dass ich auf die Krankheit hören könnte. Ich war lange genug krank. Neun Jahre verdammt nochmal.

Ich habe so viel Zeit mit krank-sein verloren und das macht mich sehr traurig. Es tut weh zu wissen, dass ich zugelassen habe, dass eine Krankheit so viel meines Lebens genommen hat - so viel Zeit, so viel Freude, Mut, Energie, so viel von mir selber. Der Schmerz in mir. Aber es macht mich auch noch unglaublich traurig, dass dieser Schmerz nicht nur bei mir ist, sondern alle um mich herum. Die, die meinem Blog schon etwas länger folgen, wissen vielleicht, wie schmerzhaft es für meine Mutter gewesen sein muss. Eine arme Mutter, die ihre Tochter öfters fast verloren hätte. Oder meine anderen Lieben, die mich so oft so krank erlebt haben - mein Freund, der durch eine dicke Wand greifen musste, um zu seiner Freundin zu gelangen. Sie verdienen ein besseres Leben, und ich tue das auch. Das habe ich gelernt. Ich verdiene es, mein Leben leben zu können.

Als ich das letzte Mal in diesem Zimmer saß, habe ich davon geträumt, wie man Leben sein würde. Das habe ich lange getan - geträumt. Aber in den letzten sechs Monaten habe ich endlich alles getan, um meine Träume zu verwirklichen. Ich habe viele Schritte gemacht, um zu meinem Leben zu gelangen. Es war schwierig, weil die verdammte Krankheit mein Leben neun Jahre lang regiert hat. Es war eine der schwierigsten Erfahrungen für mich. All seine Regeln und Routinen zu ändern, die ich habe, seit ich 10-11 Jahre bin. Es ist, als würde man zehn Jahre in drei Monate quetschen. Aber ich habe dennoch etwas erreicht. Ich habe viel gelernt und das ist goldwert. Ich muss mich jetzt nur an das gelernte halten. Ich kann nicht zulassen, dass die letzten Monate umsonst waren. Ich kann entscheiden, ob ich kämpfe oder der Krankheit rückfällig werde. Die richtigen Entscheidungen müssen getroffen werden und daran muss ich mich jeden Tag halten. Das ist so wichtig.

Ich habe viel in der Klinik gelernt - das Vertrauen. Das Vertrauen in andere, aber auch in mich selber. Ich muss mich jetzt auf mich verlassen, dass ich die richtigen Entscheidungen treffe. Ich muss mir vertrauen.

Zurück in der "alten Klinik"

Hi ihr alle!
Lang ists her. Ich bin wieder zurück in der alten Klinik. Ein wenig früher, als das geplant war, aber naja. Ich war ca 2,5 Monate in der "neuen Klinik" und bin gesünder geworden und habe unglaublich tolle Hilfe bekommen. Es war unglaublich anstrengend, ich weiß nicht, ob ich es jemals so schwierig hatte. Ich habe gekämpft, habe die Emotionen ertragen, die ich nie geglaubt hätte fühlen zu können, aber das war gut so. Ich habe ein Ziel erreicht, das für mich sehr weit weg war. Ich habe die Kontrolle bekommen und der Krankheit widerstanden. Ja, ich kann nach neun Jahren sagen, dass ich stärker bin als die Krankheit. Sie ist viel geringer geworden.
Aber irgendwo ist es falsch gelaufen, dass ich entlassen wurde und wieder hier schreiben kann. In der letzten Zeit hatte ich mit einer starken Müdigkeit zu kämpfen. Ich war so müde, dass ich mich ständig wachhalten musste. Auch wenn ich in den letzten Monaten gut mitgearbeitet habe und viel erreicht habe, wurde ich verwarnt, weil ich nicht kooperiert hätte. Ich war schockiert, traurig und extrem wütend. Ich hatte Angst, dass ich nach Hause geschickt werden würde und nicht stark genug sei, um für mich selber zu kämpfen. Meine Krankheit ist gerissen und stark und in manchen Bereichen bin ich immer noch schwach. Neun Jahre Krankheit lassen sich nicht in fast drei Monaten Klinikaufenthalt besiegen. Deshalb war ich gestern sehr wütend und enttäuscht und bin leider in alte Verhaltensmuster gefallen. Und das war dann schließlich der Tropf, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat - Selbstverletzung wird nicht geduldet und ich wurde entlassen. Zum ersten Mal seit drei Monaten habe ich mich so stark selbst verletzt, dass ich im Krankenhaus behandelt werden musste. Es war gefährlich und kritisch und ich bin unglaublich wütend auf mich, dass ich die Kontrolle verloren habe und mich verletzt habe. Aber ich kann jetzt nichts mehr machen. Was ich tun kann, ist, dass ich mit dem Essen gut weitermache und gegen meine Krankheit kämpfe. Ich kann nach vorne schauen und weitermachen. Ich bin weiterhin ein Kämpfer und habe in diesen Monaten gezeigt, dass ich das tun kann, was ich erreichen möchte, auch wenn die Krankheit schreit. Ich finde andere Antworten, als die Krankheit mir gibt. Ich muss mich nur darauf konzentrieren, dass es andere Antworten gibt. Das gibt mir zu kämpfen, aber ich weiß, dass ich meine Ziele erreichen werde. Ich werde gesund werden, weil ich einen unglaublichen Drang in mir habe. Ich habe viele Ziele. Ich habe einen unglaublich tollen Freund, meine Familie, meine Freunde. Ich bekomme weiterhin Hilfe und bin wieder in meiner alten Klinik. Ich bin traurig, dass ich den Platz in der letzten Klinik verloren habe, aber ich muss jetzt meine Erfahrungen mitnehmen und nach vorne schauen. Ich bin körperlich viel gesünder und habe über 10kg zugenommen. Es ist sehr schade, dass ich meine Freunde in der letzten Klinik verlassen musste, mit denen ich durch gute und schlechte Zeiten gegangen bin. Ich habe dort so viel Liebe und Unterstützung erfahren. Aber ich muss mich auch bei der Klinik bedanken, weil sie mir so viel geholfen haben - dafür bin ich ihnen ewig dankbar. Ich werde das, was ich gelernt habe, mitnehmen und dafür bin ich sehr dankbar.
Ich bin jetzt also wieder in meiner alten Klinik - wie lange, das wird sich zeigen. Ich bin in guten Händen und werde auf mich aufpassen.

Montag, 1. Juli 2013

Auszeit beendet

Die Auszeit ist beendet. Es ist schwierig, auf eigenen Beinen zu stehen, wenn der Boden noch sehr wackelig ist. Aber jetzt geht es zurück in die Klinik und ich werde weiterkämpfen. Ich hatte ein paar kleinere Rückfälle, aber ich kämpfe weiter und gebe nicht auf.
Ansonsten bedanke ich mich bei allen, die mir so lieb geschrieben haben. Das gibt einem sehr viel Kraft. Ihr seid wundervolle Menschen!

Donnerstag, 27. Juni 2013

Auszeit zuhause


Hallo an alle!
Lange ist es her. Ich bin noch immer in Behandlung in der neuen Klinik, aber gerade habe ich eine kleine Pause. Das ist auch wichtig, bei der anstrengenden Therapie.
Es geht vorwärts. Die Behandlung in der Klinik ist sehr gut, so lange du dich an das Programm hältst. Und das habe ich getan. Ich habe die erste Phase überlebt und bin jetzt in Phase 2. Das heißt, dass ich ein gesundes Gewicht erreicht habe. Ich habe eine gesündere Beziehung zum Sport entwickelt. Ich mache an der Kunsttherapie mit. Jeden Mittwoch haben wir einen Workshop zum Thema Körper, wo wir uns unseres Körpers bewusst werden sollen und ihn akzeptieren sollen. Außerdem kochen wir zusammen und essen anschließend zusammen. Und viel, viel mehr. Das passiert jeden Tag und so muss es sein. Jede Woche setzen wir uns bestimmte Ziele, die wir in der nächsten Woche erreichen wollen, und jeden Freitag fassen wir die Woche zusammen und schauen auf unsere Ziele. Und dann gibt es Zeiten, wo man nach Hause soll. Diese Zeiten sind gut durchgeplant und wir sollen das, was wir in der Klinik gelernt haben, zuhause auch umsetzen. Und da bin ich jetzt.
Das ist für mich sehr schwierig. Ich verbinde mein Zuhause mit der Krankheit und es ist so, als wäre sie ständig in den Wänden präsent.

Die Motivation ist so la-la, es geht hoch und runter, aber ich versuche mich auf meine Ziele zu konzentrieren und gesund zu sein. Hallo, ich soll gesund werden, ich möchte Ärztin werden, eines Tages Mutter werden, Lars heiraten, reisen etc. Aber dafür muss ich durch den Sturm gehen und meine Ziele erreichen.

Das neue Gewicht und der neue Körper bringen viele Vorteile. Ich kann arbeiten, ich kann Gefühle spüren (wuhu, ich kann wieder weinen), in alle Richtungen, ich habe viel geringere zerstörerische Gedanken und essgestörte Gedanken. Wahrscheinlich am wichtigsten - ich habe Kontrolle. Wenigstens die meiste Zeit, und wenn ich zu kämpfen habe, dann habe ich neue Mittel, die ich anwenden kann.

Es ist ein Kampf. Ich hatte es noch nie so schwer in meinem Leben. Es fühlt sich an, als würdest du in tausend Stücke zerrissen werden und du sitzt auf dem Boden mit Tränen in den Augen und realisierst, dass du JEDES Stück an seinen Platz zurück setzen musst. Es fühlt sich an, als würdest du auf offener See ins Wasser geworfen werden. Man muss die ganze Zeit schwimmen, um an Land zu geraten. Ich kämpfe jeden Tag. Kämpfe um das Leben. Ich werde nicht sterben.
Und das ist genau das, was die Krankheit tut. Sie tötet.
Die alte Klinik hat mich aufgegeben, weil ich Behandlungsresistent war. Ich habe gelernt, dass ich nicht gesund werden würde. Ich war verzweifelt. Aber ich habe es akzeptiert, weil ich so krank und schwach war. Ich war erschöpft nach Jahren der Hölle und ich war sehr, sehr krank. Aber dann kam meine Mutter und sagte "Du musst jetzt kämpfen". Wir haben begonnen, gegen das System zu kämpfen. Ich habe mich gebrochen, zerstört, gefühlt und die Krankenhäuser haben das nur so unterstützt. Ich dachte, das sei das Ende. Ich dachte, ich würde sterben.

Aber jetzt lebe ich. Oh ja, ich lebe. Ich habe 18kg zugenommen. Ich habe die Freude wieder gefunden. Aber ganz wichtig - ich kenne die Macht, die Kontrolle wieder.

Am schönsten, als ich nach Hause kam, war, dass meine kleine Nichte zu mir gelaufen kam und mir in die Arme gesprungen ist. Und ich konnte sie hochnehmen, umarmen und mit ihr spielen. Das war ein wunderschönes Gefühl.

Das war eine lange Zusammenfassung, aber ihr solltet wissen, dass ich diesen Kampf gewinnen werde. Ich danke euch sehr für eure lieben Kommentare!
Am Sonntag geht es zurück in die Klinik und es geht weiter. Ansonsten bin ich an den Wochenenden öfters zuhause, damit ich meinen Alltag besser regeln kann, damit sich hier alles mehr normalisiert.

Habt einen schönen Tag!


Mittwoch, 19. Juni 2013

Lars 10

Ich bin wirklich inkonsequent, was die Titel betrifft ;-) Mal mache ich die Klammern drum, mal nicht, mal nur um die Zahl... Ach je, F. würde diese Unordnung gar nicht gefallen! Sie ist so perfektionistisch, da müssten die Titel auch schon konsequent sein, wenn man einmal anfängt.
Egal, das interessiert wohl keinen. Wir haben gerade wieder telefoniert und sie hat erzählt, dass sie einen anstrengenden, aber schönen Tag hatte. Weil sie jetzt in Phase 2 ist, hat sie einfach mehr Programm am Tag. Sie hatte Kunsttherapie, einen Workshop zum Thema Körper, aber ihr Highlight war das Mittagessen. Das durfte sie nämlich mit ein paar Mädels ganz alleine zubereiten und anschließend haben sie es zusammen gegessen. In einem kleinen Raum, mit einer Betreuerin, sonst niemandem. Diese Privatsphäre fand sie sehr schön und das Kochen mit den anderen hat ihr viel Spaß gemacht.
Am Wochenende kommt sie uns besuchen und wir zählen schon alle die Stunden, bis wir sie am Bahnhof abholen können!

Gruß,
Lars

Dienstag, 18. Juni 2013

Lars 9

Hallo,

wieder ein kurzes Update von F.:
Es geht hoch und runter, vorwärts und rückwärts, und sie steht vor einem Hügel, den sie erklimmen muss. Sie hat verschiedene Bücher, die ihr helfen sollen: Genesungswünsche der Familie und Freunde, Motivationssprüche, positive Gedanken. Sie hofft, dass jetzt wieder eine leichtere Zeit kommt. Am Wochenende kommt sie uns besuchen und sie freut sich darauf - und wir natürlich auch, so sehr. Ich kann es nicht erwarten, sie endlich mal wieder zu sehen!

Gruß,
Lars

Donnerstag, 13. Juni 2013

(Lars 8)

Hallo,

kurzes Update bevor ich zur Arbeit muss.
F. ist derzeit krank - eine Grippe hat sie erwischt. Deshalb hütet sie hauptsächlich das Bett, trinkt viel Tee und sowas. Sie ist nicht mehr in Phase 1, sondern hat jetzt Phase 2 erreicht und darauf ist sie sehr stolz. Und wir natürlich auch. Sie hätte nie gedacht, dass sie diese Phase überhaupt erreicht. Umso größer ist die Freude. Jetzt hat sie einfach mehr Mitspracherecht in der Klinik. Sie darf öfters raus, darf an mehr Sachen teilnehmen und sowas.

Gruß,
Lars

Donnerstag, 6. Juni 2013

(Lars 7)

Hallo!

Ich kann euch derzeit leider nicht viel berichten, weil wir nicht so viel sprechen konnten. Ich kann euch nur sagen, dass sie weiterhin in der Klinik ist und kämpft. Sie hat starkes Heimweh, aber am Wochenende fahr ich zu ihr.

Gruß,
Lars

Samstag, 18. Mai 2013

(Lars 6)

Hallo!

Ich war heute bei F. Sie durfte heute zum ersten Mal das Klinikgelände verlassen und somit sind wir in die Stadt gefahren. Das Wetter war zum Glück sehr schön, deshalb konnten wir viel draußen rumlaufen.
Ihr geht es ganz gut soweit. Sie sagt, dass die Krankheit zurzeit sehr laut ist und sie stark dagegen ankämpfen muss. Sie fühle sich oft so, als verdiene sie den Platz in der Klinik nicht, als verdiene sie kein gutes Leben, als verdiene sie keine Gesundheit. Aber dann wiederum weiß sie auch, dass das Blödsinn ist und ihr die Krankheit das nur weismachen will. Wir versuchen sie alle daran zu erinnern, dass sie ein gutes Leben verdient hat und dass sie gut und stark ist. Ich hoffe, sie hört auch etwas auf uns.
Insgesamt hatten wir aber einen sehr schönen Tag. Wir haben die Sonne genossen, wir konnten etwas Zeit zusammen verbringen, und das ist immer schön.

Euch ein schönes Wochenende!

Gruß,
Lars

Samstag, 11. Mai 2013

Lars (5)


Guten Morgen,

gerade wieder telefoniert; wenn alles gut geht, werde ich sie heute wieder Besuchen fahren :-)

Sie merkt den Fortschritt, den sie macht. Sie stellt fest, dass die Essstörung schwächer und sie stärker wird - sowohl körperlich, als auch psychisch. Sie ist jetzt seit fast drei Wochen dort und das bedeutet auch, dass sie ein wenig mehr Freiheit bekommt und auch mal kurz die Klinik verlassen darf. Am Anfang musste sie 24/7 in der Klinik bleiben und sie fühlt sich jetzt wie ein kleines Kind, das ein paar mehr Aktivitäten machen darf. Dieses Eingesperrt-sein war ziemlich langweilig für sie, aber es wird besser.

Die letzten Tage waren ziemlich anstrengend, aber sie merkt auch, dass sie mehr von der Essstörung loslassen kann und ihre Laune besser wird. Es ist schwierig, von etwas loszulassen, das sie seit neun Jahren geleitet hat. Aber für sie sei es schwieriger, einen komplett neuen Körper zu bekommen. Einen weiblichen Körper und keinen Kinderkörper. Aber sie arbeitet daran, es so zu akzeptieren.

Aber am schönsten ist es für sie, wieder Boss ihres Lebens zu sein. Sie hat noch einen weiten Weg vor sich, aber den will sie gehen. Sie glaubt daran, dass sie es ganz schaffen kann, und wenn sie darüber nachdenkt, fühlt sie sich gut.

Wir wünschen euch ein schönes Wochenende!
Lars

Dienstag, 7. Mai 2013

(Lars 4)

Hallo,

hier wieder ein kleines Update von F.
Es geht ihr ganz gut, aber es ist sehr anstrengend und schwierig. Sie macht jeden Tag ihren Job, d.h. sie isst, geht zur Therapie und ruht sich aus. Es geht vorwärts, aber sie merkt auch, dass es sehr schwierig ist. Gestern kamen die lang erwarteten Tränen. Sie weint sehr wenig, so gut wie nie. In unseren drei Jahren Beziehung habe ich sie erst einmal weinen gesehen. Gestern konnte sie weinen und sie sagte, es tat unglaublich gut, einfach mal die Tränen laufen zu lassen. Die Gefühle würden sich jetzt schon ganz anders anfühlen.


Manchmal will sie einfach nur ihre Sachen packen und nach Hause, weil es so schwierig ist, aber sie weiß auch, was sie will. Sie möchte nicht in ihr altes Leben zurück, sondern ihre Ziele erreichen und frei sein. Sie ist auf dem richtigen Weg und das ist gut so, auch wenn es gruselig ist. Sie vermisst ihr Zuhause sehr. Sie vermisst ihre Freunde, ihre Familie, mich, euch, alle. Deshalb soll ich euch ganz lieb von ihr grüßen!

Gruß,
Lars

Samstag, 4. Mai 2013

(Lars 3)

Hallo,

F hat mir eine SMS geschrieben, dass sie einen BMI von 17 erreicht hat! Das ist von gesund zwar noch entfernt, aber für sie ist es ein wichtiger Schritt. Sie sagte, sie sei stolz drauf und ich hoffe, dass sie das auch wirklich ist und sie sich gut fühlt.

Gruß,
Lars

Mittwoch, 1. Mai 2013

(Lars 2)

Hallo,

ich habe gerade mit F telefoniert und möchte euch erzählen, was sie mir berichtet hat. Feiertage sind in der Klinik unglaublich langweilig, weil sie nicht raus dürfen und auch kaum Therapien stattfinden, sodass sie den ganzen Tag quasi nichts machen kann. Es geht bei ihr hoch und runter, aber sie sagt, dass es vorwärts geht. Sie kämpft und das zählt. Morgen wird ihre Mutter sie besuchen und darauf freut sie sich schon sehr. Es ist für sie schwierig, so weit von zuhause weg zu sein und ihre Familie und Freunde nicht sehen zu können. Aber sie hat sich mit ein paar Mädchen angefreundet und mit denen hängt sie viel ab. Mädelsabende werden natürlich regelmäßig veranstaltet ;-).


Gruß,
Lars

Freitag, 26. April 2013

(Lars)

Hallo,

hier ist Lars, Fs Freund. Ich habe gestern mit ihr telefoniert und wir hatten besprochen, dass ich ein Update für sie schreibe.
Es geht ihr ganz gut soweit. Das Programm ist sehr anstrengend, aber sie hat das Gefühl, dass es das richtige Programm für sie ist. Sie ist motiviert und fröhlicher als bisher. Sie fühlt sich mehr in Kontrolle und genießt das Gefühl, das sie erlebt, wenn sie die Krankheit unterdrückt. Es ist schwierig, aber sie folgt dem Programm.
Morgen werde ich sie besuchen fahren.

Gruß,
Lars

Sonntag, 21. April 2013

Letzter Post vor der neuen Klinik


Wow, die sechs Wochen gingen schnell vorbei. Morgen ist der Tag. Ich gehe in die neue Klinik.
Die letzten Tage waren anstrengend. Die Selbstverletzung war am Wochenende sehr präsent, aber ich bin motiviert, morgen in den Kampf zu steigen. Ich will diesen Kampf gewinnen. Ich bin bereit für ein neues Leben. Ich bin bereit, jeden Tag zu kämpfen. Jedne Tag zu gewinnen. Das wird von mir verlangt, damit ich den Kampf gegen die Essstörung, den ich seit neun Jahren kämpfe, gewinnen kann. Ich muss jeden Tag gewinnen und ich bin bereit.
Das letzte Jahr war sehr schwierig für meine Lieben und für mich. Ich möchte mir und allen anderen zeigen, dass ich gewinnen werde.

Ich bin sehr dankbar für die Hilfe, die ich in der aktuellen Klinik bekommen habe. Sie waren einzigartig und ich bin ihnen unglaublich dankbar. Das wissen sie auch.

Wie ich bereits erwähnt habe, darf ich in der Klinik nicht bloggen, deshalb muss ich diesen Blog für eine Zeit lang auf Eis legen. Danke für alles. Ich verspreche euch, dass ich leben werde. In ein paar Monaten werde ich als frische Person wiederkehren. Morgen gehe ich in die Klinik und der Kampf beginnen. Ich werde mit allen Mitteln kämpfen, meine ganze Kraft zusammen nehmen. Ich habe so viel Kraft in mir und das habe ich auch meinen Eltern und meinem Freund zu verdanken. Sie waren unglaublich und geduldig und eine tolle Unterstützung. Ich bin gesünder geworden und bereit für den Kampf. Sie glauben an mich und ich werde es schaffen.

Am meisten möchte ich meinem Freund Lars danken. Er war so einzigartig, so stark und standfest. Ich bin so dankbar, ihn zu haben. Ich freue mich darauf, wenn wir unsere Beziehung wie ein normales Pärchen führen können und die Tage nicht von meiner Essstörung überschattet werden. Ich freue mich darauf, wenn wir leben können.

Und auch einen großen Dank an meine Leser, für eure Unterstützung und Hilfe. Das bedeutet mir wirklich viel. Ihr werdet eine Zeit lang nichts von mir hören, weil ich in der Klinik nicht bloggen darf. Aber ich versichere euch, dass ich kämpfen werde und gesünder werde. Ich hoffe, ihr vergesst meinen Blog nicht ganz, sodass ihr in ein paar Monaten auch noch da seid, wenn ich wieder blogge. Wenn es zwischendurch Kommentare hier geben sollte - Lars schaut ab und an rein und schaltet die frei.

Bis dahin,
F