Donnerstag, 26. September 2013

Dankbarkeit und Leben

Derzeit ist es schwierig, ich selbst zu sein. Ich bin in der Abteilung der Klinik, wo ich 1,5 Jahre wegen meiner Essstörung behandelt wurde. Lauter Erinnerungen an Zwangsernährung, Tage, an denen ich im Bett fixiert werden musste, weil ich außer Kontrolle war und nur geschrien habe... Ich bin froh, dass ich da raus bin, aber jetzt sitze ich hier wieder - wegen einer anderen Sache als letztes Mal, aber genauso ernst. Die dissoziative Störung will mich umbringen, deshalb haben wir Regeln aufgestellt und Maßnahmen getroffen, um das zu verhindern. Wenn es noch mal passiert, überlebe ich es vielleicht nicht. Das sagten mir jedenfalls die Ärzte. Und ich will nicht sterben. Ich möchte leben. Ich mache alles, um das zu schaffen, aber ich muss auch sagen, dass ich ein wenig den Mut und die Hoffnung verloren habe. Es ist nicht so einfach, hoffnungsvoll zu sein, wenn du in einen sterilen Raum gesperrt wirst. Womit soll ich kämpfen? Ich bin so müde. Ich habe neun-zehn Jahre lang gekämpft und bin einfach nur erschöpft. Ich bin wesentlich gesünder, was die Essstörung betrifft, aber es gibt so viel anderes. Ich habe zu kämpfen und in mir schmerzt es. Manchmal möchte ich aufgeben, aber ich weiß auch, dass ich so viel gutes in meinem Leben habe. So viel Liebe. Mein Freund, der seit Jahren an meiner Seite ist und mit mir kämpft. Meine Mutter, die immer für mich da ist und mir all die Liebe gibt, die sie hat. Ich habe eine Schwester und Nichte, die mein Leben mit Licht und Freude füllen. Ich habe eine Familie, für die viele sterben würden. Ich habe Freunde, die sehr unterstützend sind. Ich habe so viele um mich herum, die daran arbeiten, dass mein Leben gut und gesund wird. Ich bin dankbar, sehr dankbar. Mein Freund und ich haben einen Traum. Er hat seinen Schritt zu diesem Traum gemacht und jetzt muss ich ihm folgen. Das möchte ich so sehr. Ich möchte einfach nur normal sein und ein normales Leben führen. Ich weiß, dass ich wahrscheinlich nie ein normales Leben haben werde mit meiner ganzen Geschichte, aber ich will so stark sein, dass ich über mein Leben bestimme. Es ist wichtig, dass ich dankbar bin für die guten Dinge. Wenn die Sonne scheint, wenn mich jemand anlächelt, Schmetterlinge, Obst an den Bäumen... Ich könnte viel aufzählen, für das ich dankbar bin.

Und jetzt sitze ich hier, in einem Körper der vom Gewicht her normal ist. Meine Mutter war mich heute besuchen und das war sehr schön. Ich bin so froh, sie zu haben. Wir waren ein wenig spazieren und haben Äpfel geholt. Die Sonne schien und es war einfach nur schön, auch wenn meine Schatten bei mir waren. Ich bin dankbar für diesen Tag.

Dienstag, 24. September 2013

Ich packe meinen Koffer

Ich sitze in der Notaufnahme der Abteilung 4 meiner Klinik. Ich habe Angst. Ich fühle mich verloren in der höllischen Krankheit, aber zum Glück bin ich hier in guten Händen. Es sind gute Leute um mich herum, die mir dabei helfen, ein gutes Leben zu bekommen. Denn das will ich haben, ein gutes Leben. Ein anderes Leben als das, das ich gerade lebe.
Alles ist derzeit ziemlich schwierig, aber gleichzeitig bin ich auch dankbar, dass ich am Leben bin. Dankbar, dass ich gute Dinge erfahren darf. Ich habe alles in mir, was es braucht, das Leben zu erreichen, von dem ich träume. Ich darf jetzt nur nicht aufgeben. So viel gutes wartet auf mich und ich muss kämpfen. Manche denken jetzt vielleicht "warum musst du kämpfen, wenn dein Gewicht gesund ist?" und das stimmt auch. Warum also sich sorgen? Ich bin weit von der Gesundheit entfernt. Ja, mein Gewicht ist normal und ja, ich esse, aber das sind nur Symptome. Wenn die eine Sache besser wird, kommen neue Symptome hinzu. Meine inneren Wunden sind groß und ich habe Jahre damit verbracht, mit der Essstörung diese Wunden zu schließen. Leider habe ich mit der Zeit eine neue Krankheit entwickelt, dissoziative Störung. Kurz gesagt ist es so, dass sich mein Gehirn ausschaltet, wenn ich mit einem bestimmten Gefühl konfrontiert werde. Dann schalte ich ab und dissoziiere. Ich gehe gedanklich zurück zu dem Tag, als ich elf Jahre alt war und ein Trauma durchlebt habe. Dieses Trauma ist so stark, dass ich mich dadurch selbst verletze. So stark, dass ich medizinische Hilfe benötige, so stark, dass es fast den Tod bedeutet, so stark, dass ich nicht länger damit weitermachen kann.
In der Vergangenheit war ich wegen der Verletzungen, die ich mir beim Dissoziieren zufüge, viel im Krankenhaus. Das Trauma mit 11 war so stark, dass mein Leben dadurch komplett verändert wurde und einen Killer in meinem Kopf kreiert hat. Ich bin so wütend, so traurig, und währenddessen denke ich darüber nach, was es mir angetan hat. Ich bin jetzt seit 9-10 Jahren krank und habe noch einen langen Weg vor mir. Ich weiß nicht, ob ich jemals einen gesunden Körper haben werde, weil ich ihn schon so oft verletzt habe. Aber ich habe noch immer die Hoffnung, den Glauben und den Willen, dass es mir psychisch besser geht. Ich bin am Leben und das ist viel wert. Dazu habe ich super Unterstützung. Wir haben seit zehn Jahren gekämpft und es wäre ziemlich bescheuert und traurig, wenn wir jetzt aufgeben würden.
Ich habe gelernt, dass ich dankbar für das Schöne im Leben sein muss. Klamotten, Essen, Eltern. Ich habe so viel, für das ich dankbar sein kann. Ich muss mich nur umschauen. Und das beste daraus machen, egal, was es ist. In jeder Sache steckt etwas gutes.
Ich muss meinen Koffer packen. Mit einem Lächeln, mit Dankbarkeit und Hoffnung, und muss anfangen zu leben.

Montag, 23. September 2013

Himmel -> Hölle

Das Leben geht auf und ab. In einer Woche von Himmel zu Hölle. Hurra. Nun, dann kann es ja jetzt nur wieder bergauf gehen. Ich beneide all die, die gesund sind. Ich jedenfalls starte bald mein zehntes Jahr in Krankheit. Vielleicht mein letztes. Nun ja, ich kann mich auch sehr glücklich schätzen, weil ich viel gutes habe. Daran muss ich an schlechten Tagen denken. Ich vermisse meinen Freund. Aber ich weiß auch, dass es ihm in Prag sehr gut geht. Okay, ein kurzes Update.

Montag, 16. September 2013

Dankbarkeit

Hallo alle zusammen,

gerade sitze ich auf dem Sofa zuhause und lasse es mir gut gehen. Ich bin müde. So viel ist in den letzten Monaten passiert. Mein Körper hat viel durchgemacht und auch, wenn viel Gutes passiert ist, so war es nicht immer einfach und es sind auch weniger schöne Dinge vorgefallen. Es ist sehr schwierig, weil ich jetzt alles machen muss, um wach und präsent zu bleiben, damit ich immer im Hier und Jetzt bin. Ich versuche, irgendwelchen Abdriftungen vorzubeugen. Ich versuche, von Triggern fernzubleiben, durch die ich eventuell dissoziiere. Ich könnte mich dann verletzen und das darf nicht passieren. Ich musste über 30 mal genäht werden und die Ärzte haben gesagt, dass es so langsam mal gut sein muss, weil sie mich nicht immer nähen können. Die Haut wächst nicht einfach nach, zurück bleibt Narbengewebe. Ich verstehe nicht, warum alles so schwierig ist. Ich will mich nicht verletzen. Ich will gesund werden. Ich will normal sein und normal funktionieren. Aber es gibt auch Dinge, die gut funktionieren. Die Essstörung habe ich meistens unter Kontrolle. Ich versuche, regelmäßig zu essen, meine Beziehung zum Essen ist normaler geworden und mein Gewicht ist auch im normalen Bereich. Ich kann auch wieder anfangen, Sport zu treiben. Ich freue mich schon darauf, wenn all das vorbei ist und alles zur Normalität wird, auch wenn es jetzt noch ein Kampf ist. Jeden Tag kämpfe ich und es ist so wichtig, dass ich mich nicht verletze.

Mein Freund Lars ist jetzt in Prag. Studiert Medizin. Ich bin so stolz auf ihn und es motiviert mich, weiterzukämpfen, damit auch ich meinen Traum leben kann. Ich werde gesund werden und dann bekommen wir das Leben, auf das wir so lange schon warten.

Ich habe derzeit eine Vereinbarung mit meiner Klinik getroffen, dass ich immer kommen kann, wenn ich Hilfe brauche. Es ist gut, dass ich einen Ort habe, an den ich in schwierigen Tagen zurückkehren kann und dort Hilfe bekomme. Ein weiter Weg liegt vor mir, aber ich bin unterwegs. Ich bekomme viel Hilfe und Unterstützung und dafür bin ich so unendlich dankbar. Es ist ein Wunder, dass ich noch am Leben bin. So viele Chancen habe ich bekommen. So oft wurde mir gesagt, ich sei ein hoffnungsloser Fall. Die Ärzte meinten, ich würde meinen 18. Geburtstag nicht erleben. Aber hier bin ich. Ich bin glücklich und dankbar, dass ich am Leben bin. Das ist nicht selbstverständlich und deshalb möchte ich jeden Tag dafür dankbar sein.

Ich war viele Jahre lang in Krankenhäusern und habe viele verschiedene Schicksale kennengelernt. Das hat in mir etwas bewegt. Ich habe gesagt, was die Welt mit Menschen tun kann. Ich habe so viele Leute so weit unten gesehen und in diesen Momenten realisiert man, wie glücklich man sich schätzen kann. Glücklich, dass man gehen kann, dass man sich selbst ernähren kann und nicht zwangsernährt werden muss. Es ist so wichtig, für das dankbar zu sein, was man hat. Denn das ist nie selbstverständlich.

Samstag, 14. September 2013

Kleines Update

Hallo alle zusammen,
ich wollte mich nur kurz melden. Ich bin derzeit im Krankenhaus und werde wohl auch noch etwas hier bleiben. Gerade erst war ich eine Woche im Krankenhaus wegen Selbstverletzung und den Ausmaßen davon. Die Ärzte meinten, es sei ernst und deshalb sollte ich auf sie hören und mich viel ausruhen. Ansonsten geht es mir ganz gut. Ich versuche zu essen und kämpfe weiter.
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!

Freitag, 6. September 2013

Ich habe gerade mit Lars gesprochen. Es geht ihm in Prag sehr gut! Er ist gut angekommen, lebt sich gut ein und unternimmt viel mit seinen Leuten. Ich vermisse ihn sehr, aber werde ihm irgendwann folgen. Zurzeit bin ich im Krankenhaus, weil etwas vorgefallen ist, worüber ich jetzt aber nicht reden will. Ich habe hier aber gute Ärzte um mich herum, bekomme immer wieder Besuch und der Fernseher schützt vor Langweile ;-) . Habt ein schönes Wochenende!

Dienstag, 3. September 2013

Er ist weg, weg...

und ich bin wieder allein, allein.

Mein Liebster ist in sein großes Abenteuer gestartet und hat sein Medizinstudium in Prag begonnen. In Prag gibt es eine Universität, bei der man keinen NC vorweisen muss, stattdessen findet das Auswahlverfahren über einen Aufnahmetest statt. Das Studium wird in Englisch gehalten und kooperiert teilweise mit einer Uni in Chemnitz. Für Lars war es eine super Alternative, da das Studium dort echt gut ist und er halt keinen 1,x-Schnitt vorweisen kann. Ein Schritt in Richtung seines Traumes!
Und ich muss ein wenig gesünder werden, damit ich mir diesen Traum auch erfüllen kann. Oh man, ich vermisse meinen Freund jetzt schon. Gut, dass es das Internet und Telefone gibt, sodass man ständig in Kontakt bleiben kann!
Habt nen schönen Tag.