Mittwoch, 22. Oktober 2014

Wie gehts so?

Es ist schon wieder eine ganze Weile her, dass ich etwas geschrieben habe. Ich bin momentan ziemlich beschäftigt, deshalb kam ich nicht zum bloggen. Mir ist aber aufgefallen, dass ich den Blog häufig wie ein Ventil benutze, wenn es mir nicht gut geht. Wenn es also gute Tage gibt, schreibe ich da nicht viel drüber. So war das schon immer bei mir.
Ich habe gemerkt, dass ich viel selbstbewusster geworden bin und auch besser Verantwortung übernehmen kann, dass ich generell gesünder geworden bin. Aber dennoch habe ich mit manchen Dingen zu kämpfen. Oft ignoriere ich schwierige Gedanken oder Gefühle und das ist nicht gut, weil sich dadurch alles ansammelt und ich irgendwann explodiere. Ich weiß, dass das nicht gut ist und ich bin auch schon besser darin geworden, darüber zu reden. Ich muss reden, statt destruktive Verhaltensweisen zu benutzen. Aber ich bin ehrlich zu mir und weiß, dass ich noch nicht gesund bin. Ich habe immer noch Episoden, wo ich auf dem falschen Weg laufe. Aber ich kehre wieder auf den richtigen Weg zurück.

Ansonsten verbringe ich meine Tage in der Klinik, ich nehme an den Therapien teil und mache Aktivitäten mit. Es hat sich so eine kleine Spiele-Gruppe gebildet aus Patienten und Mitarbeitern und wir sitzen oft im Gemeinschaftsraum und spielen Karten. Ich lese viel und verbringe viel Zeit mit Musik. Ich spiele ein bisschen Gitarre und übe, um besser zu werden.
Außerdem schreibe ich, was Teil meiner Therapie ist. Ich plane jeden Morgen meinen Tag und schreibe das auf, damit ich mich besser auf meinen Tag einstellen kann. Dann weiß ich auch, was ich esse, wann ich esse und sowas. Mir hilft es sehr zu schreiben. Das hab ich in der O-Klinik begonnen und das möchte ich auch hier fortführen.

Habt ne schöne Woche!

Samstag, 11. Oktober 2014

Leben oder sterben?

Worte können so viel bedeuten, aber ein einziges Wort kann gleichzeitig so wenig bedeuten. Es ist wichtig, dass man ehrlich ist, wenn man Worte benutzt. Ich wünschte, ich wäre oft ehrlicher mit dem gewesen, was ich gesagt habe, und hätte auch gemeint, was ich sagte, weil ich es wollte, aber nicht erkannt habe, dass es richtig ist.
Manchmal habe ich es geschafft, Dinge zu sagen, die von Herzen kamen, und konnte das dann auch umsetzen. Aber manchmal wollte ich es auch keinem sagen. Manchmal wollte ich einfach nur ehrlich zu mir selbst sein und es mir beweisen.
Die letzten Monate habe ich hart gekämpft, um auf den richtigen Weg zu kommen. Ich hatte große Angst und fühlte mich sehr unsicher, wankend in diesem Sturm. Aber ich bin weitergelaufen. Hier und da ein paar Verletzungen, aber es ging weiter. Manchmal bin ich gegangen, ohne zu wissen, was ich da tue. Manchmal wusste ich nicht, wo ich die Kraft hernehme. Ich weiß nur, dass ich es getan habe. Ich bin eine stärkere und gesündere Person geworden. Es geht nicht um meinen Körper. Es geht um meine Gedanken und mein Handeln und wie beides auf einander wirkt. Ich habe gelernt, dass es sowas wie eine Entscheidung gibt. Ich habe gelernt, dass man über seine Gedanken nachdenken muss, bevor man handelt. Meine Entscheidungen sollen gute Entscheidungen sein.
Ich glaube, dass ich besser darin geworden bin, Entscheidungen zu treffen. Ich habe auch gelernt, zu entscheiden, wie ich zu gewissen Gefühlen und Gedanken stehe. So kann ich sie besser ändern. Ich kann entscheiden, wie ich darauf reagiere. Und dadurch gehe ich in die richtige Richtung.

In der letzten Zeit habe ich Entscheidungen getroffen, die ungewohnt, unangenehm, schrecklich, aber auch gut waren. Diese Unterschiede machen das Leben aus und ich würde lieber so leben, als gar nichts zu fühlen und lethargisch zu sein. Jede Reise ist ein Geschenk und jeder Fall macht mich stärker. Ich weiß, dass auf jedes Tief auch ein Hoch folgt und deshalb gebe ich nicht auf.

Mit Worten kann ich nicht beschreiben, was ich diesen Sommer durchgemacht habe. Ich kann nur sagen, dass es eine aufregende Reise war, die mich stärker und gesünder gemacht hat. Es gab viele Momente mit starken Gefühlen, die ich jahrelang nicht erlebt habe, weil ich sie unterdrückt habe.

Anfang letzter Woche bin ich gefallen. Ich hatte mit essen zu kämpfen und weiß, dass ich das nicht so akzeptieren kann. Ich kann nicht zulassen, dass die Krankheit die Kontrolle erlangt, denn das macht mich schwach.
Weil ich so auf das Essen konzentriert bin, bin ich weniger auf Panikattacken vorbereitet und dadurch löse ich die Angst auch aus. Wenn ich nicht gut esse, bin ich gleichzeitig schwächer und kann der Angst nicht ins Gesicht blicken. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ich dissoziiere. Und dadurch verliere ich Monate von Arbeit.
Ich habe ein Tagebuch, in das ich jeden Tag schreibe. In letzter Zeit habe ich da jeden Tag drin stehen, dass ich Angst habe vor dem großen Fall. Dass er kommt, mich übermannt, und dadurch bin ich sehr gestresst und unruhig. Der Fall kam.
Das ist gefährlich und auch gleichzeitig der Grund, warum ich daran arbeiten will. Weil es eine Frage über Leben und Tod ist und ich leben möchte.
Es ist schwierig, jeden Tag, jede Sekunde, jede Situation, jede Krisis, mit guten Entscheidungen zu meistern, mit einem klaren Kopf, gesunden Gefühlen und Handlungen. Dieses Mal ist es so geendet wie zuvor auch, leider.
Das bedeutete, dass ich verletzt wurde und es lange dauern würde, davon gesund zu werden.
Als der Arzt heute mit mir sprach und mir die Wahrheit sagte, war ich schockiert. Ich war am Boden zerstört. All die schlechten Entscheidungen, die ich getroffen hatte, hatten Konsequenzen. Mein Leben ist pausiert. Durch die Konsequenzen kann es sein, dass ich nie gesund werde. Ich kann gesund werden, aber ich weiß es nicht, denn das liegt nicht in meiner Kontrolle und auch nicht in der Kontrolle der Ärzte. Es kommt auf meinen Körper an. Ich kann ihm nur dabei helfen, zu überleben. Und das werde ich, denn ich kenne meinen Körper und meinen Geist. Aber ich weiß auch, dass ich große Veränderungen machen muss. Ich weiß, dass ich nicht wieder so fallen darf. Ich weiß, dass ich den Rest meines Lebens mit Schmerzen leben muss. Ich weiß, dass meine Zukunft nicht so sein wird, wie ich das will. Aber es ist jetzt zu spät, sich deswegen Vorwürfe zu machen, ich muss die Situation akzeptieren und das beste draus machen. Mein Körper braucht mich und ich brauche meinen Körper um zu überleben. Deshalb muss ich gut mit meinem Körper umgehen, mir vergeben, dass es passiert ist und dafür sorgen, dass das der letzte Fall war. Mein Körper kann nicht mehr ertragen.

Ich will kein Mitgefühl, Mitleid oder Aufmerksamkeit dadurch. Ich möchte nur, dass meine Geschichte und meine Erfahrungen anderen Leuten helfen können, HIER UND JETZT die richtigen Entscheidungen zu treffen. Jede Entscheidung die wir treffen, spielt eine große Rolle an dem Tag und in der Zukunft. Ich kann jedem nur raten, sein Leben zu leben, denn wir wissen nie, was als nächstes passiert.

Ich habe viel nachgedacht. Es wird lange dauern, bis ich gesund werde, wenn ich das überhaupt werde. Ich habe eine Entscheidung getroffen. 44 Operationen und Behandlungen, bei denen es um Leben und Tod ging. Es liegt an mir, mich zu entscheiden. Leben oder Tod. Aber ich habe diese Entscheidung getroffen und die kann nicht in Worte gefasst werden, nur in Tränen. Ich habe geweint - aus Trauer um das, was passiert ist, aus Erleichterung und Freude, dass ich diese Entscheidung getroffen habe. Und ein paar Tränen auch deshalb, weil ich entmutigt war.
Ich habe mich für das Leben entschieden und deshalb werde ich mich auch den Stürmen, den Schmerzen, den Gefühlen, Gedanken und Veränderungen stellen. Denn ich weiß, dass mit dem Leben auch Freude kommt, Erfahrungen, Möglichkeiten, Abenteuer. Es ist meine Entscheidung.

Freitag, 10. Oktober 2014

Nächtliche Gedanken

Mir gehen so viele Gedanken durch den Kopf und ich kann sie nicht sortieren. Ich laufe herum mit einer Maske, lächelnd und glücklich. Wir alle kennen so eine Maske und dass man dahinter viel verstecken kann. Ich hab es satt, diese Maske zu tragen. Ich will sie einfach nur auf den Boden schmeißen und drauf rum treten und dann vielleicht weinen oder ein echtes Lächeln zeigen. Aber das kann ich nicht, denn dann bin ich nackt. Ich bin verwundbar. Ich bin ein Perfektionist und das wirkt sich auch auf meine Gefühle aus. Ich denke an all die Sachen, die nicht gut genug sind. Warum ist es nicht gut genug, ich hab so hohe Erwartungen an mich. Nichts ist gut genug. Ich verspüre erst ein Gefühl, etwas erreicht zu haben, wenn mir jemand anderes das ständig unter die Nase reibt. Aber ich selbst, ich kann das nicht sehen. Das liegt auch daran, dass ich oft nur halbe Dinge mache, aus Angst zu versagen. Ich verliere lieber und weiß, dass ich nicht alles gegeben habe, statt komplett zu versagen.

Ich habe große Angst. Ich wünschte, jemand wäre hier, der mich einfach nur halten würde und für mich da wäre, wenn die Tränen kommen. Jemand, der lauter ist als die Stimmen. Wenn ich einen Schritt zurück mache, sind die Krankheit und die Stimmen sehr laut und ich kann mich nicht dagegen wehren, weil irgendwas in meinem Kopf passiert, über das ich keine Kontrolle habe.

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Feeling a little bit damaged

Gestern Nacht bin ich gegen die Wand gelaufen. Das war irgendwie klar. Die Gefühle runterschlucken und sich übergeben, das kann keine guten Konsequenzen haben. Es hat viele schmerzhafte Gefühle ausgelöst und es ist schwierig, sich aus diesem Teufelskreis zu lösen.
Eigentlich bin ich stärker als die Krankheit. Ich möchte weinen, wenn ich traurig bin, möchte mich aufregen, wenn ich wütend bin, möchte lachen, wenn ich glücklich bin. Ich möchte mit meinen Gefühlen umgehen. Aber die Krankheit bringt mich dazu, vor den schlechten Gefühlen wegzulaufen und ich kann nichts dagegen tun. Es passiert einfach. Es ist zu viel, ich komm damit nicht klar, mein Kopf und mein Körper schalten ab, wollen mich dadurch beschützen. Und genau das ist letzte Nacht passiert. Leider. Ich bin am nächsten Morgen wach geworden und hatte Ärzte um mich herum. Das erste, was ich dann gemerkt habe, war, dass ich sehr, sehr traurig wurde. Ich hatte das Gefühl, dass es passieren könnte, aber als es dann wirklich passiert war, war ich sehr entmutigt. Es ist sehr schwierig, wenn Dinge ausgelöst werden und man keinerlei Kontrolle darüber hat, was man dann macht.

Deshalb bin ich jetzt in der Notaufnahme der O-Klinik und bleibe noch bis Donnerstag. Komisch, wieder hier zu sein. Es ist so ruhig. Ich bin es gewöhnt, viele Leute um mich zu haben. Aber ich bin nur noch eine weitere Nacht hier und dann gehts wieder in die andere Klinik.

Sonntag, 5. Oktober 2014

Schicksale

(geschrieben am Freitag, 3. Oktober)
Ich denke über all die Schicksale nach, die mir so begegnen. An alle, die ein schwieriges Leben auf dem falschen Weg haben. Das wird sie für immer begleiten und bei manchen steht es auch auf dem Körper geschrieben. Sie sind es leid, ständig klettern zu müssen und dabei eine so schwere Last auf den Schultern tragen zu müssen. Immer am Leben bleiben zu müssen, auch wenn sie kaum atmen können. Wir müssen jeden Tag kämpfen, Minute für Minute, und werden dann vielleicht mit ein paar Stunden Schlaf belohnt oder haben die Energie, uns um uns selbst zu kümmern, indem wir ausgiebig duschen. Oder shoppen gehen oder sowas. Für manche ist das unmöglich, weil es für sie schwierig genug ist, zu existieren. Das ist schmerzhaft. Ich erinnere mich noch zu gut daran, als das meine Realität war. Es drehte sich alles nur ums Überleben. Und jetzt versuche ich, ein bisschen Leben in meine Tage einzubauen. Das schaffe ich ganz gut. Ich lebe jeden Tag. Manchmal habe ich Tage, da habe ich stark zu kämpfen und alles fühlt sich so unmöglich an, dass ich einfach nur fliehen will. Mein Körper will diese Gefühle nicht ertragen und deshalb schützt er sich davor. Er verschwindet, wenn die Schmerzen kommen. Ich verschwinde. Damit ich den Schmerz nicht spüre.
Wenn ich in solch einem Zustand bin, bin ich sehr abwesend und habe keinerlei Kontrolle. Ich handle impulsiv und reagiere auf die kleinsten Dinge. Das ist sehr gruselig, weil ich es gar nicht kontrollieren kann.
Deshalb habe ich den ganzen Sommer daran gearbeitet, mich besser zu kontrollieren. Die Symptome früh genug zu erkennen, bevor ich in diesen Zustand gehe. Ich habe die Auslöser erkannt und daran gearbeitet, mit verschiedenen Mitteln in die Realität zurückzukehren. Das war sehr schwierig, aber ich bin durch diesen Prozess gegangen und nun bin ich stärker und gesünder. Ich konzentriere mich auf andere Dinge, wenn ich zu kämpfen habe. Ich konzentriere mich auf die Schule, Aktivitäten, Familie, Sport und positive Dinge. Ich arbeite hart daran, aber es fühlt sich gut an und ich bin viel stärker geworden.

Ja, und jetzt schlafe ich bald ein, das Wochenende war anstrengend. Die Essstörung ist derzeit ziemlich stark und ich hatte ziemlich große Angst davor, größere Dinge auszulösen, deshalb bin ich auf eine andere Etage gegangen, wo die Überwachung stärker ist. Es nervt mich, weil ich nicht verstehen kann, warum ich keine Ruhe bekomme. Warum kann ich die Stimmen nicht einfach abschalten, sie in den Keller verbannen, Ruhe bekommen. Wie werde ich gesund. Ich habe das einen Mitarbeiter gefragt und er meinte, indem ich durchhalte. Das ist wahrscheinlich meine Medizin. So werde ich stärker. Wenn ich mich mit mir vor ein paar Monaten vergleiche, bin ich viel stärker geworden, aber wenn man eine Krankheit hat, die einen körperlich und psychisch kaputt macht, dann ist es nicht so einfach.

Dieses Wochenende haben wir daran gearbeitet, ein wenig Ruhe vor den Stimmen zu bekommen. Die eine Stimme bezeichnet mich als dreckig, hässlich und wertlos, Rund um die Uhr, das kann man nicht ertragen. Dann kommt eine andere Stimme, die mir befiehlt, was ich zu tun habe, damit ich dem Schmerz entkomme. Wenn ich Angst habe und die Schmerzen kommen, dissoziiere ich. Und wenn ich mich dann selbstverletze, ist das sehr gefährlich. Ich habe so lange daran gearbeitet, darüber die Kontrolle zu bekommen. Ich habe Vertrauen in die Leute gewonnen. Ich darf das nicht zerstören. Ich muss kämpfen und das aushalten. Ich weiß ja, was ich will.

Habt ne schöne Woche!