Sonntag, 31. Januar 2016

Just another Sunday

Ich sitze am Fenster in meinem Zimmer und schaue nach draußen. Hier drinnen ist es sehr warm und gemütlich. Draußen ist es kalt, windig, regnerisch. Da bleib ich doch lieber drinnen. Die große weite Welt ist gruselig und aufregend zugleich. Ich frag mich, wie es dort wohl ist, so voller Möglichkeiten. Von Norden nach Süden, Osten nach Westen, verschiedene Kontinente. Unendlichkeit. Irgendwann werde ich die große weite Welt auch erkunden. Aber heute sitze ich in meinem Zimmer und schaue mir die Welt von innen an und das ist traurig, denn ich würde gerne in der Außenwelt existieren. Ich lebe im Krankenhaus, weil es mir körperlich und psychisch nicht gut geht. In meiner Welt freue ich mich, wenn meine Eisenwerte gestiegen sind oder wenn ich Besuch empfange, und dadurch mal den neuesten Klatsch und Tratsch erfahre. Oder wenn mich eine Pflegerin mit zu einem Handballspiel nimmt, weil sie weiß, wie sehr ich diesen Sport als Kind geliebt habe. Ich freue mich über Briefe, über ein hübsches Bild, das ich gemalt habe. Oder wenn ich lustig drauf bin und Witze erzähle. Ja, es gibt viele Sachen, über die ich mich freuen kann und es ist schön, sich daran zu erinnern. Ich habe Hoffnung, dass es irgendwann wieder komplett gut sein wird. Ich habe Hoffnung, dass ich irgendwann als Ärztin arbeiten kann und von draußen den Patienten zuwinke, während ich die Klinik betrete. Ich glaube, das ist erreichbar. Ich fühle mich nicht jeden Tag so hoffnungsvoll, aber wenn ich es wenigstens ab und an so fühle, ist es okay. Momentan ist es schwierig. Ich glaube, mein Unterbewusstsein und mein Körper sind bereit, sich dem Trauma zu stellen. Ich begegne diesem Trauma in Albträumen, in Flashbacks, in Halluzinationen, die durch die Angst ausgelöst werden. Ich möchte es nicht. Ich möchte einfach vergessen, aber mein Körper tut das nicht. Ich muss es einfach rauslassen, weil ich es nicht länger ertragen kann. Ich weine viel und jede Träne verschafft mir ein wenig mehr Ruhe. Dann habe ich Plötzlich ein wenig Zeit für ganz viel Ruhe, ganz viel Frieden, bis der Sturm wieder kommt. Es ist schwer, im Sturm gerade zu stehen, aber ich habe gelernt, mich auch mal fallen zu lasen. Solange ich sicher falle. Zum Glück vertraue ich den Leuten um mir herum. Jeden Tag fragen sie mich, ob ich über irgendwas reden möchte, ob ich gegessen habe, ob es mir gerade zu viel wird und und und. Die Antworten sind jedes Mal anders. Manchmal sind Tränen die Antwort und das ist okay. Manchmal gibt es gar keine Antwort. Manchmal viel zu viele. Ich schreibe viel. Meine Gedanken, meine Gefühle, meine Handlungen, sie alle bringen viel Scham mit sich und darüber kann ich besser schreiben als reden. Ich bewahre meine Schriften alle auf und hoffe, dass ich irgendwann darauf zurückblicken kann.
Ich wünsche euch einen schönen Sonntag.

Dienstag, 19. Januar 2016

Achterbahn

Ich dachte, ich schreib mal wieder was. Ich muss ein Wort finden, das mich momentan gut beschreibt - Achterbahnfahrt. Diese Situation ist sehr herausfordernd. Es ist einerseits schön, wenn sich die Stimmung schnell von schlecht auf gut ändert, aber es ist auch genauso anstrengend und ermüdend, wenn sich die Stimmung so schnell so stark ändern kann. Das hat natürlich auch Auswirkungen, auch wenn ich alles versuche, die Gedanken nur Gedanken sein zu lassen und die Gefühle nur Gefühle. Und nicht danach zu handeln. Manchmal überrasche ich mich selber, wenn ich eine Situation meistere, die ich für unmöglich gehalten hätte. Und in anderen Momenten wünschte ich mir, dass ich besser mit den Situationen umgehen könnte. Aber auch, wenn ich das Gefühl habe, auf offener See in einem starken Sturm zu schwimmen, halte ich den Kopf über Wasser. Ich treibe so dahin, aber das ist okay, weil ich das Land sehe. Eines Tages kann ich auf Land gehen und den Sturm aus der Ferne betrachten. Das ist mein Ziel.
Eigentlich hätte ich im Januar die neue Therapie antreten sollen, aber die letzten Gespräche waren ein wenig enttäuschend. Ich hab so gekämpft und ausgehalten, um es bis Januar zu schaffen, und jetzt muss ich bis April warten. Aber ich schwimme und treibe einfach weiter. Bis April schaffe ich es auch. Ich bin dankbar, dass ich die Therapie bekomme und Hilfe bekomme. Deshalb möchte ich die Möglichkeit auch nutzen. Ich träume von meiner Zukunft und male sie mir aus, denn das motiviert mich. Ich halte mir die guten Momente vor Augen, denn die gibt es. Ich fühle viele verschiedene Emotionen, mehr als zuvor. Ich bekomme weniger Medikamente, bin nicht mehr so betäubt wie früher, und kann jetzt einfach Emotionen fühlen. Und ich kann sie rauslassen. Ich hab im letzten Monat vielleicht mehr geweint als in den letzten zehn Jahren zusammen. Es ist gut, weinen zu können. Manchmal werde ich auch wütend, wenn ich weine, aber die Emotionen gehören dazu.
Ich möchte gesund werden. Ich möchte meine Chancen nutzen. Ich möchte reisen, ich möchte Dinge erleben. Und dafür muss ich kämpfen und den Ton angeben. Ich entscheide, was passiert. Ich bin der Boss.