Donnerstag, 11. Mai 2017

Für mich selbst

Schon mein ganzes Leben lang habe ich Dinge für andere Leute gemacht. Wenn ich mich durch Stürme gekämpft habe, hab ich das für andere gemacht. Wenn ich im Schmerz ertrunken bin, habe ich für andere Leute meinen Kopf über Wasser gehalten. Ich habe nie Grenzen gesetzt oder "nein" gesagt. Ich musste mich anpassen, ich musste nachgeben, ich habe eingesteckt.

Wenn ich so zurück blicke, wird mir klar, dass ich nie etwas für mich selbst getan habe. Außer der neuen Therapie letztes Jahr. Ich habe Stürme bekämpft, die sich unmöglich angefühlt haben. Und es war auch eine große Herausforderung, auf eigenen Beinen zu stehen, Grenzen zu setzen, nein zu sagen, Emotionen zu zeigen.

Ich bin mir sicher, dass die Therapie mir helfen kann, das Ziel zu erreichen. Aber da bin ich noch nicht.
Trotzdem bin ich schon weit gekommen. Ich bin selbstständig und lebe seit fast acht Monaten alleine (minus 14 Tagen / 1 Klinikaufenthalt). Und wenn man sich meine Geschichte anguckt, ist das ein Wunder.

Dennoch gibt es jeden Tag einen Kampf und so viele Herausforderungen. Ich fühle mich so alleine und das ist schlimm. Auch wenn ich ein tolles Team habe und eine Familie, die mich zu 100% unterstützt. Ich bin diejenige, die aushalten muss, die Entscheidungen treffen muss, die fühlen muss. Und das macht einsam.

Ich weiß nicht, ob das, was ich jetzt beschreiben werde, Sinn ergibt, aber ich versuche es einmal.
In der Vergangenheit hatte ich oft mit Erschöpfung zu kämpfen. Die Herausforderungen werden größer und größer. Ich bin müde und erschöpft und ich bin müde. Ich möchte einfach nur auf dem Sofa liegen, das ist mein sicherer Ort, meine Komfortzone. Ich möchte in andere Welten abtauchen und Serien gucken. Ich mache, was ich machen muss. Ich zahle meine Rechnungen, ich folge meinem Tagesplan, ich gehe zu meinen Terminen. Aber den restlichen Tag über bin ich in einer Blase.
Ich fühle mich dadurch egoistisch. Ich bin nicht die gute, perfekte Person, die kämpft. Und dann gibt es die andere Seite, die es genießt, wenn ich mich ausruhe und Serien gucke. Denn das hab ich vorher nie gekonnt. Ein Teil von mir erlaubt mir, das zu tun. Etwas zu tun, was ich tun möchte und nicht was ich muss.

Es ist komisch, das zu schreiben, weil ich mir selbst nicht sicher bin. Und ich muss es selbst herausfinden. Ich weiß, dass ich wieder aufstehen werde und zur Therapie gehe und meine Therapie beende. Aber nach 13 Jahren Hölle möchte ich mich einfach nur ausruhen und nichts sagen, nichts tun.
Dann wiederum überkommt mich das schlechte Gefühl, dass ich alle anderen enttäusche, wenn ich mich ausruhe. Denn ich sehe, dass andere mir helfen wollen und für mich kämpfen wollen. Aber das ist mein Kampf und ich bin die einzige, die ihn gewinnen kann.

Also nehme ich mir die Zeit zum ausruhen, abschalten, Kraft tanken. Während ich hoffe, dass ich irgendwann in der Lage bin, wieder aufzustehen und den Kampf aufzunehmen.

Jetzt nehme ich mir aber Zeit. Für mich selbst.

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