Freitag, 23. Dezember 2016

Heute Morgen herrschte noch das reinste Chaos in meiner Wohnung. Ich wollte mich am liebsten auf dem Sofa verkriechen und das Chaos vergessen, aber das hilft ja auch nicht. Also alles aufgeräumt, die Geschenke eingepackt und für Ordnung gesorgt.

Weihnachten kann schwierig sein, also gebt auf einander Acht. Hört einander zu, seid friedsam. Setzt eure Masken nicht auf. Nehmt sie ab und lebt, atmet, fühlt. Es ist nicht gefährlich.

Freitag, 16. Dezember 2016

Gute Neuigkeiten

Gute Neuigkeiten. Endlich gibt es gute Neuigkeiten, die viel Gewicht von unseren Schultern nehmen. Es war nicht ganz sicher, ob ich in dieser Wohnung bleiben kann, aber ich muss nach Weihnachten nicht ausziehen. Das bedeutet mir so viel und ist so wichtig. Wir haben heute eine Lösung gefunden, mit der ich nicht immer Angst haben muss, demnächst ausziehen zu müssen. Jetzt kann ich mit der Sicherheit arbeiten, einen Platz zu haben. Dadurch, dass ich seit meiner Kindheit in Krankenhäusern, Kliniken und anderen Institutionen gewohnt habe, war sich mein Team nicht sicher, ob ich eine eigene Wohnung führen kann. Aber ich habe schnell gemerkt, dass es für mich sehr wichtig ist, einen sicheren Ort zu haben. Einen Rückzugsort, ein Zuhause. Ich bin froh, dass dieses Thema nun abgehakt ist.

Freitag, 9. Dezember 2016

Kindheitserinnerungen an Weihnachten

Weihnachten rückt immer näher und ich versuche ganz stark, dass ich mich darauf freuen kann. Ich höre Weihnachtsmusik, schaue mir alte Fotos an, schaue Weihnachts-Filme an, kaufe Geschenke, dekoriere, habe einen Adventskalender und so weiter. Und ich warte auf den ersten Schnee.

Ich erinnere mich an die Grundschule, da hatten wir immer eine Weihnachts-Projektwoche, wo wir verschiedene Sachen zu Weihnachten gemacht haben. Die kreativen Angebote habe ich geliebt. Basteln, oder auch Kerzen selber herstellen, das war mein Highlight. Wir haben auch gebacken und hatten nachher alle Bauchschmerzen, weil wir zu viel Teig genascht haben.

Es gab eine Weihnachtsfeier in der Klasse, wo wir Lebkuchen und andere Leckereien gegessen haben und einen Film geguckt haben. Dann gab es noch eine Messe, wo wir singen mussten. Ich weiß noch, wie ich immer nervös war und Angst hatte, falsch zu singen.

Es war immer ein Highlight, Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Ich hab es geliebt, persönliche Geschenke zu machen. Ich fand es immer viel schöner, andere zu beschenken, statt selbst beschenkt zu werden.

Zuhause wurde natürlich immer gebacken. Weihnachtsmusik von der Kassette, während wir alle möglichen Plätzchen gebacken haben.

Den Weihnachtsbaum haben wir immer ein paar Tage vor Heilig Abend gekauft und ihn dann am Morgen aufgestellt und dekoriert. Früher war immer Lametta am Baum.

An Heilig Abend war ich immer ganz nervös und aufgeregt und konnte den Abend nicht abwarten. Ab dem Nachmittag war die Wohnzimmertür verschlossen, damit das Christkind kommen konnte. Wir gingen in die Kirche und haben den Nachbarn frohe Weihnachten gewünscht. Die Glocken läuteten und dann fühlte sich alles ganz weihnachtlich an. Wenn wir wieder Zuhause waren, mussten wir kurz warten, bevor wir zur Bescherung ins Wohnzimmer durften. Geschenke wurden verteilt. Danach gab es Essen - traditionell gab es Fondue bei uns.

Am wichtigsten war für mich immer, dass die ganze Familie beisammen war und es allen gut ging. Wir hatten eine schöne Zeit zusammen.

Dieses Jahr habe ich die Geschenke bereits alle zusammen, aber muss sie noch einpacken. Ich habe noch nicht gebacken, aber freue mich darauf. Dieses Jahr möchte ich viel backen - für all die Jahre, die ich es verpasst habe weil ich im Krankenhaus war. Dieses Jahr kommt fast die ganze Familie zusammen. Ich freue mich darauf und hoffe, dass ich es genießen kann.

Samstag, 3. Dezember 2016

Zeit

Seit ich wieder Zuhause bin, fühle ich mich sehr unsicher. Das ist wahrscheinlich nicht ungewöhnlich, denn alles ist so neu. Ganz neue Situation, dass ich zum ersten Mal alleine wohne. Alles muss erledigt werden und ich muss mit neuen Psychologen, Ärzten, mit einem neuen Team klar kommen. Ich muss lernen, alleine zu sein. Alles ist so neu und unsicher.

Die meiste Zeit bin ich alleine und wenn ich alleine bin, habe ich große Angst und bin sehr angespannt. Ich habe Angst zu dissoziieren, Angst zu sterben, Angst rauszugehen, Angst das Sofa zu verlassen. Das Sofa ist sowas wie ein sicherer Ort für mich. Ich habe mit Halluzinationen zu kämpfen und höre und sehe Dinge aus meiner Vergangenheit. Wenn ich sowas erlebe, passiert etwas in meinem Körper. Eine Reaktion, mein Körper erinnert sich, und es ist fast so, als würde ich es noch einmal erleben. Auch wenn ich weiß, dass es nicht wirklich passiert, fühlt es sich so real an. Das passiert oft und ich habe Angst davor. Ich dissoziiere und bin erschöpft.

Ich weiß, dass das nur eine Phase ist, die ich überstehen muss. Und ich versuche an all das zu denken, was ich in den letzten 13 Jahren alles bewältigt habe. Wenn ich daran denke, ist es einfach nur unglaublich, dass ich immer noch in meiner Wohnung bin. Dennoch denke ich so viel über die Vergangenheit nach, dass die richtige Zeit einfach verstreicht und ich sauer werde. Ich möchte die Vergangenheit vergessen und nicht darüber nachdenken, ich möchte eine Pause, weil ich ständig davon eingeholt werde. Ich war schon immer sehr ungeduldig und wollte mir ein paar Schritte voraus sein. Ich weiß, dass ich mit meiner Vergangenheit und den Herausforderungen leben muss. Es ist nur so schwierig und schmerzhaft und ich bin so müde. Es ist schwierig, das zu akzeptieren. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass ich meine Vergangenheit nicht ändern kann.

Ich versuche also geduldig zu sein und mir die Zeit zu geben. Ich habe die Zeit. Ich hab sie und ich habe die Macht, Entscheidungen zu treffen. Jeden Tag. Vielleicht konzentriere ich mich auf all das, was ich nicht schaffe, all mein Versagen, all die Herausforderungen und wie sehr ich mich hasse. Aber ich kann mich auch darauf konzentrieren, dass ich Hilfe habe, dass ich Zeit habe und ein wenig geduldiger mit mir sein muss. Mich auf das konzentrieren, was gut ist. Ein wenig mehr Spaß zu haben. Alles nötige zu tun und meine Gefühle zu akzeptieren.

Ich habe viel erreicht und viel geschafft. Man hatte mich aufgegeben, ein hoffnungsloser Fall, zu kaputt, zu beschädigt, zu krank, zu traumatisiert, keine Zukunft, zwischen Leben und Tod. Und schaut, wo ich heute bin. Das ist ein Wunder. Auch wenn es so schwierig ist, werde ich es schaffen. Ich habe eine zweite Chance erhalten und ich werde mein Leben zurück erobern.

Es ist einfach, sich auf die schlechten Dinge zu konzentrieren und nur das zu beleuchten, was man nicht hinkriegt. Aber eigentlich schaffe ich auch ganz schön viel. Ich bin auf dem Weg. Aber das braucht Zeit.