Freitag, 21. September 2012

Es ist schwierig und unglaublich anstrengend, den Fokus zu halten. Ich versuche mich auf alles zu konzentrieren, aber das kann ich nicht. Für mich muss es entweder schwarz oder weiß, alles oder nichts sein. Ich bin ein Perfektionist und möchte alles machen. Es ist wichtig für imch, jedes Mal die Krankheit zu besigen. Aber wenn ich es tue, dann mach ich einen Rückzieher, hau hab, habe Fluchtgefühle. Es ist, als würde man ein Monster in einen Käfig sperren und dann freilassen. Plötzlich bin ich weg und ganz gefangen. Ich sitze in einem Wollknäul, das aus kranken Gedanken besteht. Dann muss ich um Hilfe fragen, damit ich befreit werden. Das ist wichtig, ansonsten bin ich verloren. In diesem Wollknäul bin ich fast täglich gefangen. Die Krankheit flüstert zu mir, lacht, verhöhnt mich. Sie nimmt mich gefangen und hat volle Kontrolle. Ich bin gefangen in meinem eigenen Kopf.
Das passiert, solange ich nicht die Coping-Strategien anwende und mich nicht konzentriere. Ich habe zum Beispiel Probleme damit, mich nach dem Essen nicht zu übergeben. Dann muss ich mit den Leuten hier sprechen und die helfen mir, dass ich mich nicht übergebe.

Dieses Wochenende habe ich einen Job zu erledigen. Ich muss dem Essensplan folgen. Ich darf nicht kotzen. Ich darf mich nicht verletzen. Meine Vertrauensperson und ich haben einen Vertrag aufgestellt, damit es einfacher ist, mich dran zu halten. Dann weiß ich, was mich dieses Wochenende erwartet. Ich muss nicht Pro und Kontra abwägen. Der Fall ist klar. Der Plan für das Wochenende ist klar und ich bestimme.

Ich habe sehr damit zu kämpfen, das Gewicht loszulassen. Das krankhafte Dünnsein loszulassen. Meinen Körper bei der Veränderung zu beobachten. Zu glauben, dass der Körper wieder funktionieren wird und nicht nur dahin vegetiert. Ich muss anderen glauben, die es besser wissen als ich. Ich bin krank. Mein Kopf ist voll von der Krankheit. Es ist wie in der Schule. Ich muss alles neu erlernen. Um gesund zu werden, muss ich mich an die Regeln halten.
Ich wurde gefragt, ob ich die Christina sei, über die diese Woche bei Punkt 12 berichtet wurde. Ich sehe ihr sehr ähnlich und wir seien in einer ähnlichen Situation. Ich habe die Reportage nicht gesehen, weil sie mich triggern würde, aber ich bin nicht diese Christina. Sie tut mir unglaublich leid, weil sie scheinbar auch tief in dieser Krankheit steckt. Ich hoffe sehr, dass sie die Hilfe bekommen und annehmen kann, die sie braucht.

Mittwoch, 19. September 2012

Ein schwieriger Tag, der mich viel gekostet hätte...

aber... ich habe mich von dir weggedreht. [Geschrieben am Dienstag Abend]
Heute war ein unglaublich verrückter Tag. Der Dienstag ist der schlimmste Tag der Woche. Dienstags werden alle gewogen. Die Waage hat mir angezeigt,d ass ich meinen Job erledigt habe. Ich habe drei Kilo in einer Woche zugenommen. In meinem kranken Kopf war das ein Disaster und das hätte mir auch den Rest des Tages vermiesen können. Während des Sommers war die Zahl auf der Waage sehr wichtig für mich. Die Zahl hat den Tag bestimmt. Wenn sie höher war, dann gab es eine Bestrafung. Wenn sie niedriger war, dann hab ich mich gefreut. Alles hing von dieser Zahl ab.

Diese drei Kilo waren etwas zu viel für mich. Ich habe meinen Mund und meine Stimme verloren, während die Krankheit zehnmal stärker und lauter wurde. Die Macht, die ich bisher erlebt hatte, wurde ersetzt durch Angst und Panik. Es gab keine Frage. Nicht mehr Essen, nicht mehr ausruhen, keine Macht. Jetzt nur noch die Krankheit, ich hatte keine Chance.
Frühstück und Mittagessen gingen - wortwörtlich, wenn man es so sehen will - den Bach hinunter (bzw ins Klo). Nach dem Frühstück hab ich etwas Zeit mit Fressattacken und anschließendem kotzen verbracht, um meinen Frust zu betäuben. Danach wollte ich nie wieder etwas zu essen anfassen. In meinem Kopf war kein Platz für irgendwelche Strategien oder Dinge, die ich gelernt habe und über die ich hier noch geschrieben habe.
Ich habe mit meiner Vertrauensperson über meine Gedanken gesprochen und meinte, sie könne mir die Entlassungspapiere geben. Ich hätte den Kampf verloren, ich würde aufgeben. Ich könnte nicht mehr zurückgehen und die Krankheit hätte mich eingenommen. Ich würde so schnell es geht wieder in die Krankheit laufen. Die Tür war fast geschlossen. Ich war so traurig. Das wars. Ich hatte keine Hoffnung mehr, ich hätte auch sterben können. Sterben ist quasi dasselbe wie jeden Tag mit der Krankheit zu leben.

Ich war total ambivalent und saß im Gemeinschaftsraum und habe eine Tasse Tee getrunken. Plötzlich kam eine andere Patientin rein und hat rumgealbert und mich damit angesteckt. Was, wenn ich auch so glücklich sein könnte? Dann habe ich mich daran erinnert, dass es solche Tage geben wird, wenn ich weitermache. Und irgendwie hat diese Situation etwas gebracht. Mir wurde klar, dass nur eine Zahl die Stimmung so gekippt hatte. Kann ich mich wirklich weiter zerstören lassen? Das ist doch meine Chance jetzt! Ich bin in mein Zimmer gelaufen und habe etwas geschrieben.

Scheinbar kann ich es nicht mich zerstören lassen. Ich habe die Macht, ich habe das Sagen. Das ist meine Chance, gesund zuwerden. Ja, da ist eine Mauer, aber die kann ich durchbrechen und weitergehen. Das ist mein Weg und ich bin der Boss.

Anschließend habe ich mit meiner Vertrauensperson über alles gesprochen. Eine halbe Stunde lang darüber, warum ich weitermachen will. Wir haben uns darauf geeinigt, von neu anzufangen und nach vorne zu schauen.

Ich habe mich umgedreht. Das Abendessen wurde gegessen und drinbehalten. Ich bin wieder auf dem Weg, nachdem ich einen schwierigen Umweg genommen habe.

Dienstag, 18. September 2012

Wish it. Dream it. Do it.

Dieses Zitat habe ich in den letzten Jahren ziemlich vernachlässigt. Meistens war es nur "Wish it", dann manchmal "Dream it". Nun, und jetzt trifft "Do it" zu. Gestern war ein schwieriger Tag. Es ist nicht immer einfach, die ganze Zeit fokussiert zu sein. Ich bin es gewöhnt, mich von der Krankheit leiten zu lassen. Nun bin ich es, die die Richtun angeben soll. Dabei helfen mir viele Leute. Doch manchmal verliere ich den Fokus. Es ist schwierig, mit den Gefühlen umzugehen und dabei neue Techniken anzuwenden. Wenn ich damit fertig geworden bin, dann bin ich gefüllt von Macht, aber ich werde nicht immer fertig damit. Manchmal ist die Krankheit in der Macht. Und gestern, nach dem Mittagessen, gab es ein paar Herausforderungen und ich habe die falschen Techniken angewendet. Ich habe die Krankheit benutzt, um mit den Emotionen fertig zu werden. 
Aber auf der anderen Seite habe ich um Hilfe gebeten, damit wir nach neuen Techniken suchen, die mir beim nächsten Mal helfen sollen. Mir ist das oft ziemlich peinlich, deshalb ist es nicht so einfach, nach Hilfe zu fragen. Hier sind ein paar Techniken:
- Denke darüber nach, warum ich abhauen will
- Schreibe auf, was die Krankheit will, und gib es den Ärzten
- Pro und Kontra, wäge sie ab
- Nach Hilfe zu fragen ist besser, als destruktive Gedanken zu haben
- Wenn es eine schwierige Mahlzeit ist, frag nach extra Hilfe
- Konzentrier dich auf deine Ziele
- Vereinbare Termine zwischen den Mahlzeiten
- DU entscheidest, was zu tun ist
- Lenk dich ab, indem du etwas anderes machst
- lies dir die Ziele durch und schaue darauf

"Do it". Habe ich es wirklick genossen, was mit der Krankheit verbunden ist? Erlebe ich gute Gefühle? Zum Beispiel, wenn ich fresse und mich danach übergebe,, fühle ich mich danach gut? NEIN. Ich schäme mich, ich habe schmerzen, ich habe keine Macht, ich verschwende Geld und ich mache einen Schritt zurück. Ist es nicht besser, wenn ich ein Gefühl des Gewinnens bekomme, weil ich über die Krankheit gesiegt habe? Ja, das ist es wahrscheinlich. Ich muss gut darüber nachdenken, was die Krankheit mir gibt und was sie mir nicht gibt. Es geht darum, die gesunden Wege einzuschlagen. Jetzt kann ich nicht nur von dem Leben träumen, das ich haben möchte. Nun muss ich dafür kämpfen - jeden Tag, jede Stunde, jede Sekunde.

Ich dachte, ich könnte meinen Essensplan posten, damit ihr seht, was ich am Tag so essen muss. Es sind keine genaueren Mengenangaben angegeben und auch kaum Kalorienangaben, aber vielleicht triggert es den ein oder anderen doch, also bitte nicht lesen, wenn es euch triggern könnte...
8:00 Uhr
1/2 Scheibe Brot mit Ziegenkäse
1/2 Sandwich mit Putenbrust, Gurke und Paprika
1 Knäckebrot mit Putenbrust, Gurke und Paprika
1 Knäckebrot mit Leberwurst, Gurke und Paprika
1 Orange
1 Nutridrink (Flüssignahrung) mit Erdbeergeschmack (300cal)
1 Glas Wasser
1 Tasse Tee oder Kaffee

11:00 Uhr
1 Apfel oder Brine
2 Gläser Wasser

12:00 Uhr
1/2 Scheibe Brot mit Ziegenkäse
1/2 Sandwich mit Putenbrust, Gurke und Paprika
1 Knäckebrot mit Putenbrust, Gurke und Paprika
1 Knäckebrot mit Leberwurst, Gurke und Paprika
1 Orange
1 Glas Wasser
1 Tasse Tee oder Kaffee
13:30 Uhr
1 Apfel oder Brine
2 Gläser Wasser
16:00 Uhr
1 Mittagsportion (wechselt täglich)
1 Portion Obst
2 Gläser Wasser

19:30 Uhr
1/2 Scheibe Brot mit Ziegenkäse
1/2 Sandwich mit Putenbrust, Gurke und Paprika
1 Knäckebrot mit Putenbrust, Gurke und Paprika
1 Knäckebrot mit Leberwurst, Gurke und Paprika
1 Orange
1 Nutridrink (Flüssignahrung) mit Erdbeergeschmack (300cal)
1 Glas Wasser
1 Tasse Tee oder Kaffee
Ich bin derzeit in Phase 1, in der es hauptsächlich um Essen und Ausruhen geht, aber ich habe auch Gespräche mit dem Personal hier, Ärzten, Psychologen, Physiotherapeuten etc. Dazu haben wir noch ein paar Gruppengespräche. Phase 1 ist normal am Anfang und es dreht sich hauptsächlich ums Essen und Ruhephasen, wenn man niedrig im Gewicht ist und so. Aber es gibt noch weitere Phasen, die man mit der Zeit erreichen kann. Insgesamt ist das Programm recht gut. Es ist verdammt schwierig, aber das muss es sein. Der einzige Weg raus führt mitten durch.

Montag, 17. September 2012

Der Herbst kommt

Es ist so schön, das Wetter draußen zu beobachten. Die Blätter werden sich bald färben und ich freue mich drauf. Ist das nicht etwas komisch? Im Winter freuen wir uns auf den Frühling, im Frühling auf den Sommer, im Sommer auf den Herbst etc. Es ist so schön, die kleinen Dinge zu bemerken. Vorher war alles auf die Krankheit gerichtet, aber jetzt sehe ich etwas weiter. Die Bäume, Eichhörnchen, die herumlaufen, die Sonne, etc. Es ist wichtig, diese kleinen Dinge wertzuschätzen.
Ich freue mich darauf, wenn ich das Leben mit den Dingen füllen kann, die ich möchte. Das Leben ist derzeit wie ein weißes Blatt Papier. Ich nenne es: "Projekt K". Ich fange an, die Seiten mit frischen Dingen zu füllen. Jeden Tag etwas mehr. Ich bin der Boss und weiß, was ich will. Ich möchte gesund werden und muss den Weg zur Gesundheit gehen.

Sonntag, 16. September 2012

Ich bin der Boss

Die Tage laufen mal besser und mal schlechter. Ich gewinne und ich verliere.
In der Therapie haben wir Plakate erstellt, die mich an mein Ziel erinnern sollen. Diese hängen jetzt in meinem Zimmer, sodass ich sie immer sehen kann.
Auf einem Plakat ist eine Figur zu sehen, die von einem großen Monster festgehalten wird. Drum herum stehen Begriffe wie Angst, Essstörung, Selbstverletzung, Kontrolle, Macht, kein Leben, Traurigkeit und sowas. All die Dinge, die ich mit diesem Monster assoziiere.
Auf dem anderen Plakat ist die Figur frei, sie lächelt und ihr Herz ist ganz groß und rot. Drum herum stehen positive Begriffe, die ich mit dem Leben ohne das Monster assoziiere. Freiheit, Freude, Freunde, Familie, mein Freund, feiern, Spaß haben, etc.
Auf einem dritten Plakat steht "Ich bin der Boss".
Ich esse, ruhe mich viel aus und mein Gewicht geht nach oben... Meine Mutter meinte, als sie mich gesehen hat, dass ich viel besser aussehen würde. Als würde ich von innen scheinen. Mit dem Abendessen habe ich immer starke Probleme, aber ich versuche mich an mein Ziel zu erinnern. In den letzten Tagen konnte ich immer nur die Hälfe vom Abendessen essen, aber heute hab ich es ganz geschafft. Und es unten behalten. Ich versuche, meine Krankheit zu ignorieren und mich an mein Ziel zu erinnern.  Ich muss mein Ziel erreichen.
Ich bin unglaublich müde. Die Tage sind sehr anstrengend. Deshalb gehe ich jetzt auch ins Bett. Gute Nacht <3 data-blogger-escaped-br="br">

Dienstag, 11. September 2012

Angst, Angst, Angst

10. September, 23:00 Uhr:
Der erste Tag in der Abteilung 4 ist vorbei. Ein anstrengender Tag und ich bin erschöpft. Ich frage mich wirklich, wie ich das schaffen soll, ohne aufzugeben. Ich habe keine Ahnung, wie ich die Angst überleben soll. Es gibt Grenzen. Die Krankheit, die nicht gehen will, macht es so unglaublich schwierig, und irgendwie kann ich sie auch nciht gehen lassen. Doch das ist, was ich tun muss. Ich denke irgendwie, dass alle um mich herum, die mich gesund sehen wollen, eine Macke haben. Ich muss ihnen vertrauen, dass sie es besser wissen, weil ich weiß, dass sie ihre Gründe haben. Ich muss aufhören, immer auf die Essstörungs-Insel zu fliehen. Sie gibt mir Schutz, aber bringt mich auf kurz oder lang um.

Wo liegt mein Fokus?
auf der Krankheit: Kontrolle, Bulimie, Kotzen, Angst, Selbstverletzung.

oder auf mir: Energie, Freunde, Familie, mein Freund, ich selber, Möglichkeiten, Freude, Schule, Ziele im Leben, Werte, Hobbys und Interessen, etc.

Ich muss mich auf die richtigen Dinge konzentrieren. Ich oder die Krankheit. Es ist kein Wunder, dass es sich wie die Hölle anfühlt. Ich habe diese Krankheit acht Jahre lang erduldet. Widerstand, wenn ich genau das Gegenteil mache, ist keine Überraschung. Aber für mich ist es wichtig, dass ich weiß, wer der Boss ist. Das ist so verdammt wichtig. Das ist mein Projekt und ich muss langsam vorwärts gehen, in meiner Geschwindigkeit. Ich bin der erste Patient, der diese neuen Sachena usprobiert, und sie müssen sich für meine Meinungen und Ansichten öffnen. Mein Projekt, und ich weiß, wo die Grenzen sind und was ich auf einmal machen kann. Heute hab ich zum ersten Mal geweint, seit Jahren, weil ich so große Angst hatte. Doch ich werde es überleben.

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11. September, 11:30 Uhr:
Die Angst ist so groß und so stark. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Alles ist so schwierig. Ich wünschte, ich müsste nicht fühlen. Die Krankheit ist so stark. Ich weiß nicht, auf wen ich hören soll, wem ich zuhören soll. Was ist mein Ziel? Ich bin hier, um besser zu werden. Ich muss auf die um mich herum hören. Die Krankheit möchte, dass ich vor allem weglaufe, und das macht mich so verwirrt und ambivalent. Es ist so schwierig, da zu sein. Ich wünschte fast, ich sei tot. Es tut weh. Ich wünschte, ich könnte einfach auf Autopilot schalten und perfekt sein. Ich muss die Kontrolle erlangen. Ich bin zu untergewichtig.

15:30 Uhr:
Das Abendessen ist ein Problem. Wie soll ich damit umgehen? Ich habe so viel Angst in Bezug zum Abendessen, dass ich keine Wörter dafür finde. Aber wenn ich an das Leben denke, das ich haben möchte, dann ist das Essen unausweichlich. Ich möchte mit seinen Freunden, meinen Freunden, Familie essen.
Jetzt muss ich mich wieder auf mich konzentrieren. Was sind meine Ziele? Ja, ich werde zunehmen, wenn ich die lange Essensliste verfolge, aber warum ist so schwer, das Essen als meine Medizin zum Zunehmen zu sehen? Ich muss zunehmen. Ich erfreue mich nicht an einem Körper, der nichts außer schlafen kann. Das ist mein Leben, das Leben mit der Essstörung. Dann kann ich genauso gut sterben. Das werde ich dann sowieso tun. Während die Essstörung klammert.
Ich habe ein Leben und nun habe ich die Chance, die Kontrolle zu erlangen. Ich bin es, die das Leben leben sollte. Wenn ich die Tage verschwende, verliere ich.
Wenn ich das tue, was mir befohlen wird, dann werde ich besser werden. Aber ich muss diese SChritte machen. Ich muss essen und trinken. Das ist mein Kampf, aber ich habe viele um mich herum, die mir helfen. Jeder Tag ist ein Arbeitstag, aber ich habe einen Job und ich muss ihn tun. Ich muss mich an die Regeln halten.

Montag, 10. September 2012

Nicht aufgeben

Uff. Angst. Angst mal Tausend. Die Krankheit versucht mich gefangen zu nehmen. Sie möchte, dass ich aufgebe. Das Geflüstern und die Schreie übertönen einander - "WArum versuchst du es überhaupt" "Du hast keine Chance" "Du kannst dich einfach hinlegen und verrotten, du besiegst mich nicht". Sie will, dass ich flüchte, dass ich aufgebe.
Ich muss mich darauf konzentrieren, wo ich hin will. Soll ich auf die sichere Insel flüchten, wo Selbstverletzung, Angst, Essstörung und so weiter wartet? Oder soll ich zu einer Person flüchten, die leben kann? Was ist mein Ziel? Warum bin ihc hier? Weil ich mein Ziel erreichen will. Das ist mein Projekt.

Ich stelle mir ein Kind vor, das auf dem Boden krabbelt. Es versucht aufzustehen, aber fällt hin. Steht wieder auf, fällt hin. Und so weiter. So lange, bis es gehen kann. Das Kind ist oft hingefallen, aber hat nicht aufgegeben.

Und so ist das mit uns allen, mit mir gerade. Viele Dinge habe ich heute nicht gut geschafft, aber ich habe auch ein paar Dinge geschafft. Ich kann davon lernen und es morgen anders machen. Das ist ein Kampf, den ich gewinnen sollte.
Ich habe mich acht Jahre lang schwach erlebt, jetzt versuche ich es wieder. Anders kann ich nicht gesund werden. Gib nicht auf, hau nicht ab... Es ist es wert zu kämpfen.

Konzentrier dich! Du fällst hin und musst aufstehen. Ich muss mich entscheiden - Leben oder Tod.

Ich habe mich fürs Leben entschieden. Jetzt muss ich weitermachen und mich von Minute zu Minute, Stunde zu Stunde, Tag zu Tag hangeln. Bis ich da bin.

Sonntag, 9. September 2012

Update

Nun, dass ich kurz vor der Einweisung  in die Einheit 4 stehe, ist es höchste Zeit, dass ich Hilfe bekomme. Es war etwas unklar, was in der Woche davor passiert. In dieser Woche habe ich gemerkt, dass ich wirklich Hilfe brauche und sich etwas ändern muss. Ich bin körperlich und psychisch so kaputt und erschöpft. Vorgestern bin ich in einem Supermarkt umgekippt und musste im Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht werden. Ich war sehr dehydriert (also mein Körper hatte Wassermangel), mein Blutdruck war niedrig und der Puls auch, deshalb musste ich an den Tropf.
Es ist höchste Zeit, dass ich Hilfe bekommen. Es gibt und gab so viele, die nicht daran geglaubt haben, dass ich zuhause stabil sein kann und die Motivation zur weiteren Behandlung bekommen kann. Nun, nach acht Jahren in Krankenhäusern und Pflegeheimen habe ich es geschafft, für mich zu sorgen und drei Monate stabil zu sein. Von ständiger Überwachung zu ganz alleine sein - ich kann etwas stolz  sein.

Das wichtigste von diesem Sommer sind die Erfahrungen, die ich gemacht habe. Ich habe so viel gelernt. Meine Krankheit beruht auf ganz alten Wunden, die sich in verschiedenen psychischen Krankheiten widerspigelt: Angststörung, Magersucht, Bulimie, Depression, Selbstverletzung, OCD, etc. Die Wunden müssen behandelt werden, wenn ich gesund werden möchte. Wenn ich den Kampf nicht fortsetze, dann ist es irgendwann zu spät. Dann sagt der Körper entgültig stopp. Das hat mir der Körper diesen Sommer oft genug gezeigt. Ich hatte an einem Festival einen starken epileptischen Anfall und musste ins Krankenhaus, wo ich über Nacht weitere Anfälle hatte. An einem anderen Tag hatte ich wieder so starke Anfälle und musste in einer Anästhesie mit dem Heli in eine Spezialklinik geflogen werden. Vorgestern bin ich im Supermarkt zusammengeklappt. Der Körper kann nicht mehr. Er schreit nach Hilfe und ich tue das auch.

Mein Liebster hat mir im Krankenhaus eine Nachricht geschickt. "Ich bin so glücklich, dass du den Kampf wieder aufnimmst". Und dann musste ich darüber nachdenken.

Ich bin bereit, Hilfe zu bekommen. Ich bin bereit, die Kontrolle aufzugeben. Die Krankheit kontrolliert mich. Ich habe gepackt und bin bereit für morgen. Meine Mutter und ich haben die Wohnung geputzt, es ist jetzt sauber und ordentlich. Ich bin bereit und kann anfangen.

Dienstag, 4. September 2012

Ich bin bereit

Nun, es geht los. Es ist endlich da, ich bekomme Hilfe.
Ich habe mich heute mit der Abteilung Nummer 4 getroffen - also die Abteilung, in der ich in der Klinik sein werde. Ich habe ein paar der Psychologen und Ärzte getroffen und wir haben uns zwei Stunden lang unterhalten. Zwei Stunden, wo wir uns über alles wichtige unterhalten haben: Regeln, Erwartungen etc. Viele neue Dinge, die zur Behandlung gehören, aber alles in allem hört es sich wirklich gut an und ich bin bereit, anzufangen. Das ist mein Projekt. Ich werde zu nichts gezwungen, es kommt von mir aus. Mein Wunsch nach einem besseren Leben. Es wird nicht einfach werden, aber es wird es Wert sein. Ich muss da durhc, um das Leben zu bekommen, das ich haben will. Seit meinem letzten Aufenthalt ist eigentlich alles ziemlich gleich dort geblieben. Sie haben neue Therapieformen entwickelt. Ich bekomme zweimal Flüssignahrung am Tag. Nach dem Mittag- und dem Abendessen ist eine Ruhephase. Das soll mich jedoch nicht abhalten. Das Essen ist meine Medizin. Es ist mein Projekt und ich bin bereit.

Ich bin sehr froh, dass ich die Therapie vor diesem Sommer abgebrochen - oder unterbrochen - habe. Ich habe die Motivation und die Kraft, um diesen Weg zu gehen. Ich habe furchtbare Angst, aber ich weiß, dass es einfacher werden wird.

Montag um 10.00 Uhr stehe ich an der Tür zur Abteilung 4 und bereite mich auf den Kampf vor. Der Kämpfer in mir wird wach. Jeder Tag ist harte Arbeit. Ich werde wieder lernen zu leben. Das Leben werde ich langsam aber sicher zurück bekommen. Ich bin bereit.