Donnerstag, 15. Januar 2015

Liebe Mama,

Liebe Mama,

du glaubst an mich.
Du hast an mich geglaubt, wenn ich dem Tod so nahe stand.
Du hast an mich geglaubt, wenn ich mich manchmal für den Teufelskreis entschieden habe.
Du hast an mich geglaubt, wenn ich immer und immer wieder gefallen bin.
Du hast an mich geglaubt, auch wenn ich dir nichts zurückgeben konnte.
Du hast an mich geglaubt und warst meine Stütze.
Du hast an mich geglaubt, wenn ich auf den falschen Weg geraten bin.
Du hast an mich geglaubt, wenn ich nicht mit dem Leben klarkam.
Du hast an mich geglaubt, wenn die Krankheit das Leben übernommen hat.
Du hast an mich geglaubt, auch wenn du kein Leben in meinen Augen gesehen hast.
Du hast an mich geglaubt, auch wenn ich nein gesagt habe.
Du hast an mich geglaubt, wenn ich so erschöpft war und kollabiert bin.
Du hast an mich geglaubt, wenn ich so krank war und kaum Hoffnung da war.
Du hast an mich geglaubt, wenn ich voller Tränen war, die ich nicht weinen konnte.
Du hast an mich geglaubt, wenn ich nicht mehr konnte.

Du hast gesagt, du wirst mich nie aufgegeben, sondern an der Hoffnung festhalten, auch wenn ich langsam sterbe.
Du hast mir gesagt, dass meine Augen leuchten, wenn ich schöne Sachen sehe. Dass ich stärker bin als meine Schwächen. Dass du mich nie aufgeben wirst. Dass du stolz auf mich bist und mich liebst. Dass ich nicht sterben werde, denn ich werde überleben. Dass ich die Person werde, die ich sein möchte. Dass nichts unmöglich ist, sondern die Dinge manchmal etwas länger brauchen. Dass ich gut mit mir umgehen solle, sowie mit anderen. Dass ich mich nicht mit anderen vergleichen soll, weil jeder andere Kämpfe hat. Dass ich einzigartig bin, auch wenn ich mich unmenschlich fühle. Dass ich gesund geboren wurde und ich auch wieder gesund werden kann. Dass du mich liebst, denn das bedeutet so viel für mich. Dass du mich liebst.

Danke, dass du immer für mich da bist, auch wenn ich mich unheilbar fühle.
Danke, dass du mir so viel Liebe gibst, auch wenn ich sie dir nicht immer zurückgeben kann.
Danke, dass du an mich glaubst und mir Hoffnung schenkst.
Danke, dass du mir die Wahrheit sagst, wenn ich ihr nicht ins Gesicht blicken kann.
Danke, dass du in all den Jahren an meiner Seite standest. Ich bin so dankbar, dass ich dich habe.
Danke, dass du immer Hoffnung hast.
Danke, dass du nie aufgibst.
Danke, dass du stolz auf mich bist, wenn ich das nicht sein kann.
Danke, dass du durch meine Fassaden blicken kannst und mich siehst, selbst wenn die Krankheit dominiert.
Danke, dass du mein Leben gerettet hast, so viele male.
Danke, dass du das alles aushältst. Du bist die stärkste und weiseste Person, die ich kenne.
Danke, dass du da bist, Mama, auch wenn ich manchmal unmenschlich bin und du mich nicht wiedererkennst.
Ich glaube aber, dass du mich trotz allem sehen kannst, egal wie schlecht es mir geht, und ich bin unendlich dankbar, dass ich dich habe. Ich hab dich lieb.

Mittwoch, 14. Januar 2015

Tinas Worte

Im letzten Post habe ich über meine Erfahrungen mit der Dissoziation geschrieben. Und darüber, wie ich mein Leben gerade empfinde. Die Dinge sind schwierig, sehr schwierig. Aber trotz allem halte ich durch. Es ist schwierig, nur durchhalten zu können und nicht zu leben. Es gibt so viele Dinge, die ich mir im Leben wünsche, und ich wünschte, dass es gerade nicht so schwierig wäre.

Aber ich bin auch ein Kämpfer, der leben möchte. Ich möchte wieder glücklich sein, mit mir glücklich sein, ein schöneres Leben haben.

Ich möchte ein paar gute Worte meiner Freundin Tina teilen, die so gut getan haben.

"Weltbeste!
Stark, toll, wundervoll.
Beste, fürsorgliche Tante.
Hübsche, lächelnde Nachbarin.
Gute, liebevolle Tochter.
Schöne, liebende Schwester.
Herzliche, positive Freundin.
Unterstützend, ehrlich, weise, beste Freundin.

Du überlebst alles und deine Kämpfe können nur wenige nachvollziehen. Du wachst morgens auf und suchst nach der Sonne, die jeden Abend untergeht. Vielleicht ist sie manchmal ein paar Tage fort, aber sie kommt immer wieder. Wenn Schatten geworfen werden, stehst du nicht in der Dunkelheit, sondern scheinst für dich.
Du bist eine Blume. Eine starke Blume, die nichts kaputt kriegt und immer wieder aufblüht. Du weißt, dass sie gepflegt werden kann von denen, die sie lieben. Und dann überlebt sie. Ich pflege diese Blume. Weil du mir wichtig bist. Weil du - du bist. Weil nichts in der Welt so schön lacht und singt wie du. Keiner hört besser zu und gibt bessere Ratschläge.
Vergiss nie, wer du bist. Vergiss nie, wie stark du bist. Du bist ein Kämpfer und ich bin immer bei dir!"

Vielen Dank, Tina, das bedeutet mir so viel <3

Freunde sind unglaublich wichtig. Ich bin so froh, dass meine Freunde noch immer für mich da sind. Ich weiß, dass sie ein wenig beängstigt und eingeschüchtert sind, nach allem, was passiert ist, aber sie sind für mich da. Ich weiß, dass ich auf dieser Freundschaft aufbauen muss, dass ich da anknüpfen muss, dass ich das Vertrauen wieder herstellen muss. Solche Sachen brauchen Zeit. Aber meine Freunde sind mir alle Zeit wert.

Wie geht es sonst weiter?
Ich bin gerade in der O-Klinik - eine kleine Auszeit von allem. Am Dienstag gehe ich wieder. Auch wenn das Leben schwierig ist, versuche ich die guten Dinge wertzuschätzen. Denn die sind da, man muss sie nur sehen.


Freitag, 9. Januar 2015

Eine persönliche Erzählung der Dinge - life is hard

Im Moment teile ich euch nicht so viel mit und das tut mir leid. Ich bin in einem schwierigen Kampf und auch wenn es gute Dinge gibt, die ich mit euch teilen könnte, sind diese ein wenig seltener geworden. Aber ich möchte heute etwas persönliches mit euch teilen. Es ist meine persönliche Sicht und meine persönlichen Erlebnisse.

Momentan bin ich noch in der O-Klinik. Wir arbeiten daran, wie wir das Leben für mich einfacher gestalten können, weil ich noch zu kämpfen habe. Vielleicht ein wenig anders als zuvor. Aber ich werde nicht aufgeben, auch wenn es in diesem Post vielleicht so klingen sollte.

Gerade bin ich im Krankenhaus. Ich habe Probleme mit meinem Magen. Das sind Komplikationen und Nachwirkungen der Selbstverletzung in den letzten zwei Jahren. Ich habe starke Schmerzen, werde von Ärzten besucht, muss zu vielen Ärzten, und habe einfach unnötige Schmerzen. Ich hab das einfach satt. Dazu kommen noch die mentalen Probleme.

Was ich mit euch teilen will, ist sehr persönlich, und ich weiß noch nicht, ob ich es wirklich teilen sollte, aber ich versuche es.

Am 7. Januar 2015 um 21:00 Uhr in meinem Tagebuch verfasst:
„So viele Menschen sterben und so viele Menschen trauern um sie. Es gibt viele Gründe für den Tod und ich denke über meinen Grund nach. Was wäre mein Grund? Ich bin einer dieser Menschen, die sterben.
Immer habe ich überlebt, obwohl ich hätte sterben sollen. Ich bin einer der glücklichen, der Engel im Himmel und auf der Erde hat. Meine Schutzengel im Himmel wissen, dass ich leben muss und deshalb überlebe ich immer, zum Glück. Und gleichzeitig gibt es Engel auf der Erde, die jeden Tag um mich kämpfen, dass ich überlebe und ein gutes Leben bekomme. Ich bin dankbar. Ich weiß nicht, ob ich leben oder sterben werde, das Leben ist so kurz, deshalb bin ich dankbar für die täglichen Erinnerungen, dass ich am Leben bin.
Ich wünschte manchmal, dass es Engel mit einem magischen Pulver gibt, die es mir ermöglichen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Damit ich das machen kann, was ich tun muss, um zu überleben.
Momentan sterbe ich nicht, aber ich weiß auch, dass die Krankheit gefährlich ist und mich langsam auffressen kann – vielleicht auch ganz plötzlich. Wer weiß das schon.

Ich habe Angst vor dem Tod. Nicht davor, dass der Moment des Sterbens weh tut, aber ich habe Angst, meine Lieben zurückzulassen, mit einem ungerechten Ende und einer großen Trauer. Ich habe Angst, dass ich nie gesund werde und immer als dissoziative, selbstsüchtige und kalte Person in Erinnerung behalten werde. Denn das bin ich momentan. Ich weiß nicht, wer ich wirklich bin oder einmal war.

Ich bin an einem Punkt, wo ich zwischen zwei Personen hin und her gerissen bin. Ein unmenschlicher, dissoziativer, psychotischer, kranker Autopilot. Ein verzweifelter, hoffnungsloser, verträumter Mensch, der einfach nur überleben möchte, um eines Tages leben zu können. Warum war das Leben so schmerzhaft für sie, wo es doch einmal so schön und gut war? Sie ist eine Wackelfigur zwischen Leben und Tod.
Das Leben schmerzt und fühlt sich ungerecht an. Was hab ich getan, um das bekommen zu haben? Ich habe vielen etwas genommen, das weiß ich, das tut mir leid, und ich bin dankbar, dass es noch Leute gibt, die mich nicht aufgegeben haben.

Die Dissoziation fühlt sich wie ein Dämon an, der alles in mir drin vernichtet. Der Dämon übernimmt meinen Körper und füllt ihn mit unterdrückten Gefühlen von selbstzerstörerischen Emotionen und einem Trauma, an das sich mein Körper erinnert. Von diesem Zustand weiß ich nur noch, dass ich entkommen will. Abhauen. Der Dämon ist sehr dominant. Ich bin nicht in meinem Körper anwesend und irgendwann komme ich wieder zurück, zerbrochen.

So fühlt sich mein Leben momentan an, so fühlt sich mein Körper an. Alles abseits davon ist wunderschön. Ich habe eine tolle Wohnung, eine Nichte und einen Neffen, eine Familie, wundervolle Leute.
Ich möchte keine Sympathien dadurch erreichen, kein Mitleid oder sonstiges. Ich möchte verstanden werden. Ich möchte Verständnis erreichen für mich und andere, damit niemand von uns aufgibt.
Ich weiß, dass das Leben unglaublich schön sein kann. Ich weiß, dass ich Hilfe benötige und diese nehme ich an. Aber ich bin so müde. Es ist ein Kampf, das Leben ist ein Kampf. Und es ist anstrengend, dass es diesen Kampf gibt, weil ich möchte, dass das Leben so viel mehr ist. Ich sehe das Leben von anderen Leuten und da gibt es so viel mehr. Dieser Kampf geht schon so lange, dauert schon so lange an. Aber ich werde nicht aufgeben.“


Freitag, 2. Januar 2015

2014

Ich hab das Gefühl, dass so viele Leute über das vergangene Jahr schreiben, also mach ich das auch kurz. So viel gibt es aber nicht zu sagen. Das Jahr war unglaublich anstrengend, aber ich hab auch die größten Fortschritte seit meiner Erkrankung gemacht. Es gab ein paar Wunder dieses Jahr, große Sachen.
Das Jahr hat traurig begonnen. Ich war tief unten, mental, Herzschmerz, die Trennung von meinem Freund, mit dem ich drei Jahre zusammen war und meine Zukunft mit ihm gesehen hatte. Ich war ziemlich dissoziativ, weil ich vom Gewicht auch gesünder geworden bin und dann einfach Dinge hochgekommen sind, die ich sonst mit Hungern oder Übergeben unterdrückt habe. Beim Dissoziieren wussten wir nie so genau, was das ist und was da passiert - es war jedenfalls ziemlich dramatisch und ernst und ich konnte nicht sagen, was da passiert war oder warum. Ich hatte das Gefühl, dass der Teufel mehr und mehr von meinem Leben nimmt und ich schwächer werde. Deshalb war ich eine Zeit lang gegen meinen Willen in der Klinik, musste manchmal fixiert werden, einfach nur, um mir zu helfen, mich zu schützen, wenn schlimme Dinge passierten. Die Ärzte waren sich nicht ganz einig, was passieren sollte, deshalb gings von einer Klinik in die nächste - in der einen war ich zu krank, die wollten und konnten mich nicht nehmen.
Im Sommer war ich in einer Klinik, die mir gut geholfen hat. Ich brauchte eine sichere Umgebung und straffe Regeln. Ich habe viel über Entscheidungen gelernt, die Angst auszuhalten, mich ihr auszusetzen, Emotionen, Gedanken. Ich war am Boden zerstört, hab geheult bis ich leer war, oder war total fröhlich und glücklich. Starke Emotionen.

Ein neues Kapitel beginnt. Ich bekomme eine ganz eigene Wohnung, die jedoch an der Klinik ist, sodass ich jederzeit dort hin kann. Ich habe meinen Freiraum, muss Verantwortung übernehmen, meine eigene Wohnung pflegen und mich darin versorgen, aber hab gleichzeitig die Gewissheit, dass ich in einer Krise nicht allein bin. Das ist ein Wunder und perfekt für mich. Jetzt geht es los...
Ich wünsche euch ein frohes, neues Jahr!