Donnerstag, 30. August 2012

Der Weg ist da

Entschuldigt, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe. Ich schlafe derzeit sehr viel, weil ich unglaublich müde bin. Meine Mutter sagt immer, dass sie so erleichtert ist, wenn ich wieder wach werde, weil sie große Angst hat. Ich versuche sie zu beruhigen.
Ich habe viel diesen Sommer geschafft, aber bin jetzt an einem Punkt, wo ich nicht alleine weitermachen sollte. Mit einem BMI von unter 13 (die genaue Zahl möchte ich nicht nennen) ist es an der Zeit, es ein für alle mal zu beenden. Ich habe in mir, was es dafür benötigt. Ich bin motiviert und bereit. Letzte Woche war ich mal in der Klinik und habe mir das Programm angeschaut, es sieht sehr gut aus. Es wird in etwa so sein, dass ich bald anfange (wann genau steht noch nicht fest) und dann eine Zeit lang in der Klinik bin. Dann werde ich entlassen, und soll es zuhause umsetzen. Ich werde langsam an den Dingen arbeiten und mein Gewicht soll langsam nach oben gehen.
Solange ich noch zuhause darauf warte, versuche ich mich darauf vorzubereiten. Ich schreibe Motivationskarten und ich dachte, ich teile ein paar Gedanken mit euch.

Es lohnt sich zu kämpfen, weil...
  • ich einen Beruf erlernen möchte
  • ich Kinder möchte und eine Familie gründen will
  • ich einen Körper haben möchte, der Energie hat, damit ich Dinge tun kann, die ich tun will
  • ich will mich selber finden
  • ich will reisen
  • ich will studieren
  • ich möchte durch den Park und die Wälder spazieren
  • ich möchte keine Angst mehr haben
  • ich möchte mit Freunden feiern gehen - in Discos oder Clubs, Bars
  • ich möchte nicht mehr ständig kalt haben

Liebe K.
  • nach acht Jahren Essstörung verdienst du ein gutes Leben
  • die Schmerzen und die Angst verschwinden, wenn du sie gehen lässt
  • Bulimie, Hungern... sie betäuben den Schmerz für eine Weile. Durch diesen Schmerz musst du gehen, um gesund zu werden
  • hör auf die um dich herum
  • jeder Tag ist ein Tag in deinem Leben!
  • möchtest du, dass die Essstörung noch mehr von deinem Leben nimmt? Deinem EINZIGEN Leben.
  • du verdienst ein gutes Leben
  •  jede Behandlung, die du haben kannst, ist es wert
  • du verdienst eine normale Beziehung zum Essen
  • du verdienst einen gesunden Körper
  • ein Körper, der tagsüber nur schlafen kann, ist kein Körper
  • der Tag ist noch nicht da, aber wird kommen
  • du kannst wieder Sport treiben
  • du kannst die Pflichten als Tante erfüllen
  • die Wunden werden heilen
  • denk an das Geld, das du sonst für Fress-Essen verschwendet hast


Gerade ist es wichtig, dass ich an die denke, die mir helfen und dass es okay ist, Hilfe zu bekommen. Es sit schwierig, das positive zu sehen. Aber ich sehe genau, wo ich hin will. Es gibt so viel im Leben, das ich haben möchte, was die Essstörung jedoch verhindert.

Der Weg ist da und ich muss ihn gehen.

Montag, 20. August 2012

Der Brief

Eine angespannte Mutter kam mit einem Brief auf mich zu. Sie wusste, was das für ein Brief sein könnte. Ein Brief, auf den eine Mutter seit acht Jahren gewartet hatte. Eine Mutter, die darauf gewartet hat, dass ihre Tochter diesen Brief jetzt bekommt, weil sie bereit ist. Eine zweite Chance, weil an mich geglaubt wurde und die Hoffnung nicht aufgegeben wurde. Mir wurde von außen sehr viel Motivation gegeben, aber das reicht nicht. Es muss auch von innen kommen, man muss es von ganzem Herzen wollen. Vor diesem Sommer habe ich die Entscheidung getroffen, die Behandlung nicht fortzusetzen, um Motivation zu finden. Das ist beendet.
Ich habe versucht, auf eigenen Beinen zu leben, mit einer Essstörung, die mich voll udn ganz eingenommen hat. Ich habe die Schmerzen erfahren. Hungern, Fressanfälle, Selbstverletzung... es hilft nicht. Es steckt tiefer als die Symptome, es sitzt in der Seele.
Eine angespannte Mutter kam mit einem Brief zu ihrer Tochter. In dem Brief steht, dass sie jetzt Hilfe bekommt. Und wisst ihr was? Sie ist bereit zu kämpfen. Weil alles andere in der Welt es wert macht, durch die Essstörung, Angststörung und ein ungelebtes Leben zu gehen.

Donnerstag, 16. August 2012

Hey

Ich wollte nur kurz ein Lebenszeichen von mir geben. Es geht hoch und runter, gute und schlechte Tage. Ich habe sehr mit der Angststörung zu kämpfen. Es ist nicht soooo schlimm, aber behindert mich doch sehr. Ich versuche jedoch, mich auf die positiven Dinge zu konzentrieren. Es gibt so viel, wofür es sich lohnt, glücklich zu sein. Trotzdem fühle ich mich viel zu sehr kontrolliert von meiner Krankheit. Ich will da raus. Eines Tages werde ich es.

Freitag, 3. August 2012

Ein paar Worte

Viele fragen sich, wann ich mit der Behandlung weitermachen werde. Die Antwort ist, dass ich es selber noch nicht weiß. Ich kann nur schon sagen, dass es im Laufen ist, also ich bin quasi auf der Warteliste.
Manche fragen sich, warum ich mich nicht auf die Notfallliste habe setzen lassen, dann würde es schneller gehen. Die Antwort ist wahrscheinlich die, dass ich zuhause so viel erlebe und erfahre. Ich möchte die Erfahrung machen, dass ich nie wieder an diesen Punkt zurück möchte. Ich möchte wissen, dass ich wirklich die Motivation habe und etwas verändern will. Diese Motivation hatte ich lange nicht. Vor zwei Jahren hatte ich sie, als ich in der Bulimie gefangen war und mich miserabel gefühlt habe. Das war, als ich eine Klinik in L. gefunden habe. Leider war die Warteliste sehr lang und die Leute waren dort auch der Meinung, ich sei "nicht krank genug, nicht dünn genug". Mein Gewicht war im Sommer 2010 auch relativ normal, ich war nicht untergewichtig. Ich war schnell wieder in der Anorexie drin und war schnell wieder sehr dünn, sehr untergewichtig und sehr krank. Diesen Fehler werde ich nicht nochmal machen. Ich weiß, dass der Weg nur noch länger wird, wenn ich den gleichen Fehler immer und immer wieder wiederhole. Deshalb will ich mein Gewicht halten. Ich bin jetzt seit über einem Monat zuhause. Keiner hätte es erwartet, aber mein Gewicht ist geblieben. Jeder hatte gedacht, dass es ein Disaster werden würde, aber ich habe sie vom Gegenteil überzeugt. Natürlich ging es hoch und runter, aber ich habe meine Arbeit getan. Ich habe mich nicht selbst verletzt und das war eine Sache, mit der ich sehr zu kämpfen hatte, als ich eingewiesen wurde. Der Drang ist oft stark, vorallem wenn sich alles hoffnungslos anfühlt, aber ich habe es geschafft, mich von den Gefühlen und Gedanken zu distanzieren. Was ich möchte dass passiert, das wird auch passieren. Es wird die Hölle, aber die werde ich ignorieren. Ich brauche Hilfe. Ich bin motiviert dazu, gesund zu werden - ganz anders, als ich zur Motivation gezwungen wurde. Es kam nicht aus dem Herzen. Das tut es jetzt.

Gleichzeitig ist in der ganzen Misere auch keine. Ich habe viel gemacht, was cih im Sommer machen wollte und habe viel erlebt. Was mir am meisten bedeutet, ist Zeit mit Familie, Freunde und meinem Freund zu verbringen. Ich hatte sogar Besuch von meiner kleinen Nichte A., die über Nacht geblieben ist. Wir haben viel gespielt. Genau so, wie ich es ihr an Silvester versprochen habe, als sie mich gefragt hatte, wann ich wieder zu ihr zum Spielen kommen würde. Es ist schön, die Frische um einen zu sehen und zu denken "Eines Tages bin ich da auch ein kompletter Teil von".

Es gibt viele Dinge, die man im Leben genießen kann. Es ist nur so, dass die Dinge sich anders anfühlen, wenn du versuchst, andere Gefühle zu vermeiden. Man genießt sie nciht gleich. Ich will Frieden finden und mein Leben leben. Ich möchte mich so fühlen, dass ich mich zurücklehnen kann und in der Gegenwart leben kann, ohne, dass mich die Angst ständig begleitet. Freiheit, ich will die Freiheit.

Donnerstag, 2. August 2012

Reiss die Wände ein

Ich muss auf die Bremse treten. Die Bulimie gewinnt manchmal die Überhand und es fühlt sich an, als hätte ich keinerlei Kontrolle. Ich gebe so viel Geld für Essen aus, das dann den Abfluss runterfliest. So viel Geld, das ich für meine Krankheit ausgebe. Ich verbringe Stunden damit, den Schmerz auf diese Art zu betäuben. Was ist eigentlich Schmerz? Ich habe so viel Zeit damit verbracht, die Schmerzen mit der Bulimie, Magersucht und Selbstverletzung zu unterdrücken. Ich weiß nicht mehr, wie es sich anfühlt, etwas gutes zu fühlen, geschweigedenn überhaupt zu fühlen. Ich glaube manchmal nicht, dass ich das Gute finden kann und es durch meine hohen Schutzmauern zu lassen. Die Mauern der Essstörung, Angststörung, Selbstverletzung etc. Dein Körper und dein Gehirn geht in die Verteidigung über. Anfälle, Epilepsie. Ich werde mit der Scham und Schuld, mit dem Dreck, zurückgelassen.
Es sind so viele Wunden in meinem Körper. Ich bestrafe mich selber. Der Schmerz wird mit Schmerz besiegt. Es tut weh. Ich kann nicht die sicheren, die schmerzfreien Strategien anwenden, die ich gelernt habe. Ich habe solche Angst. Ich brauche die Kraft.

Bald werde ich für diesen Kampf bereit sein. Die Wände muss ich einreissen.

Mittwoch, 1. August 2012

Antworten der Fragerunde

Wieviel wiegst du jetzt? Ist dein Gewicht stabil oder schwankt es? Was isst du am Tag? Bereust du es, die Behandlung abgebrochen zu haben?
Ich werde mein Gewicht nicht angeben, aber es ist gleich wie an dem Tag, an dem ich entlassen wurde. Es ist also stabil und schwankt nicht. Was ich am Tag esse, ist sehr unterschiedlich. Ich kämpfe sehr mit Bulimie gerade, aber ich versuche, etwas in mir zu behalten, damit mein Gewicht gleich bleibt. Ich bereue nicht, dass ich mich entlassen habe. Der Sommer gibt mir Erfahrungen, die ich brauche, um meine Motivation zur Veränderung zu finden. Ich habe erfahren, was es heißt, alleine mit der Essstörung zu leben und Verantwortung zu übernehmen. Und ich kann sagen, dass ich bereit für eine Veränderung und Behandlung bin. Ich will nicht, dass mein Leben so weiter geht wie jetzt.

Wie verlaufen deine Tage, wo du jetzt zuhause bist? Sind deine Ziele besser als im Krankenhaus? Wie reagierten die Leute um dir herum, dass du entlassen wurdest? Wirst du bei den Mahlzeiten überwacht? Ist die Bulimie ein Problem?

Nun, meine Tage sind nicht so sehr gefüllt. Ich bin unglaublich müde nach acht Jahren Therapie, also schlafe ich sehr viel. Ansonsten versuche ich Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. Ich habe Probleme mit der Bulimie, die leider viel Zeit in Anspruch nimmt.
Ich habe viel gelernt, seit ich zuhause bin. Ich habe mich nicht selbst verletzt und das war ein Ziel.
Zunächst waren alle etwas geschockt und verängstigt, aber sie haben gelernt, dass ich für mcih selber Verantwortung übernehmen müssen.
Ich werde bei meinen Mahlzeiten nicht überwacht. Ich habe die komplette Verantwortung dafür. Ja, die Bulimie ist das,w as mir gerade die größten Probleme bereitet.

Wie hat sich dein Gewicht verändert? Was genießt du im Leben? Denkst du, du wirst bald wieder ins Krankenhaus müssen? Was ist dein größter Wunsch?

Ich genieße die Zeit mit meinen Freunden, meinem Freund, meiner Familie und die Pläne für die Zukunft. Ich versuche es. Mein größter Wunsch sit es, gesund zu sein und das Leben so zu leben, wie ich es mir erträume.
Die Essstörung zerstört mein Leben und das gibt mir die Motivation, weitere Behandlungen einzuleiten.

Wenn du keinen Hunger hast, was machst du dann? Was isst du?
Nun, ich bin sowohl bulimisch, als auch anorexisch und daher habe ich nie so wirklich Hunger. Es geht bei der Anorexie mehr darum, das Essen zu vermeiden, deshalb finde ich es etwas schwierig, darauf zu antworten.

Was in deiner Vergangenheit hat dir die meisten Probleme bereitet? Hast du irgendwelche spezifischen Erinnerungen oder Trauma?
Ich habe in meiner Kindheit viele Sachen erlebt, die ein Kind nie erleben sollte. Ich habe ein Trauma, das mich zurzeit sehr bewegt, aber darüber möchte ich gerade nicht reden.

Was ist deine Lieblingsfarbe? Schaust du viele Serien und wenn ja, was?

Grün und Orange. Meine Lieblingsserien sind vorallem Crime-Shows: Criminal Minds, NCIS, CSI, etc.

Wie ist deine Beziehung zu L.? Was macht ihr, um die Liebe zu erhalten?

Es ist offensichtlich ziemlich schwierig für ihn. Aber er ist sehr stark und weigert sich, aufzugeben. Wir träumen oft davon, wie wundervoll doch alles sein wird, wenn ich gesund bin.

Bist du suizidal?
Nein, derzeit nicht. Es gab Phasen, wo ich suizidal war und wo ich versucht habe, mich umzubringen, aber jetzt gerade bin ich stabil.
 Was ist die Bedeutung deines Blognamens?
Waif ist Englisch und heißt soviel wie die Heimatlose oder ein verlassenes Kind. Ich mag dieses Wort sehr gerne. Beautiful - ich denke, dass das Leben auch irgendwo schön sein muss und daran arbeite ich.