Montag, 16. September 2013

Dankbarkeit

Hallo alle zusammen,

gerade sitze ich auf dem Sofa zuhause und lasse es mir gut gehen. Ich bin müde. So viel ist in den letzten Monaten passiert. Mein Körper hat viel durchgemacht und auch, wenn viel Gutes passiert ist, so war es nicht immer einfach und es sind auch weniger schöne Dinge vorgefallen. Es ist sehr schwierig, weil ich jetzt alles machen muss, um wach und präsent zu bleiben, damit ich immer im Hier und Jetzt bin. Ich versuche, irgendwelchen Abdriftungen vorzubeugen. Ich versuche, von Triggern fernzubleiben, durch die ich eventuell dissoziiere. Ich könnte mich dann verletzen und das darf nicht passieren. Ich musste über 30 mal genäht werden und die Ärzte haben gesagt, dass es so langsam mal gut sein muss, weil sie mich nicht immer nähen können. Die Haut wächst nicht einfach nach, zurück bleibt Narbengewebe. Ich verstehe nicht, warum alles so schwierig ist. Ich will mich nicht verletzen. Ich will gesund werden. Ich will normal sein und normal funktionieren. Aber es gibt auch Dinge, die gut funktionieren. Die Essstörung habe ich meistens unter Kontrolle. Ich versuche, regelmäßig zu essen, meine Beziehung zum Essen ist normaler geworden und mein Gewicht ist auch im normalen Bereich. Ich kann auch wieder anfangen, Sport zu treiben. Ich freue mich schon darauf, wenn all das vorbei ist und alles zur Normalität wird, auch wenn es jetzt noch ein Kampf ist. Jeden Tag kämpfe ich und es ist so wichtig, dass ich mich nicht verletze.

Mein Freund Lars ist jetzt in Prag. Studiert Medizin. Ich bin so stolz auf ihn und es motiviert mich, weiterzukämpfen, damit auch ich meinen Traum leben kann. Ich werde gesund werden und dann bekommen wir das Leben, auf das wir so lange schon warten.

Ich habe derzeit eine Vereinbarung mit meiner Klinik getroffen, dass ich immer kommen kann, wenn ich Hilfe brauche. Es ist gut, dass ich einen Ort habe, an den ich in schwierigen Tagen zurückkehren kann und dort Hilfe bekomme. Ein weiter Weg liegt vor mir, aber ich bin unterwegs. Ich bekomme viel Hilfe und Unterstützung und dafür bin ich so unendlich dankbar. Es ist ein Wunder, dass ich noch am Leben bin. So viele Chancen habe ich bekommen. So oft wurde mir gesagt, ich sei ein hoffnungsloser Fall. Die Ärzte meinten, ich würde meinen 18. Geburtstag nicht erleben. Aber hier bin ich. Ich bin glücklich und dankbar, dass ich am Leben bin. Das ist nicht selbstverständlich und deshalb möchte ich jeden Tag dafür dankbar sein.

Ich war viele Jahre lang in Krankenhäusern und habe viele verschiedene Schicksale kennengelernt. Das hat in mir etwas bewegt. Ich habe gesagt, was die Welt mit Menschen tun kann. Ich habe so viele Leute so weit unten gesehen und in diesen Momenten realisiert man, wie glücklich man sich schätzen kann. Glücklich, dass man gehen kann, dass man sich selbst ernähren kann und nicht zwangsernährt werden muss. Es ist so wichtig, für das dankbar zu sein, was man hat. Denn das ist nie selbstverständlich.

1 Kommentar:

  1. Den letzten Satz kann ich voll und ganz unterschreiben - und ich muss ehrlich sagen, ich fühle mich of schuldig, wenn es mir schlecht geht. Ich habe so viel, aber es ist trotzdem nicht genug, dass es mir gut gehen kann?

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