Sonntag, 5. Oktober 2014

Schicksale

(geschrieben am Freitag, 3. Oktober)
Ich denke über all die Schicksale nach, die mir so begegnen. An alle, die ein schwieriges Leben auf dem falschen Weg haben. Das wird sie für immer begleiten und bei manchen steht es auch auf dem Körper geschrieben. Sie sind es leid, ständig klettern zu müssen und dabei eine so schwere Last auf den Schultern tragen zu müssen. Immer am Leben bleiben zu müssen, auch wenn sie kaum atmen können. Wir müssen jeden Tag kämpfen, Minute für Minute, und werden dann vielleicht mit ein paar Stunden Schlaf belohnt oder haben die Energie, uns um uns selbst zu kümmern, indem wir ausgiebig duschen. Oder shoppen gehen oder sowas. Für manche ist das unmöglich, weil es für sie schwierig genug ist, zu existieren. Das ist schmerzhaft. Ich erinnere mich noch zu gut daran, als das meine Realität war. Es drehte sich alles nur ums Überleben. Und jetzt versuche ich, ein bisschen Leben in meine Tage einzubauen. Das schaffe ich ganz gut. Ich lebe jeden Tag. Manchmal habe ich Tage, da habe ich stark zu kämpfen und alles fühlt sich so unmöglich an, dass ich einfach nur fliehen will. Mein Körper will diese Gefühle nicht ertragen und deshalb schützt er sich davor. Er verschwindet, wenn die Schmerzen kommen. Ich verschwinde. Damit ich den Schmerz nicht spüre.
Wenn ich in solch einem Zustand bin, bin ich sehr abwesend und habe keinerlei Kontrolle. Ich handle impulsiv und reagiere auf die kleinsten Dinge. Das ist sehr gruselig, weil ich es gar nicht kontrollieren kann.
Deshalb habe ich den ganzen Sommer daran gearbeitet, mich besser zu kontrollieren. Die Symptome früh genug zu erkennen, bevor ich in diesen Zustand gehe. Ich habe die Auslöser erkannt und daran gearbeitet, mit verschiedenen Mitteln in die Realität zurückzukehren. Das war sehr schwierig, aber ich bin durch diesen Prozess gegangen und nun bin ich stärker und gesünder. Ich konzentriere mich auf andere Dinge, wenn ich zu kämpfen habe. Ich konzentriere mich auf die Schule, Aktivitäten, Familie, Sport und positive Dinge. Ich arbeite hart daran, aber es fühlt sich gut an und ich bin viel stärker geworden.

Ja, und jetzt schlafe ich bald ein, das Wochenende war anstrengend. Die Essstörung ist derzeit ziemlich stark und ich hatte ziemlich große Angst davor, größere Dinge auszulösen, deshalb bin ich auf eine andere Etage gegangen, wo die Überwachung stärker ist. Es nervt mich, weil ich nicht verstehen kann, warum ich keine Ruhe bekomme. Warum kann ich die Stimmen nicht einfach abschalten, sie in den Keller verbannen, Ruhe bekommen. Wie werde ich gesund. Ich habe das einen Mitarbeiter gefragt und er meinte, indem ich durchhalte. Das ist wahrscheinlich meine Medizin. So werde ich stärker. Wenn ich mich mit mir vor ein paar Monaten vergleiche, bin ich viel stärker geworden, aber wenn man eine Krankheit hat, die einen körperlich und psychisch kaputt macht, dann ist es nicht so einfach.

Dieses Wochenende haben wir daran gearbeitet, ein wenig Ruhe vor den Stimmen zu bekommen. Die eine Stimme bezeichnet mich als dreckig, hässlich und wertlos, Rund um die Uhr, das kann man nicht ertragen. Dann kommt eine andere Stimme, die mir befiehlt, was ich zu tun habe, damit ich dem Schmerz entkomme. Wenn ich Angst habe und die Schmerzen kommen, dissoziiere ich. Und wenn ich mich dann selbstverletze, ist das sehr gefährlich. Ich habe so lange daran gearbeitet, darüber die Kontrolle zu bekommen. Ich habe Vertrauen in die Leute gewonnen. Ich darf das nicht zerstören. Ich muss kämpfen und das aushalten. Ich weiß ja, was ich will.

Habt ne schöne Woche!

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