Dienstag, 1. Oktober 2013

Emotionen sind kein Tabu

Das Leben ist zurzeit sehr schwierig. Ich bin auf der "Intensivstation" der Station 4 in meiner Klinik. Die Ärzte haben mir alle Medikamente abgesetzt, damit ich nicht von den Tabletten irgendwie benebelt werde, sondern alle Gefühle so fühle, wie sie sind. In den letzten zehn Jahren habe ich diese Gefühle durch Selbstzerstümmelung unterdrückt. Ich weine jeden Tag und ich habe Schmerzen, aber es tut gut, den Schmerz einmal rauszulassen. Zuerst kommen die Gefühle, die Schmerzen, und dann fließen die Tränen. Alles muss rausgelassen werden und so viel Schmerz wird dadurch frei. Ich habe viel erlebt. Die Gefühle und Erinnerungen suchen mich immer wieder heim. Das schreckliche Erlebnis, das ich mit elf Jahren erlebt habe, kommt immer wieder zum Vorschein. Ein Trauma, das keiner erleben sollte. Aber ich habe es und das hat mich zerstört. Ich habe mich verloren. Den Schmerz habe ich unterdrückt. Den inneren Schmerz habe ich nach außen gedreht und auf meinen Körper übertragen. Ich war sehr krank. Aber jetzt kommt der Schmerz raus. Ich kann ihn nicht mehr unterdrücken und das tut unglaublich weh.

Aber dennoch reicht das nicht, um meine Träume zunichte zu machen. Ich habe so viele Träume und Ziele. Ich gebe alles, um diese Träume zu erreichen, aber der Schmerz kommt durch die Tränen. Ich schreibe sehr gerne, aber auch dadurch kommen Tränen. Dennoch hilft mir das Schreiben sehr, deshalb schreibe ich.

Ich will später mal Ärztin werden und ich freue mich sehr darauf, anderen Menschen helfen zu können. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch gleich behandelt werden sollte, mit dem gleichen Respekt, ob krank oder nicht. Ich habe gelernt, dass viele Menschen andere sofort abstempeln und ihnen irgendwelche Stempel auftragen, je nach Krankheit. Aber es ist wichtig, dass alle Wunden behandelt werden müssen, egal ob innerliche oder äußerliche. Die inneren Wunden können für andere Menschen genauso hässlich und ekelhaft sein, aber das muss auch so akzeptiert werden.

Ich denke, wir Menschen müssen viel über Emotionen lernen. Sie sind irgendwo ein Tabu-Thema geworden und es heißt, dass man schwach ist, wenn man Emotionen zeigt. Ich habe seit zehn Jahren Emotionen unterdrückt und kann euch sagen, dass das viel schlimmer ist. Ich arbeite hart daran, mich selbst mit Emotionen kennenzulernen. Wir haben nur ein Leben. Wir müssen die inneren Wunden rauslassen, damit wir an ihnen arbeiten können.
Ich bin, wer ich bin. Ich gehe meist offen mit meiner Geschichte um und das will ich auch weiterhin so machen. Meine Geschichte ist ein Teil von mir. Ich habe viele Narben an meinem Körper, die zeigen, dass mein Leben schmerzvoll war. Jede Narbe steht für eine Wunde. Ich habe die Schmerzen in einer destruktiven Weise verarbeitet. Jetzt muss ich lernen, die Gefühle in einer normalen und gesunden Weise auszulassen. Es ist schwierig, aber so ist es eben. Die Selbstverletzung wurde schlimmer und schlimmer und die Ärzte haben mich gewarnt, dass es irgendwann im Tod enden kann. So ist meine Realität. Aber ich bin dankbar für die guten Sachen, die ich im Leben habe. Wenn ich gesund bin, werde ich jeden Tag leben. Ich habe es schon oft gesagt und ich weiß nicht, warum ich es ständig wiederhole, aber es ist mir eben sehr wichtig. Ich muss dankbar für die guten Dinge in meinem Leben sein. Ich muss meinen Körper auf Emotionen reagieren lassen, egal, was die Menschen davon halten. Es ist wichtig, dass ich für ein gutes Leben kämpfe. Ich habe nur ein Leben, also soll es auch gut werden!

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