Sonntag, 28. Juni 2015

Die glamouröse Welt der Essstörung

Oft werden Essstörungen als etwas glamouröses dargestellt, aber wie toll ist so eine Essstörung eigentlich? Wer möchte so ein Leben führen wie ich das tue? Ist es das wert, um einfach nur am dünnsten zu sein? Ich kann euch versprechen, dass es nichts schönes oder tolles ist und auch kein Zeichen von Willensstärke, eine Essstörung zu haben.
Man verliert alles. Stattdessen ist man jede Sekunde damit beschäftigt, über das Essen nachzudenken, das der Körper haben will. Man plant ständig, was man isst, wie viel man isst, wie man das durch Sport wieder ausgleicht. Während der Körper hungert und am liebsten alles haben möchte. Man sagt Mädelsabenden ab, da dort gegessen wird. Man lügt seine Familie an, um nach dem Essen heimlich im Badezimmer zu verschwinden. Die Bankkarte wird gesperrt, weil man viel zu viel Geld für Fressanfälle ausgibt. Man ist erschöpft und kollabiert, nachdem man Stunde für Stunde gefressen und anschließend gekotzt hat. Den ganzen Tag verbringt man auf dem Klo, weil man Abführmittel genommen hat, weil man sich so voll fühlt. Man ist so untergewichtig, dass der Kopf einen davon überzeugt, dass das Essen dennoch gefährlich ist. Man ist so unterernährt, dass man zwangsernährt werden muss und nicht aufstehen darf. Man verbringt Jahre im Krankenhaus, in Kliniken, bei Ärzten. Man verpasst die wichtigen Dinge, weil man zu sehr mit der Krankheit beschäftigt ist. Man gibt Dinge auf, die man geliebt hat. Weil die Krankheit immer an erster Stelle steht.
Ich könnte noch mehr aufzählen, aber das sind so ein paar Dinge, die einen mit einer Essstörung begleiten. Das sind die Dinge, die man mit einer Essstörung hat. Der Weg zur Genesung, recovery, ist noch eine ganz andere Sache. Der Weg zurück in ein gesundes Leben erstreckt sich über Jahre. Auf dem Weg zurück begegnet man Dingen, vor denen man abhauen wollte, man setzt sich Dingen aus, die man vergessen wollte, man erlebt eine Angst und hat das Gefühl, durch die Hölle zu gehen. Die Blase, in der man Jahre verbracht hat, platzt und man wagt sich in die Realität. Der Weg zurück bedeutet loslassen. Der Weg zurück bedeutet in sich selbst vertrauen und ein Leben ohne die Krankheit zu entwickeln. Wieder ganz werden.

Ich musste diese paar Zeilen schreiben, nachdem ich oft von jungen Mädchen gelesen habe, die eine Essstörung anstreben. Ihr strebt eine Hölle an, bitte begebt euch nicht auf diesen tödlichen Pfad, sondern sucht euch Hilfe und nehmt Hilfe an, solange es noch geht. Eine Essstörung ist die Hölle und zerstört euer ganzes Leben. Ihr schadet eurem Körper für immer, auch, wenn ihr wieder gesund seid. Ich habe mir immer Kinder gewünscht, aber um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, ob ich körperlich jemals Kinder haben kann, weil ich meinem Körper so geschadet habe.

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