Sonntag, 23. März 2014

Das Leben ist ein Geschenk - pass gut auf es auf

Ich sitze gerade in meinem Bett in der Klinik O und höre Musik. Sie lässt mich an all das zurückblicken, was ich erlebt habe. Ich bin jetzt soweit, dass ich stark genug bin, um an Vergangenes zu denken, ein wenig darüber zu weinen, zu schmunzeln und einfach nur an gewisse Dinge zu denken. Durch meine Krankheiten habe ich viel gelernt. Ich habe gelernt, dass man selbst der Boss in seinem Leben ist und dass man selbst Entscheidungen treffen muss, die das Leben bestimmen. Ich war in vielen Kliniken und habe viele Menschen getroffen, die mir helfen wollten, aber das nicht konnten, weil letztlich ich es bin, die verantwortlich für ihre Handlungen ist. Die Konsequenzen, die daraus entstehen, sind nicht nur für mich bedeutend, sondern auch für alle um mich herum. Ich habe viele Leute verloren, viel Vertrauen verloren, viele Chancen vergeben. Ich habe Freunde verloren und meinen Freund. Es ist schlimm genug, Vertrauen und Liebe zu verlieren. Das ist etwas, was wir Menschen so nötig brauchen. Wir müssen wissen, dass wir Leute um uns haben, die sich um uns sorgen. Wir brauchen Liebe und Fürsorge und müssen wissen, dass wir geliebt werden. Wir brauchen Unterstützung von anderen. Wir wissen, dass wir die Verantwortung haben, das Vertrauen nicht zu brechen. Das habe ich leider bei vielen gemacht und das tut mir leid. Ich habe da versagt. Ich weiß nicht genau warum. Ich möchte denken, dass es ein Teil meiner Krankheit ist, aber habe Angst, dass es ein Teil von mir selbst ist.

Ich höre gerade ein trauriges Lied mit viel Schmerz im Songtext, aber hauptsächlich ist es eine Entschuldigung an meine Lieben, meine Freunde und an die Welt. Es tut mir so schrecklich leid, was für Schmerzen durch meine Krankheit kam. Ich bin in meiner Blase, ich bin weg und das tut mir so leid. Es tut mir für alle um mich herum leid, aber auch für mich selbst. Kann ich mir je vergeben? Es ist gut, dass ich ein wenig meine Blase verlassen kann und zuhören kann. Ich spreche über mich selbst und ich höre anderen zu, weil ich mich sicher fühle und gute Hilfe bekomme. Es ist gut, den Schmerz rauslassen zu können und mich nicht selbstzuverletzen, weil es so weh tut, den Schmerz in mir zu behalten. Es gibt so viele Fragen, auf die ich Antworten suche, und endlich bekomme ich ein paar dieser Antworten. Meine Mutter fragt mich schon lange, ob ich nicht gespannt darauf bin, was das Leben zu bieten hat. Was in mir ist und was ich kann. Die Antwort darauf war lange nein. Aber endlich denke ich, dass es schön ist zu reden, zuzuhören und zu diskutieren. Es ist spannend, mich zu öffnen und mich und meine Persönlichkeit kennenzulernen. Ich fange an, meine Talente einzusetzen. Ich singe und spiele Gitarre für andere Patienten in der Klinik. Ich male, schreibe Gedichte und mache ein wenig was für die Schule. Ich lerne. Ich sauge alles in mich auf und bin hungrig nach dem Leben. Es fehtl nur noch, dass ich aufstehe und tatsächlich körperlich aktiv bin. Aber ich weiß auch, dass mein Körper nach allem ziemlich erschöpft ist und ich das so akzeptieren muss. Auch wenn ich gerne mal einen Marathon laufen würde, kann ich das nicht. Aber irgendwann.
Mein Ziel ist es jetzt, mit der Schule wieder zu beginnen und diese auch zu beenden. Ich bin sehr an der Onkologie, an Krebs, interessiert und habe viele Bücher darüber gelesen. Wenn ich mit meiner Ausbildung/Studium fertig bin, möchte ich mit Krebspatienten arbeiten. Ich weiß nicht, wie die Krankheit genau für sie ist, aber ich glaube, es verändert sie auch irgendwie. Wenn man eine schwere Krankheit hat, sieht man die Dinge ein wenig anders.. Man sieht die kleinen Schätze. Ich bewundere sie für ihre Kämpfe, für ihren Mut, ihr Durchhaltevermögen. Viele können geheilt werden, leider nicht alle, aber sie hinterlassen alle ihre Spuren.
Niemand weiß so wirklich, worauf es im Leben ankommt. Aber wir haben dieses Geschenk und bekommen es nur einmal. Man weiß nie, wann es endet, also sollten wir immer unser Leben leben und gut auf dieses Geschenk aufpassen.

Freitag, 14. März 2014

Wieder essen

Hey,
gestern war ziemlich anstrengend. Weil ich nichts gegessen habe und die letzten Tage auch kaum was zu mir genommen habe, geht es mir nicht so gut. Alles wird zu einer lästigen Aufgabe. Meine Therapeutin kam zu mir und meinte, dass es so nicht weitergehen könne. Wenn ich wieder zu sehr abnehme, kann ich hier keine Therapie erhalten. Man muss nicht groß sagen, was zu tun ist - ich muss wieder essen. Gestern habe ich mich hingesetzt und einen Einkaufszettel geschrieben. Gleich gehen wir einkaufen. Gleich geht es los. Ich habe Angst. Angst davor, wie der Körper, der Kopf und die Krankheit reagiert. Mehr essen bedeutet mehr weinen, aber vielleicht muss das einfach sein. Ich habe so viele Tränen, die ich rauslassen muss, vielleicht wird das gut. Hart, aber gut. Ich habe es schonmal gemacht, also kann ich es wieder.
Ich merke aber, wie schnell man wieder in der Anorexie drin ist. Eine Woche ohne Nahrung und der Kopf wird total hysterisch, sobald ich Lebensmittel nur anschaue. Wenn der Körper ohne Nahrung ist, bin ich ohne Emotionen. Aber ich werde es tun. Kein Aufschieben mehr.

Mittwoch, 12. März 2014

Klinik O und Dissoziation

Jetzt ist es schon wieder eine ganze Zeit her, dass ich was vernünftiges geschrieben habe. In den letzten Wochen ist wieder einmal vier passiert. Ich bin jetzt wieder in der Klinik, in der ich öfters bin (nennen wir sie einfach mal Klinik O) und das ist gut so. Die haben mich noch nicht aufgegeben. Ich fühle mich oft wie ein hoffnungsloser Fall, aber gerade habe ich ein wenig Hoffnung. Ich bekomme hier gute Hilfe und fühle mich selbstbewusster. Ich werde quasi rund um die Uhr bewacht, was verschiedene Gründe hat. Hauptsächlich geht es darum, mich vor mir selbst zu schützen. Ich hatte und habe starke Phasen, in denen ich oft dissoziiere und dann ist es gefährlich für mich, wenn ich alleine bin.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich das hier teilen soll, aber gleichzeitig möchte ich, dass meine Situation verstanden wird.
Wenn ich dissoziiere, wende ich mich drei verschiedenen Persönlichkeiten zu, die verschiedene Traumata durchlebt haben. Dadurch, dass ich dissoziiere, lege ich einen Deckel auf meine Emotionen. Ich verschließe sie und mein Kopf schaltet komplett aus. Wenn ich 'gehe', dann bin ich entweder ein fünfjähriges Mädchen. Ich habe Angst und bin ganz ruhig, aber total verängstigt. Wenn das Krankenhauspersonal schnell ist, können sie mich beruhigen und es ist okay. Meine zweite Persönlichkeit ist elf Jahre alt und hat etwas traumatisches erlebt. In diesem Zustand ist es sehr gefährlich, weil ich den gleichen Schmerz erfahre wie damals und mein Körper genau so darauf reagiert. Ich will den Schmerz attackieren. Das tue ich auch und spüre dabei keinen Schmerz. Wenn ich alleine bin, weiß ich nicht, wann aufzuhören ist, deshalb ist es sehr gefährlich. Die dritte Persönlichkeit ist sehr wütend. Ich denke, dass sie ein Resultat von allem Unterdrückten der Jahre ist. Mein Körper ist sehr gestresst und ich habe Angst, dass ich dissoziiere. Das Personal versucht mir zu helfen, mir zur sagen, wer ich bin, wie alt ich bin und dass ich in Sicherheit bin. Die Dissoziationen können ein paar Stunden andauern, aber meistens werde ich bewusstlos oder habe einen epileptischen Anfall. Diese Anfälle sind nicht sehr gefährlich, solang das Personal dabei ist und aufpasst, dass ich mich nicht durch umstehende Gegenstände verletze und normal atme. Oft ist der Körper so in Rage, dass ich sehr stockend atme.
Mir ist es sehr unangenehm, darüber zu schreiben, weil es etwas ist, über das ich keinerlei Kontrolle habe.

Die letzten Monate waren sehr anstrengend, sowohl für mich als auch für meine Familie. Meine Mutter hat erlebt, dass ich vom Krankenhaus nach Hause durfte, aber dann ist etwas passiert und ich bin wieder im Krankenhaus gelandet. In den letzten Wochen war mein Zustand sehr ernst, weil es schwierig für mich ist, die Dinge zu kontrollieren, mit denen ich zu kämpfen habe. Aber ich glaube, es beruhigt sich jetzt so langsam wieder alles.

Ich werde müde. Mein Körper ist erschöpft von all den Behandlungen und Dingen, die passieren. Mein Kopf ist erschöpft von all den Dingen, die in mir und um mich herum geschehen. Aber ich habe nicht aufgegeben, das werde ich nicht. Ich weiß, was ich will. Auch, wenn ich viel verloren habe, habe ich nicht meine Träume verloren. Ich möchte immer noch Ärztin werden und diesen Traum gebe ich nicht auf. Meine Träume sind meine Motivation, aber ich merke auch, dass es schwierig ist, Sachen zu machen, z.B. zu essen. Zuvor habe ich die Selbstverletzung benutzt, um meine Emotionen rauszulassen, aber dazu habe ich jetzt keine Möglichkeit mehr, weil ich so überwacht werde. Also suche ich andere Dinge. Ich versuche meine Emotionen dadurch zu kontrollieren, dass ich nicht esse. Ich muss das wirklich in den Griff kriegen, ich habe jetzt eine Woche gehungert. Ich muss auf meinen Körper hören und eine Entscheidung treffen. Die Ärzte haben gesagt, dass mein Körper einen untergewichtigen Körper nicht länger ertragen kann. Egal, wie schwer es ist, ich muss etwas verändern, bevor es zu spät ist. Ich werde fast jeden Tag ohnmächtig und muss etwas ändern.

Ansonsten kann ich nur sagen, dass ich dankbar dafür bin, dass mich die Klinik O nicht aufgegeben hat und dass mich meine Familie nicht aufgegeben hat. Beim letzten Mal in der Klinik O habe ich gute Hilfe erhalten und die bekomme ich jetzt auch. Das Gewicht wird mir von den Schultern genommen und ich kann entspannen. Die Krankheit ist schlimm, aber ich kann daran arbeiten. Ich weiß, dass es jeden Tag besser werden kann. Ich habe für andere Patienten hier gesungen und das war sehr schön. Ihnen hat es gefallen und es war schön, ihnen etwas geben zu können. Ich möchte gesund werden und anderen Menschen helfen.

Dienstag, 11. März 2014

Warum müssen wir erst ganz unten angelangen, dem Tod sehr nahe stehen oder eine geliebte Person verlieren, bevor wir die schönen Dinge sehen können? Warum ist es so schwierig, einer Person zu sagen, dass wir sie gern haben und sie dann umarmen? Wir sollten das Leben lieben, seine Schätze lieben und die Menschen um uns herum lieben. Ich bin jedes Jahr dankbar dafür, wenn der Frühling kommt und die Welt wieder zum Leben erweckt wird. Blumen fangen an zu blühen, Schmetterlinge tanzen durch die Luft, Vögel singen ihre Lieder. Ich bin dankbar, dass ich meine Familie habe, die ich über alles liebe. Ich bin dankbar für die Hilfe, die ich seit nunmehr zehn Jahren bekomme. Ich möchte entspannen, die Augen öffnen und die Welt wieder sehen. Darauf freue ich mich sehr. Es gibt so viele Möglichkeiten da draußen. Ein Tag nach dem anderen, wobei ich jeden Tag versuche zu leben. Gestern habe ich meine Gitarre genommen, mich in den Gemeinschaftsraum gesetzt und ein wenig gespielt und gesungen. Ein paar Patienten und Pfleger haben sich dazu gesetzt und zugehört. Es schien ihnen gefallen zu haben. Und das war sehr schön, ihnen etwas geben zu können. Ich mache anderen gerne eine Freude und helfe anderen gerne. Und eines Tages werde ich eine Ärztin sein und anderen Menschen helfen. Damit werde ich mir einen großen Traum erfüllen. In der Zwischenzeit kämpfe ich um mein Leben und versuche so viel zu leben, wie ich kann.

Dienstag, 18. Februar 2014

Enttäuschung

Mir geht es gerade nicht so gut. Ich dachte, es würde jetzt alles okay sein und ich würde die passende Hilfe bekommen. Aber dann wurde ich zur A3 hinzugefügt (Abteilung 3), wo ich fast fünf Monate verbracht habe und ständig fixiert wurde (also wortwörlich ans Bett gefesselt). Ich könnte viel über die Behandlungsmethoden sagen, aber das werde ich nicht. Ich dachte, ich müsste nie wieder an diesen Ort zurück. Erinnerungen sind hier, ich habe Angst und fühle mich sehr unsicher.
Mir wurde gesagt, ich würde jetzt die richtige Hilfe bekommen, die passende Hilfe für meine Probleme, und dann passiert das. Ich bin so enttäuscht und verwirrt, dass ich keine Ahnung habe, was jetzt passiert. Neun Jahre Behandlung und nie die richtige. Vielleicht war die Behandlung vor einem Jahr nicht verkehrt, wo ich wenigstens wie ein Mensch behandelt wurde. Ich habe mich sicher gefühlt und das hat auch zur Therapie beigetragen. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass man sich in der Klinik sicher fühlst. Ansonsten ist man verloren.
Ich habe es satt, krank zu sein, und ich weiß, dass ich mein Leben in die Hand nehmen muss, um gesund zu werden. Um ehrlich zu sein weiß ich nicht, was ich machen soll. Ich weiß nicht, wie man normal auf Emotionen und Gedanken reagiert. Ich habe mit Impulsivität zu kämpfen und reagiere häufig auf Gedanken. Das ist nicht etwas, was ich machen möchte. Aber ich weiß auch nicht, wie ich da rauskomme. Ich weiß nur, dass ich es nicht mehr möchte. Ich kann dieses Leben nicht mehr aushalten. Ich will doch einfach nur die Schule beenden und eine Ausbildung beginnen. Ich möchte gesunde Gedanken - keine destruktiven Gedanken. Es ist frustrierend, ständig schwarz zu sehen.

Samstag, 15. Februar 2014

Gerade sitze ich auf dem Sofa im Gemeinschaftsraum vom Krankenhaus. Es ist die vorletzte Nacht hier und ich bin jetzt seit zwei Wochen hier. Ich glaube, ich muss ein wenig die gute Arbeit hier loben. Die Ärzte und Schwestern haben wirklich gute Arbeit geleistet und zum ersten Mal habe ich mich wirklich sicher gefühlt. Es war gut, weil ich mich erholen konnte und kein Chaos in meinem Kopf war. Kein emotionaler Zusammenbruch, einfach nur ausruhen.

Am Montag werde ich weiterreisen. Ich gehe in eine Klinik, die ich schon kenne, aber auf eine andere Station. Das ist eine Erleichterung für mich, aber genau will ich nicht drauf eingehen.

Heute habe ich - wiedermal - über mein Leben nachgedacht. Mit elf wurde ich krank, aber ich hatte dennoch ein Leben. Ich hatte Freude in meinem Herzen. 2009 und 2010 war ich hauptsächlich zuhause. Ich hatte zwei tolle Jahre. Hatte super Noten in der Schule, bin auf Partys gegangen, hatte viele Freunde, einen Freund, meine Familie. Ich bin total aufgeblüht. Ich hatte etwas, für das es sich aufzustehen lohnte; habe gelebt, auch wenn ich mit der Bulimie zu kämpfen hatte. Ich habe mein Leben gelebt und war glücklich. Jetzt habe ich nichts. Ich sehe, dass die Krankheit mir alles genommen hat. Alles, was mir bleibt, ist meine Familie. Für die ich unglaublich dankbar bin, weil ich sie manchmal auch fast verloren hätte. Ich habe meinen wundervollen Freund verloren, den ich über alles geliebt habe. Ich gehe nicht mehr mit Freunden raus, ich bin einfach allein. Ich habe eine soziale Angststörung, weshalb viele Aktivitäten anstrengend und zur Last werden und ich sie gar nicht erst angehen möchte. Viele Kliniken nehmen mich nicht an, weil ich starke Selbstverletzung habe und sie das nicht behandeln. Ich werde nach Hause geschickt und rutsche wieder in einen zerstörerischen Teufelskreis, wo alles Negative sich immer und immer wieder wiederholt. Ich verliere so langsam den Mut und werde müde. Mir tut alles so schrecklich leid und es macht mich traurig, dass ich so viel verpasst habe und kein normales Erwachsenenleben habe. Ich bin ein gewöhnlicher Mensch und irgendwann hört das Leben auf, ich kann nicht ewig so zerstörerisch sein. Ich vermisse das Mädchen, das ich einmal war. So energisch, glücklich, hoffnungsvoll, offen, mit einem starken Willen und einer großen Sturheit. Ich hatte alles in meinem Leben. War gesund. Was dann passiert ist? Frag ich mich auch oft. Und manchmal merke ich, dass die Schuld nicht nur bei mir liegt. Es gab Menschen in meinem Leben, die mich Grausamkeiten und Missbräuchen ausgesetzt haben, die kein Mensch erfahren sollte. Diese Erfahrungen haben mich ruiniert. Hat all das Leben aus mir gesogen. Und eine schreckliche und tödliche Krankheit kam in meinen Körper. Sie könne mich glücklich machen, flüsterte sie. Sie erzählte mir Lügen und brachte mich dazu, ihnen zu glauben. Es waren meine Wahrheiten und kein anderer sollte diese kennen. Jeglicher Verstand war nicht da, ich war in meiner Seifenblase. In der ich seit neuen Jahren bin. Ich versuche, sie zu verlassen. Ich versuche so stark, um Hilfe zu bitten, dass mir andere Leute die echten Wahrheiten in mich prügeln, aber ich falle in die Krankheit zurück, immer wieder.

Das ist so erschöpfend, weil ich einfach nur normal sein will. Ich will einfach nur mein Leben leben. Ich möchte reisen, die Kontinente entdecken, ich möchte in eine andere Stadt ziehen und studieren, meinen Traum erfüllen. Aber ich falle in alte Muster zurück und bleibe in meiner Seifenblase.
Meine Krankheit besteht aus so viel Scham - die Essstörung. Es ist schwierig, darüber zu schreiben. Es fing mit Anorexie an, dann Bulimie und jetzt ist es... ein Misch aus Anorexie, Bulimie und zwanghaftem Fressen. An manchen Tagen hungere ich. An manchen übergebe ich mich. Und an manchen kann ich nicht aufhören zu essen und stopfe mir eine Sache nach der anderen in den Mund. Ich habe ein gesundes Gewicht und das ist unglaublich schwierig und schrecklich. Ich bin das nicht gewohnt und ich verstecke mich unter lockeren Klamotten und gehe nicht raus. Ich habe so Angst, mich zu zeigen. Ich habe Angst, dass Leute mich verurteilen und mich schwach finden, weil ich so viel esse.
Ich weiß, das klingt total komisch und bescheuert. Ich habe so Angst und bin so erschöpft. Warum kann ich nicht normal essen, es in mir behalten, und nicht zig Süßigkeiten in mich stopfen, weil ich einmal angefangen habe. Wenn ich morgens esse, dann muss ich mehr essen. Eis, Süßigkeiten, Kekse. Egal, was ich esse, es muss immer sowas folgen. Ich will nicht so viel darüber schreiben, weil ich es selbst nicht verstehe und es mir unglaublich peinlich ist.

Und jetzt genug. Ich bin müde und habe Angst vor der Zukunft. Ich kann jetzt noch nicht schlafen, aber werde jetzt so langsam in mein Zimmer gehen. Habt einen schönen Sonntag.

Mittwoch, 12. Februar 2014

On the road again

Ich weiß, ich hab mich schon länger nicht mehr gemeldet, tut mir leid. Es ist wieder viel passiert, mein Internet hat gesponnen oder ich war nicht in der Lage, ins Internet gehen zu können. Vor zwei-drei Wochen war ich so demotiviert, dass ich keine Ahnung hatte, wie es weitergehen würde. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das Leben je gut werden würde. Ich hatte keine Hoffnung und keinen Glauben an ein gesundes Leben. Ich wusste, dass der Weg zur Gesundheit uneben und hart werden würde, aber dass die Dinge SO hart werden...?
Seit einem Jahr befinde ich mich in einem negativen Kreis, in dem sich alles irgendwie gegen mich wendet. Ich mache einen Schritt nach vorne und drei wieder zurück. Das war nicht nur für mich deprimierend, sondern auch für meine Familie. Wann kommt endlich das berühmte Licht am Ende des Tunnels? Die letzten sechs Jahre bin ich immer zwischen meiner Klinik hin und her getingelt und die Dinge wurde immer nur schlechter, ohne dass ich genauer darauf eingehen möchte. Hauptsächlich funktioniert das Programm in der Klinik für mich nicht. Ihre Therapieformen sind für mich sehr schrecklich und nicht geeignet und zum Glück hat meine Familie das auch gesehen. Sie haben nicht darauf bestanden, dass ich dorthin gehe, auch wenn es der einzige Ort war, an dem ich vor meiner Krankheit beschützt werden konnte. Diese Klinik war quasi der letzte Ausweg. Für sie ging es nur darum, mich am Leben zu halten, aber auch ich habe Gefühle. Meine Zeit dort fand ich immer sehr traumatisierend. Ich fühlte mich wie ein Tier, das einfach nur eingesperrt wurde und nach dem immer wieder geschaut wurde, ob es noch lebt. Hier und da gefüttert, egal wie, auch unter Zwang, Medikamente gegeben, und wieder weggesperrt. Also habe ich mich entlassen, immer und immer wieder. Aber Zuhause war es auch nicht gut. Die Krankheit war in mir und war präsent, egal was ich getan hab. Letztlich habe ich darauf reagiert und nach destruktiven Handlungsweisen gehandelt. Ich hatte keine Wahl, so fühlte es sich jedenfalls an. Ich weiß, dass ich immer eine Wahl habe, aber mit dieser Krankheit fühlt es sich anders an. Alles reagiert auf Impulse. Ich reagiere impulsiv, destruktiv, und das fühlt sich richtig an. Ziemlich komisch, aber so ist es eben.

Jetzt gerade liege ich im Krankenhaus und warte darauf, dass sich mein Körper erholt, damit ich eine neue Therapie beginnen kann. Schule ist erstmal nicht möglich. Ich werde bald in eine ganz andere Klinik gehen, die etwas von Zuhause entfernt ist. Aber vielleicht ist der Abstand, die Distanz, auch gut. Ich bin jedenfalls sehr gespannt. Viel passiert gerade und meine Diagnosen und Therapien werden besprochen.
Es ist so unglaublich wichtig, dass ich mitarbeite. Wenn wir das mal mit dem Autofahren vergleichen... Wenn mir gesagt wird, dass ich an der Kreuzung rechts abbiegen muss, dann kann ich nicht nach links oder gerade aus fahren. Wenn ich anhalten soll oder langsamer fahren soll, dann kann ich nicht beschleunigen. Das hab ich in den letzten Jahren häufig so gemacht. Das ist mein Problem. Ich mache das Gegenteil von dem, was mir gesagt wird. Dann fühle ich mich in Kontrolle. Ich weiß nicht warum, ich weiß nur, dass ich machen muss, was mir gesagt wird, auch wenn es sich falsch anfühlt.

Ich hoffe jedenfalls, dass ich bald die richtige Hilfe bekommen werde. Ich bin gespannt, was auf mich wartet und wie die Therapie aussehen wird.
Und damit beende ich mein kleines Update aus meiner Welt.