Dienstag, 1. November 2016

Ein Boot in unbekannten Gewässern

Ich habe in meinem Leben schon viel aufgegeben und für meine Fehler teuer bezahlt. Durch die gerade abgeschlossene Therapie ist mir das alles bewusst geworden. Die Bewusstheit kann ein Vorteil sein, weil ich jetzt besser arbeiten kann. Aber die meiste Zeit tut es einfach nur weh. Ich bin mir bewusst, was ich alles verpasst habe, was ich aufgegeben habe und warum die Dinge so sind, wie sie sind. Ich bin mir bewusst, warum ich Dinge tue und warum ich sie nicht tue. Ich bin mir bewusst, was vor mir liegt und dass vor allem schwierige Entscheidungen vor mir liegen.
Manchmal wünschte ich mir, diese Bewusstheit nicht zu haben. Die Dinge waren auch früher nicht einfach, aber da war ich einfach so betäubt, dass ich es nicht mitbekommen habe und selbstbewusster war.
Jetzt ist mir alles schmerzhaft bewusst. Auch wenn ich stärker bin und besser mit allem umgehen kann, sind die Herausforderungen schwieriger, weil ich mir darüber im Klaren bin und alles fühle.
Jetzt, wo alles in meinem Leben neu und unbekannt ist, habe ich das Gefühl, mich noch nie sicher gefühlt zu haben. Und es tut weh, sich so unsicher und ängstlich zu fühlen.
Meine Vergangenheit macht mir zu schaffen. Sie jagt mich, wenn ich schlafe oder wach bin. Und das macht mir Angst. Ich habe Angst.
Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass ich nicht zerbrochen bin. Ich toleriere es. Auch wenn es schmerzhaft und schwierig ist und mich einsam fühlen lässt.
Ich habe viel Zeit für mich und brauche diese Zeit auch. Ich fühle viel von den Emotionen, die ich jahrelang unterdrückt habe, und habe das Gefühl, dass sie mich wie eine Flutwelle überraschen. Ich sitze ruhig im Boot und warte auf die Wellen. Manchmal ist das alles, was man machen kann. Innehalten. Nichts tun. Nicht reagieren.
Gleichzeitig ist es aber auch unglaublich unsicher und schmerzhaft, ganz ruhig in einem Boot in unbekannten Gewässern zu treiben. Ganz alleine, ohne Anker. Und momentan ist es sehr neblig. Ich weiß nicht, welche Ziele ich habe oder was mich erwartet, aber ich bin bereit, ganz ruhig in meinem Boot sitzen zu bleiben.

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