Dienstag, 26. Juni 2012

Die Entscheidung ist gefallen

Ja, ihr werdet jetzt sicher gespannt sein.
Die Entscheidung war nicht einfach, aber meine Mutter meinte "Diese Entscheidung ist die beste, die du je getroffen hast". Die richtige Basis für das, was ich im Leben haben möchte und was für meine Gesundheit das Beste ist. Ich werde mit der Therapie weiter machen.
Die Entscheidung ist getroffen und eine große Last ist von mir gefallen, auch wenn ich weiß, dass jetzt ein schwieriger Kampf auf mich wartet. Ich bin erschöpft anch einer langen Woche und wenn ich darauf zurück blicke, dann finde ich einen anderen Grund, wieder in die Klinik zu gehen. Ich habe derzeit kein Leben, aber ich möchte eins.

Ich muss mich an den Therapieplan halten. Das wird unglaublich schwierig, aber es ist die einzige Art, das Leben zu bekommen, das ich möchte.

Wünscht mir Glück. Dieses Mal nehme ich einen blauen Rucksack mit in die Klinik. Das letzte Mal war es ein roter Rucksack. Der kann verbrannt werden, weil er Unglück bringt, glaube ich.

Montag, 25. Juni 2012

Leben oder sterben?

Ist es nicht komisch?
Eine teuflische Stimme in mir weint und schreit so laut. Kein Schmerz ist so schmerzhaft wie Verweigerung. Wenn ich den Schmerz nicht ertrage, dann muss ich ihn in einer anderen Weise ersetzen. Dafür hab ich so viele Methoden. Die bezeichne ich gerne als Ventile. Einige davon sind krank, manche wenige sind ungefährlich. Die kranken und gefährlichen sind sicher und bekannt, sie sind normalerweise die einfachsten und die, die am wenigsten schmerzvoll sind. Die neuen sind so unbekannt, sodass es schwer ist, diesen Weg zu gehen. Das ist so, als würde man einen neuen Pfad in einem dich bewachsenen Wald einschlagen. Oder in einem offenen Wasser zu schwimmen, auf der Suche nach dem Land.

Die laute Stimme, die in mir schreit. Es ist so schwierig, das Land zu sehen, den richtigen Pfad zu wählen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Alles ist so unsicher, also bleibe ich beim sicheren und bekannten. Die sind wenigstens nicht so schmerzvoll. Dennoch weiß ich, dass es nicht richtig ist und das schmerzt. Ich folge der Krankheit, während ich auf der anderen Seite gesunde Sachen sehe. Was werde ich tun? Ich möchte den Schmerz vermeiden. Ich möchte loslassen und den neuen Pfad erkunden. Ich möchte es, aber irgendetwas in mir drin ist stärker als ich.

Ist es nicht komisch? Das kleine Mädchen, das ich einst war, ist noch immer voller Wunden. Die inneren Wunden sind nun Symptome: Anorexie, Bulimie, und ein erschöpfter Körper voller Narben und Wunden. Ich war einmal ein unschuldiges kleines Mädchen. Ich war frei. Und das ist so weit weg. Ich fühle mich zerstört. Wenn ich jemals gesund sein werde, muss ich alles loslassen. Ich muss mir für die Narben verzeihen, für meine Krankheiten, für die Geschichten, ich mus loslassen. Ich muss mich gesund werden lassen. Auch wenn die Narben nie komplett heilen werden, ich muss loslassen und dafür sorgen, dass die Narben mich und mein Leben nicht beeinflussen. Ich kann entscheiden, dass mein Leben mit guten Dingen gefüllt wird. Solche Dinge sind wichtig. Liebe, Erfahrungen, Werte, Eingenschaften, Menschen. So viele gute Dinge im Leben. Das Leben ist zu kurz um miserabel zu sein. Das Leben will gelebt werden. Vielleicht versuche ich, wieder das kleine Mädchen zu werden, das ich einst war. Lasse meine Wunden los und lasse mich frei sind. Von vorn anfangen.

Ich muss es ganz wollen. Ich muss leben wollen. Mir wurde gesagt, dass ich auf einem Messer balanciere - auf der einen Seite das Leben, auf der anderen Seite der Tod. Werde ich leben oder sterben? Es ist einfach. Ich will leben und ich muss täglich das Leben wählen. Ich muss mir die Tage verdienen. Wenn ich nach meiner Krankheit lebe, dann gehe ich langsam aber sicher auf den Tod zu. Das tut unglaublich weh, darüber nachzudenken. Das bekannte und sichere ist ein Weg, den ich nicht länger gehen kann. Ich werde nicht länger von Ärzten gezwungen, ich muss mich selber zwingen.


Bin ich stark genug? Ich weine. Muss Entscheidungen treffen, ganz bald.

Ich kann nicht mehr. Sechs von acht Jahren meiner Krankheit habe ich in Krankenhäusern verbracht. Jetzt bin ich zuhause und muss mich zwingen, zu essen, es drin zu behalten. Es ist schwierig.

Freitag, 22. Juni 2012

In Gedanken versunken

Ich denke viel nach, über meine Zukunft und wie es mit der Therapie weiter gehen soll. Es war noch nie so schwierig. Es liegt ejtzt völlig an mir. Ich muss mich entscheiden, ob ich mit meiner Behandlung weitermachen will oder ob ich sie abbrechen möchte.
Ich gehe weiter zur Therapie. Dafür muss ich ein paar Dinge ändern. Ich muss zunehmen und jeden Tag kämpfen. Dann komme ich in Phase 2 und ich kann mir einen Traum erfüllen - eine eigene Wohnung.
Ich bin jetzt ganz alleine und mehr oder weniger auf mich alleine gestellt, was meine Krankheit betrifft. In den letzten Tagen habe ich erfahren, dass das unglaublich schwer ist. Wenn ich nicht zur Therapie gehe, dann muss ich in eine betreute Wohngruppe. Das möchte ich nicht. Dennoch ist die Entscheidung so schwierig zu treffen, weil ich so ambivalent bin. Es ist so schön, zuhause zu sein und ich freue mich auf ein paar Events. Aber dennoch ist es nicht das, was ich möchte. Die Entscheidung ist so schwierig. Wer entscheidet darüber? Wie entscheide ich mich? Ich hoffe, dass es einfacher wird, sobald ich eine Entscheidung getroffen habe.

Und noch eine Anmerkung zu dem "netten" Kommentar einer unbekannten Person: Ich soll zwischen der Essstörung und mir strikt trennen, damit ich lernen kann, auf mich zu hören und nicht auf meine Krankheit. Die Dinge, die ich wegen meiner Krankheiten tue, sind nicht die Dinge, die ich, Kisa, tun würde. Und um rational und gesund denken zu können, soll ich zwischen mir und der Essstörung trennen. Ich bin nicht meine Essstörung. Deshalb differenziere ich ganz stark zwischen ES und Rationalität - oder ich versuche es wenigstens. Wenn du das nicht verstehen kannst, dann ist das okay. Ich glaube, man kann es nicht verstehen, wenn man nicht selber mit einer Krankheit lebt. Aber ich würde dich bitten, mich deshalb nicht zu beleidigen oder als schizophren zu bezeichnen. Schizophrenität ist eine andere Krankheit, über die man keine Witze machen sollte. Und nein, ich bin nicht schizophren. 

Mittwoch, 20. Juni 2012

Endlich daheim

Als ich endlich zuhause war, in meinem Bett... ihr könnt es euch vorstellen. Es war aber auch etwas gruselig. Jetzt muss ich auf meinen eigenen Beinen stehen. Ich bin in meinem eigenen Zimmer und kann es füllen, wie ich mag. Ich kann es mit mir und Frische füllen, oder ich kann in alte Muster fallen und das Zimmer mit meiner Krankheit füllen. Gerade ist es nur die Frische. Die Krankheit schreit laut und ist präsent in meinem Kopf, aber die Freude, zuhause zu sein, ist so groß, dass ich mich auf die schönen Sachen konzentirere. Das soll ich doch, oder?
Es ist aber auch etwas komisch, wieder zuhause zu sein. 1,5 Jahre war ich nicht zuhause und ich fühle mich noch etwas wie ein Besucher. Ich hoffe, dass ich bald ankomme. Das wird sich hoffentlich etwas bessern, wenn ich meine Sachen auspacke und mein Zimmer aufräume. Mein Vater und ich waren gestern einkaufen, u.a. bei Ikea für Möbel. Jetzt wird mein Zimmer ganz neu gemacht. Ich muss mich einfach entspannen und nicht alles auf einmal machen. Ich muss nach Hause kommen und akzeptieren, dass nicht alles auf einmal gut aussehen wird. Mein Zimmer wird mein erstes Projekt sein. Ich muss mich darauf konzentrieren und das ist gut. Ich muss geduldig sein und akzeptieren, dass es Zeit braucht, ein Zimmer einzurichten.

Ich wohne bei meinem Vater, aber auf dem Weg nach Hause haben wir bei meiner Mutter gestoppt und ich konnte sogar meine Schwester und meine Nichte sehen. Von meiner Nichte hab ich die allerbeste Umarmung bekommen "Du bist jetzt nicht mehr im Krankenhaus?" Ich hatte mehrere Fragen zu beantworten, aber es war schön, ihr Antworten geben zu können.

Samstag, 16. Juni 2012

Zuhause

Wir nähern uns dem Sommer. Ich vermisse das Leben. Ich vermisse Festivals, Konzerte, schwimmen gehen, Urlaub machen, Freunde, Party, das Leben...

Tut mir leid, dass ich länger nicht geschrieben habe. Es war eine schwierige Zeit. Es ist gerade nicht einfach. Wenn ich auf die Verbesserungen zurück blicke, sollte ich eigentlich glücklich sein. Wenn ich jedoch die aktuelle Situation anschaue, verstehe ich, dass es noch einiges gibt, woran ich arbeiten muss. Es macht mir zu kämpfen, dem Plan zu folgen.

Sie ist meine Freundin, die ich im Sturm anrufe. Sie ist mein größter Feind, die mir alle Hoffnung nimmt. Sie ist meine größte Scham. Sie stielt mir alles. Sie nimmt sich all den Raum, wenn ich ihr Raum gebe. Sie ist eine Droge, die süchtig macht. Sie ist unliebsam und schmerzhaft, dennoch so gut. Warum brauche ich sie in meinem Leben?

Ich rede über die Bulimie. Warum brauche ich sie in meinem Leben? Ich habe so viele Leute, Freunde, Familie, Verwandte, Bekannte, die mir alles Gute wünschen. Ich habe so viel Liebe und Freude um mich herum. Warum kann ich das nicht einfach festhalten, anstatt in schlechte Verhaltensmuster zu fallen? Die Bulimie macht es nicht möglich, an dem Programm hier teilzunehmen. Nicht nur die Bulimie, natürlich.
Es ist seit langem eine Frage, ob ich motiviert genug bin, an dem finalen Spiel teilzunehmen. Das frag ich mich jeden Tag. Bin ich bereit, meine Krankheit loszulassen? Die Wahrheit ist: Nein, ich kann sie nicht loslassen. Warum? Weil sie die einzige Art des Lebens ist. Ich kenne keinen anderen Weg. Die letzten drei Monate haben mir gelernt, stark zu sein. Ich habe gelernt, dass ich der Boss bin und dass die Krankheit mir nichts ankann. Ich muss mich nicht vor ihr fürchten. Die Panik kommt, aber sie ist nicht gefährlich. Die Momente kommen, aber ich entscheide, ob ich mich krank verhalten möchte, oder ob ich gesund denken möchte. Beides war der Fall, aber ich habe auch oft gesund gedacht. Ich habe ein Ziel, auf das ich hinarbeite. Ich werde geheilt sein. Irgendwann werde ich die Krankheit loslassen können, aber das ist nicht heute.

Bezeichnet es als Aufschub, nicht als Niederlage, weil ich meinen Weg zur Gesundheit weiter gehen werde. Ich werde darüber nachdenken müssen, wie ich weiter mache und ob jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Behandlung ist. Das gute ist, dass ich viel stärker bin und meine Krankheit besser kontrollieren kann. Ich balanciere auf Messers Schneide, aber ich stehe fest und gebe den richtigen Weg an. Ich habe neue Methoden gelernt, damit ich auf dem richtigen Weg bleibe. Ich frage mich, was der Auslöser dafür ist, dass ich keine Motivation habe, wo ich doch jetzt endlich einen Platz gefunden habe, wo ich die Hilfe bekommen habe, die ich so bitter benötigt habe. Ich weiß es tief in meinem Herzen. Dort ist Trauer. Trauer und die Sehnsucht danach, nicht zu leben. Ich sehne mich danach, auch nur einen Geschmack für das Leben zu entwickeln. Ich vergesse, warum ich jeden Tag aufstehe. Ich vergesse, warum ich kämpfe. Leider hab ich so viel vergessen, dass ich nicht darin glauben kann. Also, was tu ich? Nun, ich versuche, die Krankheit auf Distanz zu halten und ich will etwas leben. Neue Dinge erleben, sodass ich vielleicht wieder Hoffnung und Kraft gewinnen kann. Diesen Sommer habe ich viele Möglichkeiten dazu - Festivals, Konzerte, Urlaub, ich kann mit meinen Freunden und Familie Zeit verbringen. Ich kann reisen. Ich kann mit meinem Freund zusammen sein. Ich kann tun,w as ich will. Und wie meine Mutter meinte: "In der Lage zu sein, zuhause leben zu können, das ist so einfach, dass du es tun musst". Und sie hat recht damit. Ich muss genug essen, damit ich die schönen Dinge genießen und erleben kann. Wenn ich daran denke, wie die Tage im Sommer sein werden, mit all dem, was ich will und ohne die Bulimie, dann spüre ich eine große Freude, die all die Dunkelheit beseitigt. Die Vorstellung, leben zu können. Ja, ich muss essen. Ich muss das essen, was ich essen kann. Es ist nicht gefährlich. Ich bin der Boss.

Ihr seid jetzt sicher enttäuscht und geschockt, aber es ist etwas, das ich brauche, um auf die richtige Bahn zu kommen. Ich werde irgendwann etwas neues ausprobieren, jetzt versuche ich es erstmal zu halten. Das gute ist, dass ich so weit gekommen hab und sich mein Zustand im Kopf verbessert hat.

Die, die sich jetzt Sorgen machen: Ich werde weiterhin gewogen, mein Blut wird kontrolliert und ich bekomme Medikamente. Ich habe ein Team, das mir helfen wird. Es gibt kein weglocken, weil ich es endlich tunw erde. Ich will nicht kraftlos auf dem Sofa liegen. Ich habe Pläne für den Sommer. Und meine Fantasie ist, dass ich alles tun kann, solang ich meinem Körper Energie gebe und es genieße.

...nach 1,5 Jahren bin ich endlich zuhause.

Montag, 11. Juni 2012

Danke für den Kampf.

Danke für den Kampf. Das sage ich, wenn ich mit dem Essen fertig bin. Derzeit gewinne ich.
Für mich ist es nicht mehr so schwierig, zu essen und Nahrung in meinem Magen zu haben. Ich muss öfters zurück blicken und Vergleiche ziehen, damit es einfacher für mich ist. Vorher hatte ich Tausende Zwänge und Besessenheiten, wenn ich gegessen habe. Jetzt denke ich, dass es nur Nahrung ist. Wir brauchen Nahrung, um leben zu können und wir können uns glücklich schätzen, ein Leben zu haben. Nahrung ist wie unser Treibstoff. Vor einem halben Jahr musste ich noch ans Bett gefesselt werden und zum Essen gezwungen werden. Jetzt esse ich alleine und mehr als vorher. Ich kann jetzt sagen "Danke für den Kampf" und "Danke für das Essen" und ich meine das auch so. Ich bin ich und nicht meine Krankheit.

Ich habe mich hingesetzt und etwas genauer die Veränderungen betrachtet. Ich habe ein paar Sachen aufgeschrieben:
- ich kann essen und es im Magen behalten, ohne Panik zu entwickeln und nach destruktiven Gedanken zu handeln
- ich habe keine zwanghaften Besessenheiten mehr, ich muss nicht mehr stundenlang trainieren, wie ich das Jahre lang gemacht habe
- ich laufe nicht mehr davon, indem ich eine Überdosis Tabletten schlucke, mich verletzte oder sowas in der Art. Ich kann um Hilfe beten (ich habe noch immer mit der Selbstverletzung zu kämpfen, aber nicht so wie vorher)
- wenn ich einens chlechten Tag habe, dann ist es leichter für mich, wieder auf die richtige Bahn zu kommen
- ich denke viel gesünder
- ich bin glücklicher mit mir selber und möchte mich um mich kümmern
- ich denke, dass ich es verdiene, mich gut zu fühlen


Mittwoch, 6. Juni 2012

Das Leben ist ein Geschenk

Eine betreute Wohngruppe ist immer noch eine Option, aber ich werde meine Behandlung hier fortsetzen. Der Kampf geht weiter, ich wähle das Leben und nicht die Essstörung. Ich werde meine Ziele erreichen. Ich werde es mir und allen anderen beweisen.
Gestern wurde mir bewusst, dass ich wieder die Wahl habe. Ich hab das vergessen. Ich habe vergessen, dass ich auf dem Fahrersitz sitze und die Richtung bestimme. Nicht meine Essstörung. Das weiß ich jetzt und ich weiß, was ich machen muss, damit es besser wird. Ich muss einfach auf Autopilot schalten und es tun. Ich sehe das Leben wieder als Geschenk an. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich überhaupt Lebe. Jeder Tag ist ein Geschenk. Jeden Tag bekommt man viele Geschenke: Eine Umarmung, ein Gespräch, etwas neues, einen netten Kommentar, eine schöne Erfahrung. Der Tag ist voller Geschenke, man muss es nur auch so sehen.

Ich bin wieder voller Tatendrang und muss jetzt kämpfen. Zunehmen ist das Ziel. Ich denk an die ganzen Dinge, die ich machen kann, wenn mein BMI höher ist. Derzeit liegt er ungefähr bei 12. Ich freue mich auf diese Dinge!