Samstag, 16. Juni 2012

Zuhause

Wir nähern uns dem Sommer. Ich vermisse das Leben. Ich vermisse Festivals, Konzerte, schwimmen gehen, Urlaub machen, Freunde, Party, das Leben...

Tut mir leid, dass ich länger nicht geschrieben habe. Es war eine schwierige Zeit. Es ist gerade nicht einfach. Wenn ich auf die Verbesserungen zurück blicke, sollte ich eigentlich glücklich sein. Wenn ich jedoch die aktuelle Situation anschaue, verstehe ich, dass es noch einiges gibt, woran ich arbeiten muss. Es macht mir zu kämpfen, dem Plan zu folgen.

Sie ist meine Freundin, die ich im Sturm anrufe. Sie ist mein größter Feind, die mir alle Hoffnung nimmt. Sie ist meine größte Scham. Sie stielt mir alles. Sie nimmt sich all den Raum, wenn ich ihr Raum gebe. Sie ist eine Droge, die süchtig macht. Sie ist unliebsam und schmerzhaft, dennoch so gut. Warum brauche ich sie in meinem Leben?

Ich rede über die Bulimie. Warum brauche ich sie in meinem Leben? Ich habe so viele Leute, Freunde, Familie, Verwandte, Bekannte, die mir alles Gute wünschen. Ich habe so viel Liebe und Freude um mich herum. Warum kann ich das nicht einfach festhalten, anstatt in schlechte Verhaltensmuster zu fallen? Die Bulimie macht es nicht möglich, an dem Programm hier teilzunehmen. Nicht nur die Bulimie, natürlich.
Es ist seit langem eine Frage, ob ich motiviert genug bin, an dem finalen Spiel teilzunehmen. Das frag ich mich jeden Tag. Bin ich bereit, meine Krankheit loszulassen? Die Wahrheit ist: Nein, ich kann sie nicht loslassen. Warum? Weil sie die einzige Art des Lebens ist. Ich kenne keinen anderen Weg. Die letzten drei Monate haben mir gelernt, stark zu sein. Ich habe gelernt, dass ich der Boss bin und dass die Krankheit mir nichts ankann. Ich muss mich nicht vor ihr fürchten. Die Panik kommt, aber sie ist nicht gefährlich. Die Momente kommen, aber ich entscheide, ob ich mich krank verhalten möchte, oder ob ich gesund denken möchte. Beides war der Fall, aber ich habe auch oft gesund gedacht. Ich habe ein Ziel, auf das ich hinarbeite. Ich werde geheilt sein. Irgendwann werde ich die Krankheit loslassen können, aber das ist nicht heute.

Bezeichnet es als Aufschub, nicht als Niederlage, weil ich meinen Weg zur Gesundheit weiter gehen werde. Ich werde darüber nachdenken müssen, wie ich weiter mache und ob jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Behandlung ist. Das gute ist, dass ich viel stärker bin und meine Krankheit besser kontrollieren kann. Ich balanciere auf Messers Schneide, aber ich stehe fest und gebe den richtigen Weg an. Ich habe neue Methoden gelernt, damit ich auf dem richtigen Weg bleibe. Ich frage mich, was der Auslöser dafür ist, dass ich keine Motivation habe, wo ich doch jetzt endlich einen Platz gefunden habe, wo ich die Hilfe bekommen habe, die ich so bitter benötigt habe. Ich weiß es tief in meinem Herzen. Dort ist Trauer. Trauer und die Sehnsucht danach, nicht zu leben. Ich sehne mich danach, auch nur einen Geschmack für das Leben zu entwickeln. Ich vergesse, warum ich jeden Tag aufstehe. Ich vergesse, warum ich kämpfe. Leider hab ich so viel vergessen, dass ich nicht darin glauben kann. Also, was tu ich? Nun, ich versuche, die Krankheit auf Distanz zu halten und ich will etwas leben. Neue Dinge erleben, sodass ich vielleicht wieder Hoffnung und Kraft gewinnen kann. Diesen Sommer habe ich viele Möglichkeiten dazu - Festivals, Konzerte, Urlaub, ich kann mit meinen Freunden und Familie Zeit verbringen. Ich kann reisen. Ich kann mit meinem Freund zusammen sein. Ich kann tun,w as ich will. Und wie meine Mutter meinte: "In der Lage zu sein, zuhause leben zu können, das ist so einfach, dass du es tun musst". Und sie hat recht damit. Ich muss genug essen, damit ich die schönen Dinge genießen und erleben kann. Wenn ich daran denke, wie die Tage im Sommer sein werden, mit all dem, was ich will und ohne die Bulimie, dann spüre ich eine große Freude, die all die Dunkelheit beseitigt. Die Vorstellung, leben zu können. Ja, ich muss essen. Ich muss das essen, was ich essen kann. Es ist nicht gefährlich. Ich bin der Boss.

Ihr seid jetzt sicher enttäuscht und geschockt, aber es ist etwas, das ich brauche, um auf die richtige Bahn zu kommen. Ich werde irgendwann etwas neues ausprobieren, jetzt versuche ich es erstmal zu halten. Das gute ist, dass ich so weit gekommen hab und sich mein Zustand im Kopf verbessert hat.

Die, die sich jetzt Sorgen machen: Ich werde weiterhin gewogen, mein Blut wird kontrolliert und ich bekomme Medikamente. Ich habe ein Team, das mir helfen wird. Es gibt kein weglocken, weil ich es endlich tunw erde. Ich will nicht kraftlos auf dem Sofa liegen. Ich habe Pläne für den Sommer. Und meine Fantasie ist, dass ich alles tun kann, solang ich meinem Körper Energie gebe und es genieße.

...nach 1,5 Jahren bin ich endlich zuhause.

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