Sonntag, 1. Dezember 2013

Herausforderungen

Ich habe zu kämpfen. Die Gefühle in mir brodeln und ich will allem einfach nur entfliehen, aber ich weiß, dass ich sie aushalten muss. Ich widere mich selber an, ich fühle mich nicht wert genug. Ich bin körperlich gesund, aber im Kopf nicht. Ich bin alleine mit meinen Gedanken und muss meine Entscheidungen selber treffen. Es ist schwieriger als ich dachte. Es ist nicht einfach nur Dinge tun, die schwierig für einen sind. Es ist ein unglaublich harter und schwieriger Kampf. Die Krankheit lässt mich nicht in Ruhe, ich werde nie meine Ruhe finden. Ich habe viele Bewältigungsstrategien kennen gelernt, aber manchmal gehe ich in bekannte Strukturen über. Es tut weh, zu verlieren. Es ist so schön, wenn man einen Kampf gewinnt, aber umso schmerzhafter, wenn man ihn dann verliert.
Ich versuche zu denken, dass ich nicht alles auf einmal bewältigen kann, aber ich bin einfach ein Perfektionist und möchte alles perfekt besiegen. Vielleicht muss ich die Ansprüche ein wenig weiter runterschrauben, aber gleichzeitig muss ich hart und streng sein, was die Essstörung betrifft. Ich kann es mir nicht erlauben, wieder locker zu lassen. Die Zeit ist vorbei, ich habe mit der Bulimie abgeschlossen. Sie ist nicht mehr in meinem Leben willkommen. Am schlimmsten ist es zu sehen, was die Bulimie oder Anorexie mit meiner Familie gemacht hat. Die Auslöser sind in mir drin und es tut weh, mich ihnen zu stellen, sie zu ertragen. Ich stehe hier und fühle mich wie die schlimmste Person auf Erden, wenn ich auf die Essstörung und nicht auf meine Familie höre, wo die doch alles für mich tun. Es tut so weh. Ich fühl mich hoffnungslos und ich weiß, dass sie sich auch so fühlen. Aber ich darf nicht zulassen, dass es von mir genommen wird. Ich kann die Entscheidung treffen. Ich fühle mich in der Hölle gefangen, wo ich weiß, dass ich meine Familie dem Schmerz aussetze. Es ist ein schreckliches Gefühl.
Aber gleichzeitig gebe ich mein Bestes, wieder zurückzukommen, wenn ich in der Essstörung gefangen bin. Es ist schwierig, weil es neu ist. Ich bin es gewohnt, auf die Essstörung zu hören und ihren Wegen zu folgen. Wenn der Sturm in mir ist, wende ich mich automatisch den kranken Bewältigungsstrategien zu, damit ich mich nicht den schmerzhaften Emotionen aussetzen muss. Der Körper und der Kopf reagieren automatisch so, weil sie es nicht anders gewöhnt sind. Auch, wenn ich es nicht will und nicht möchte, und es nur schmerzhaft ist - aber ich habe das Gefühl, dass ich es so machen muss. Es ist wie ein Drang, der direkt befriedigt werden muss. Ich kann nicht leben, ohne auf Gefühle zu handeln. Das ist unmöglich. Aber ich weiß, dass ich mich den Gefühlen aussetzen muss. So schmerzhaft sie auch sein mögen, irgendwann werden sie geringer und ich stärker. Aber ich muss erstmal die Methoden finden, dass ich die Gefühle aushalten kann und nicht in alte Verhaltensweisen abrutsche.
Das nach Hause kommen und für mich selber sorgen war wirklich um einiges schlimmer als ich dachte. Es kamen Herausforderungen, an die ich nie gedacht hatte. Es ist schwierig, normal zu essen. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Ich habe damit zu kämpfen, nicht alle Süßigkeiten auf einmal zu essen. Alles ist in Reichweite, warum also nicht alles auf einmal essen. Die Bulimie ist ein Problem, aber ich habe es geschafft, sie etwas einzugrenzen. Ich habe mich in einem Fitnessstudio angemeldet und versuche mir Süßigkeiten zu erlauben, wenn ich trainieren war. Ich bin dort ungefähr 3-5x die Woche. Außerdem will ich bald wieder zur Schule gehen, deshalb versuch ich dafür schon etwas zu lernen. Ich merke, dass ich mich besser konzentrieren kann. Das Gehirn funktioniert mit ein wenig Nahrung einfach viel besser. Ansonsten geh ich weiter zur Psychologin. Es gibt viele Dinge, an denen ich noch arbeiten muss, ich bin weit vom Ziel entfernt. Viele innere Wunden sind noch nicht verheilt. Viele Wunden habe ich verdrängt und jetzt, wo sie wieder hochkommen, muss an ihnen gearbeitet werden.

Ich habe gemerkt, dass dieser Post sehr negativ ist. Ich habe aber auch viele gute Sachen, über die ich erzählen kann und für die ich sehr dankbar bin. Familie, Freunde, Sport, meine Unterstützungen, die Ärzte, Psychologen und Therapeuten. Ich habe den besten Freund, den man sich wünschen kann. Er studiert Medizin in Prag und ich bin so stolz auf ihn. Ich bin mir sicher, dass er es packen wird!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen