Mittwoch, 25. Juni 2014

Liebe Anorexie, ich werd dich nicht vermissen!

Liebe Magersucht, Anorexie, Teufel, Krankheit, wie man dich auch immer nennen mag.

Ich werde dich nicht vermissen. Wir werden dich nicht vermissen.

Ich erinnere mich daran, als du dich in mein Leben geschlichen hast. Du hast meine Schwachstellen ausgenutzt und bist über ein verletzliches Mädchen hergefallen. Ich war verletzlich, voller innerer Wunden und du hast mir Lügen zugeflüstert, die ich alle geglaubt habe. Du sagtest, die Wunden würden aufhören zu schmerzen. Und du hattest recht, du hast den Schmerz genommen. Aber du hast mir auch alles andere in meinem Leben genommen. Ich war gesund und du hast mich krank gemacht. Du hast mir gesagt, was am besten für mich ist, und ich habe dir geglaubt. Du hast mich Dinge tun lassen, die ich nie getan hätte. Ich hätte es nicht getan, aber du hast mich getäuscht. Du hast meinen Kopf eingenommen und das Chaos nur noch vergrößert. Irgendwann warst du der alleinige Herrscher über meinen Körper und meinen Kopf. Du hast ein glückliches, gesundes Mädchen zu einem Wrack gemacht. Du warst meine Identität, mein Leben.
Zehn Jahre hast du mich in deiner Hölle gefangen gehalten und mir nie Ruhe gegeben. Jeden Tag hast du mir eine Gehirnwäsche verpasst.
Du hast mir alles genommen, alles.

Aber ich habe dich aufgedeckt und jeden Tag daran gearbeitet, dich loszuwerden. Weil du mir nicht helfen wirst, sondern mich umbringst. Aber ich werde nicht sterben. Nicht, bis ich 100 Jahre alt bin. Nicht, bis ich mein Leben gelebt habe. Ohne dich. Also verpiss dich aus meinem Leben. Ich weiß du bestrafst mich, wenn ich mich gegen dich wende, aber das halte ich aus. Ich stelle mich in den Sturm, stelle mich gegen dich. All das ist besser als ein Leben mit dir. All das wird es wert sein, wenn ich frei von dir bin. Wenn ich gesund bin. Der Kampf wird es wert sein. Du bist in meinem Leben nicht willkommen.

Ich weiß, dass es andere Wege gibt, mit inneren Wunden umzugehen. Ich weiß auch, wie man sie heilen kann - ohne deine Hilfe. Deine Lügen sind sehr überzeugend, aber es sind nur Lügen. Ich kann jetzt an die Realität denken und du bist nicht real. Du bist keine Person. Ich spreche dich nur an, weil ich dich von mir trennen möchte, weil du nicht ich bist. Bald werden wir zwei verschiedene Leben leben.. oder nein, du stirbst. Du stirbst und ich lebe. Ich fliege, ich bin frei. Du wirst mir nicht fehlen.

3 Kommentare:

  1. Ein schöner Brief...

    So wahr...

    Das wichtigste steht schon in der Überschrift. :)

    War das eine Therapieübung oder hsat du den Text aus eigenem Antrieb heraus geschrieben? Du musst die FRage natürlich nicht beantworten, es würde mich nur interessieren. :)

    AntwortenLöschen
  2. wow, besser hätte man es nicht formulieren können. ♥

    AntwortenLöschen