Donnerstag, 7. März 2013

Schlüsselworte


Ich sitze gerade im Gemeinschaftsraum der Klinik. Kurz zuvor hatte ich ein Gespräch mit einer Ärztin. Wir haben über viele Dinge gesprochen, aber es gibt eine Sache, die ich teilen möchte. Ich dachte an ein Bild, das ich vor ein paar Monate gemalt habe. Ein rotes Seil, das fest um meinen Körper gewickelt war. Ich war komplett gefangen. In einer Welt gefangen, die mit dem Tod endete. Alles war schwarz und ein hoffnungsloser Fall. Nur die Kontrolle war in mir, der Ersatz des Schmerzes, des Chaos, Selbstverletzung und Angst. Ich wollte einfach nur ständig abhauen. Das Chaos und der Schmerz waren konstant da und der erste Impuls war immer die Flucht. Ich bin geflohen, indem ich gehungert und abgenommen habe. Dann hatte ich "Kontrolle". Ich war nur gut genug, wenn ich dünn genug war. Das war mein Rauschzustand. Aber mein Körper hat diesen Zustand nicht zugelassen. Ich tanzte auf Messers Schneide, dem Tode beängstigend nahe, aber an einem Tag habe ich Fuß gefasst und mein Leben gerettet. Jemand hat das rote Band gelockert und meinem Körper Nahrung gegeben. Für mich war das, gefangen von der Krankheit, eine schreckliche Zeit. Ich hatte keine Kontrolle, mir wurde sie genommen. Ich konnte den Schmerz nicht unterdrücken. Ich habe die Kilos wieder zugenommen. Es war schrecklich, ich war wie in einer anderen Welt. Eine Welt, in der die Kilos meinen Körper beschmutzt haben, meine Sucht kontrolliert haben. Es war ein anstrengendes Spiel und ich habe versucht, vor meinen Gefühlen wegzulaufen. Ich habe mein Leben nicht durch die Magersucht kontrolliert, deshalb musste ich einen anderen Weg finden, um meine Gefühle und die Schmerzen zu unterdrücken. Selbstverletzung war die einzige Antwort, die ich fand. Starke Selbstverletzung. Etwas, was meinem Körper viel abverlangt hat. Schmerzen, nur Schmerzen. Ich habe mich physisch selbst verletzt, wie andere ihren Schmerz mit Schmerztabletten betäubt haben. Ich wurde immer süchtiger danach und habe mich immer stärker verletzt, um die Schmerzen zu betäuben. In einem Jahr musste ich deswegen über zwanzigmal ins Krankenhaus. Operationen. Ich habe mich so stark verletzt, dass ich jetzt am Bauch eine große Narbe habe, weil sie ihn oft öffnen mussten. Ich war verzweifelt. Ich habe schlimme Sachen gemacht, damit ich gerettet werde.
Und es gab die Bulimie. Wie soll man das beschreiben? Nun, der Drang, sich vollzufressen und jegliche Gefühle zu unterdrücken. Und weil dann der Selbsthass zu groß war, musste ich mich übergeben. Das wurde zur Sucht. Ich könnte es die ganze Nacht, den ganzen Tag lang machen. Das Chaos wurde immer größer und ich musste die Gefühle loswerden. Diese Kämpfe waren und sind sehr stark. Aber ich habe diesen Post mit dem Bild begonnen, das ich vor ein paar Monaten gemalt habe. Ich dachte daran, wie gefangen ich mich gefühlt habe. Ich glaube, das rote Band war siebenmal um mich gespannt. Gestern hatten wir hier in der Klinik Maltherapie. Ich sollte malen, was ich fühle. Ich habe mich gemalt, in der Hälfte geteilt. Die eine Hälfte grün, die andere rot. Rot und grün repräsentieren die verschiedenen Gefühle. Ein weiteres rotes Band war um meine Füße gespannt und hielt mich am Boden - gefüllt von der ewigen Krankheit und all dem kranken. Aber es war nur dreimal gespannt. Bin ich freier? Bin ich weiter gekommen? Es ist so viel Traurigkeit in der Person, die ich gemalt habe. Trauer über das Leben, das ich bisher verloren habe. Trauer über den Schmerz, den ich mir und meiner Familie zugefügt habe. Trauer über Hoffnungslosigkeit. Aber ich muss auch den Rest des Bildes erzählen. Ich ging auf einem frischen Weg. Er war ziemlich hügelig und steinig, aber ich hatte unglaublich viele Leute an meiner Seite, die mir Hoffnung geben, Motivation, Stärker, Liebe und Träume. Ich konnte auch das Ende des Weges sehen, wo es keine Hügel mehr gab und es sonnig und hell war. Meine Füße waren gefesselt, aber ich habe mein Ziel angesehen. Das Bild zeigt meinen Kampf. All die Entscheidungen, die ich jeden Tag treffen muss. Ich muss die richtigen Entscheidungen treffen, um nach vorne zu gehen, und ich habe viel Gutes um mich herum. Ich habe daran gedacht, wie ich ruhig im Bett lag, nachdem ich zu Mittag gegessen hatte. Vor einem halben Jahr hätte ich das nicht gekonnt. Da hätte ich auch kein Mittagessen geschafft. Es hätte einen Krieg in mir gegeben und ich wäre geflohen - entweder durch übergeben oder Selbstverletzung. Heute habe ich meine Mahlzeiten geschafft, ich habe ein wenig Sport getrieben um mich besser zu fühlen, ich habe über den Schmerz in mir geredet, und ich arbeite daran, um bald in eine andere Klinik zu gehen.
Ich habe schon viele Schritte gemacht, aber ich habe noch viele übrig, um mein Ziel zu erreichen. Aber jetzt arbeite ich erstmal daran, gesunde Entscheidungen zu treffen. Ja, ich bin noch immer gefangen. Ich bin abhängig von der Kontrolle über meine Gefühle. Aber ich weiß, dass ich die Essstörung loslassen muss und lernen muss, wieder zu leben. Es gibt so viele Dinge, die ich neu lernen muss. Ich war nur elf Jahr alt, als ich krank wurde. Ich habe so viel verloren, aber so viel erlebt, was mich geprägt hat. Viele sagen, ich sei besonders. Was in mir ist, weiß ich nicht, aber ich möchte es herausfinden. Ich werde eine neue Beziehung zum Essen entwickeln und es soll nicht meine Gefühle repräsentieren.
Die Krankheit versucht ständig, mich in einem ewigen Kampf zu halten, in dem ich seit fast neun Jahren bin. Mein halbes Leben. Es geht jetzt darum, den schwierigen Schritt wegzumachen, loszulassen und weiter zu gehen. Ich bin motiviert, auch wenn es sehr schwierig ist.

Ich denke daran zurück, als ich krank geworden bin oder als die Dinge so schlimm waren letztes Jahr. Ugh. Und ich denke an all die armen Mädchen und Jungen, die jetzt in derselben Situation sind. Ich möchte ihnen einfach sagen, dass das Leben so viel besser ist als eine spätere Krankheit. Ich weiß, dass es sich jetzt vielleicht wie ein Freund anfühlen mag, aber in ein paar Jahren wirst du zurückblicken und den Entscheidungen nachtrauern. Ich glaube, dass jeder heute eine Wahl hat. Wir wählen alle das Leben. Wir können wählen, was wir wollen und können an unseren Zielen arbeiten. Wir können entscheiden, welchen Weg wir gehen wollen. Wir können das Leben haben, das wir haben wollen.

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