Donnerstag, 22. Mai 2014

Epilepsie oder psychogener Anfall - was ist das?

Der Körper macht dicht
Die Person verlässt langsam den Körper
Die Welt wird verschwommen und unbekannt
Der Körper zittert
Das Herz schlägt schneller, schneller, schneller... bubumm, bubumm, bubumm
Das Herz ist voller Angst und Verzweiflung
Die Person verschwindet
Die Außenwelt verschwindet
Eine neue Welt beginnt
Eine Welt, die in meinem Verstand weiterlebt
Das Mädchen schreit
Chaos
Die Person verschwindet
Der Körper wird von irgendwas anderem regiert
Jegliche Kontrolle ist fort
Die Person liegt auf dem Boden und zittert, verdreht sich
Der Körper ist angespannt, jeder Muskel zittert
Die Person ist gelähmt
Ausatmen... es ist vorbei
Ein Ausatmen als Zeichen der Erleichterung
Die Welt ist noch immer schummrig und komisch
Das Herz schlägt wieder schneller
Die Person verschwindet wieder
Der Körper verkrampft sich, zittert
Halte durch
Anfall für Anfall
Plötzlich wird alles schwarz und der Körper wird wieder schlaff
Verschwitzt, heiß und erschöpft
Die Person schläft, lange
Die Person erholt sich

Die Person wacht auf und merkt, dass es vorbei ist...
Davor war mein Körper voller Angst, die inneren Wunden waren offen und schmerzten. Die Stimmen waren laut und haben mich runtergerissen. "Du bist es nicht wert" "Du bist schmutzig" "Du bist wertlos" "Keiner liebt dich"

Ich verschwinde und dissoziiere. Die Person verschwindet. Was ist das, dass es so schwierig und schrecklich ist, dass es in meinem Leben nicht existieren kann. Die Angst wird zu groß, die Gefühle zu brutal. Die Welt ist nicht sicher. Ich kann nicht atmen und laufe davon.

Diese Art von Dissoziation ist schwierig und lässt mich verzweifeln. Ich möchte so sehr, dass die Angst verschwindet. Warum bin ich destruktiv. Ich verliere die Kontrolle über meinen Körper und stattdessen übernimmt irgendwas anderes diese Kontrolle. Ich möchte mich nicht verletzen. Ich möchte ich sein und über mich bestimmen können, Herr meiner Lage sein.

Wodurch wird das ausgelöst? Es passiert fast täglich. Ich werde so verzweifelt und habe keinerlei Kontrolle. Es ist schrecklich, so einen Kontrollverlust zu erfahren. Das macht mir Angst.

Aber ich arbeite daran. Die Ärzte hier wissen, was zu tun ist. Sie bringen mich wieder zurück in die Realität. Sie sprechen gegen mich an und versichern mir, dass ich zurück kann. Sie sprechen zu mir, nicht zu den Stimmen. Und irgendwie komme ich immer wieder zurück, zum Glück. Die Welt fühlt sich immer so unbekannt und gruselig an. Aber daran versuchen wir mit ein paar Tricks zu arbeiten. Indem ich mich auf Geschmäcker konzentriere (Z.B. von Kaugummi), indem ich mich auf die Farbe meines T-Shirts konzentriere. Indem ich ganz genau auf Geräusche höre. Wenn mir jemand die Hand gibt und ich die Berührung spüren kann. Dann komme ich langsam zurück in diese Welt. Sie ist sicher, es ist vorbei. Die Person ist zurück.

Was ich da beschrieben habe, nennt sich "psychogener Krampfanfall". Es ist wie ein Abwehrmechanismus gegen meine Angst, eine Art Dissoziation. Aber bei mir läuft beides ziemlich gleichzeitig ab - Anfall und Dissoziation. Die Krampfanfälle kommen, wenn die Angst zu stark wird und der Kopf und Körper damit nicht umgehen kann. Er schaltet somit aus, kapselt sich ab. Das ist ähnlich wie ein epileptischer Anfall, nur, dass es hauptsächlich vom Gehirn und den Emotionen ausgelöst wird. Es ist eine Reaktion auf Angst und Stress. Diese Anfälle kommen ganz plötzlich und können lange andauern. In der letzten Zeit waren meine Anfälle so 30 - 90 Minuten lang. Davor hatte ich längere, aber jetzt ist es eher so, dass ich viele, kurze Anfälle erleide. Ich bin bewusstlos und weit weg. Diese Anfälle sind nicht gefährlich, aber man muss aufpassen, dass ich nicht hinfalle oder mir irgendwo den Kopf anschlage. Weil ich so oft am Bauch operiert wurde, muss aber auch darauf aufgepasst werden, dass ich mich nicht zu sehr überdehne und meinen Bauch strecke (quasi so, wie wenn man eine Brücke macht). Das kann gefährlich sein, weil innere Wunden ausgelöst werden können. Deshalb versuchen ich die Ärzte auf dem Boden zu halten. Das kann schwierig sein, weil der Körper sich verkrampft und ganz steif wird.

Mit 17 hatte ich meinen ersten Anfall. Ich lag in meinem Bett in der Klinik und sollte einen Schlauch für die Zwangsernährung bekommen. Über den ganzen Tag lang habe ich ein Zwicken in meinem Körper gespült. Plötzlich saß ich ganz gerade im Bett und meine Augen haben sich verdreht, ich hatte Schaum im Mund, Krämpfe und weitere Details muss ich nicht erwähnen. Danach wurde ich an einen Neurologen überwiesen, mein Gehirn wurde untersucht und und und.

Ich wurde mit Epilepsie diagnostiziert und bekam Tabletten verschrieben. Die Anfälle hielten jedoch an und es bildeten sich neue Arten von Anfällen, deshalb wurde ich wieder untersucht. Sie haben mich im Krankenhaus behalten und ich hatte drei Tage lang so Elektroden am Kopf. Diese haben mithilfe von Licht und Geräuschen Anfälle ausgelöst und innerhalb von drei Tagen hatte ich zwei verschiedene Arten von Anfällen. Epileptische Anfälle und psychogene Krampfanfälle. Die psychogenen Anfälle können nicht mit Medikamenten behandelt werden, aber gegen die epileptischen Anfälle habe ich Orfiril verschrieben bekommen und die helfen mir gut. Psychogene Krampfanfälle können auch behandelt werden, aber dafür benötigt es intensiver Konfrontationstherapie und Therapie gegen die Angst. Derzeit habe ich nur diese Art von Anfällen, aber dafür fast täglich.

Ich hoffe, dass ich irgendwann damit abschließen kann, damit ich, unter anderem, auch Auto fahren darf... Ich hoffe, dass man damit ein wenig verstehen konnte, was psychogene Anfälle sind und was der Unterschied zu Epilepsie ist...

3 Kommentare:

  1. Danke für diesen kleinen, interessanten Einblick.
    Ich finde es sehr mutig, wie Du Dich hier offenbarst.
    Alles Gute für Dich! :)

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  2. Vielen Dank, dass du das berichtest, ich wünsche dir viel Kraft und Unterstützung!

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  3. Hatte auch vor ein paar Tagen einen PA. Der dritte in 14 Monaten. Normalerweise begnügt sich meine Seele mit dissoziativen Amnesien. Die habe ich relativ häufig. Bin gerade im Krankenhaus. EEG wurde schon gemacht und gleich geht`s ins Schlaflabor. Wenn das auch keine Diagnose ergibt, soll ich stationär in eine psychiatrische Klinik. Bringt eh nix. Ich kenne meine Auslöser und die sind kaum therapierbar. Na mal sehen......

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