Donnerstag, 29. Mai 2014

Ich bin Ich

Manchmal habe ich Angst vor den Kräften, die in mir existieren. Wenn ich daran denke, was ich wegen denen schon gemacht habe, bekomme ich Angst. Manche um mich herum sagen vielleicht sowas wie "Sie hat den Boden wieder erkannt". Ich erwarte nicht, dass andere verstehen. Ich wusste, welche Kämpfe ich jeden Tag austragen musste und ich war überzeugt davon, ich würde verlieren, würde irgendwann sterben. Ich denke an all das, was mein Körper aushalten musste. Ich bin sehr überrascht, dass der das ausgehalten hat. Meine Mutter sagte zu mir, dass sie keinen Zweifel daran hätte, dass 'es' eines Tages passieren würde, wenn nicht jemand die Ernsthaftigkeit erkennen würde und  helfen würde - die Frage war eher, wann es passieren würde. Was ich meinem Körper angetan habe, ist nicht menschlich. Man mag nicht glauben, dass man sich soetwas überhaupt zufügen kann. Mehrere Monate wurde ich in der Klinik behandelt und ans Bett gefesselt, weil es sicherer war.
Wie lange würde ich dort verrotten? Bis irgendjemand etwas tat? Ja, ich verrottete. In mir drin rottete ich und wurde kränker. Ich war verzweifelt und hatte große Angst. So oft festgegurtet zu sein, das hat was mit mir gemacht. Ich habe gefleht und gebetet, dass sie mich loslassen und mir die Chance geben, es besser zu machen. Aber das haben sie nicht. Ich wurde nach Hause entlassen. Dort machte es nichts aus, wenn ich mich selbstverletzte. Mir wurde gesagt, ich würde mich nur im Krankenhaus so stark verletzen und ich wäre völlig bei Bewusstsein und hätte die Kontrolle. Was dieser Arzt jedoch nicht bedachte, war, dass ich dissoziierte. Ich floh von der Realität, wenn die Situationen zu schmerzhaft waren, wenn die Gedanken und Traumata hochkamen. Dann musste ich den Schmerz körperlich auslassen. Aber sie meinten, dass ich die Kontrolle darüber hätte und deshalb bekam ich auch keine Behandlung. So standen wir da, meine Mutter und ich, ganz alleine. Es war fast wie ein Todesurteil, wenn ich nach Hause geschickt wurde. Ich habe mein bestes gegeben, aber es lag nicht in meiner Macht, ich hatte keine Kontrolle. Ich wusste, was ich lernen musste - Kontrolle gewinnen, und das machen wir jetzt. Aber damals, zuhause, ging das nicht. Ich lag einfach nur da, ich verschwand.

Ich bin froh, dass das vorbei ist und dass mein Fall richtig bearbeitet und behandelt wird. Dass ich die Hilfe bekomme, die ich brauche, um gesund zu werden. Die Anfälle werden mich wahrscheinlich immer begleiten, aber ich werde lernen, sie besser zu kontrollieren, damit ich mein Leben leben kann, ohne ständig Angst haben müssen, zu sterben. Ich werde nicht sterben. Ich will leben.
Ich sehe langsam, dass ich mein bestes gebe und das gut genug ist. Nach für nach werde ich gesünder. Ich werde die Person, die ich bin. Ich bin eine Person und das ist wichtig für mich. Ich war schon immer ein Mensch, aber jetzt fühle ich mich auch wie einer. Ich bin ich.

1 Kommentar:

  1. Wenn du Angst vor den Kräften in dir hast - hast du dann nicht Angst vor dir selbst, wozu du in der Lage bist? Ich denke, dass man diese Kräfte, die jeder hat, positive oder negativ einsetzen kann. Aber manchmal ist man noch nicht in der Lage, sie in die richtige Richtung zu lenken, weshalb man sie unter Verschluss halten möchte.

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