Freitag, 2. Mai 2014

Eine andere Sprache

Vor kurzem habe ich die Geschichte eines acht jährigen Jungen gelesen, der ein sehr hartes Leben hatte. Er wurde von seinem Stiefvater misshandelt und getötet. Als er eines Tages nach Hause zu seiner Oma kam und sie Blutergüsse auf seiner Haut sah, fragte sie ihn danach. Aber er meinte nur, er habe sich beim Spielen wehgetan. Er hatte immer Ausreden - aus Angst davor, von seinem Stiefvater wieder misshandelt zu werden. Viele wussten bescheid, aber keiner unternahm etwas. Keiner half ihm und schließlich starb er an seinen Verletzungen. Er war ein großartiges Kind, hatte ADHS und nahm deshalb viele Tabletten, hatte starke Regeln und eine starre Struktur, die er brauchte. Was ihm zugestoßen ist, ist nicht okay und niemand sollte sowas durchmachen müssen. Niemand hat das Recht, einem unschuldigen Kind so etwas anzutun. Ich bin noch immer sprachlos und habe Tränen in den Augen. Er wollte mit seinen Ausreden anderen verstehen geben, was passiert, aber keiner hat seine Sprache verstanden. Es ist sehr traurig und ich hoffe, er wird in Frieden ruhen. Mögen die Engel nach dir schauen, kleiner Christoph, damit du im Himmel fröhlich spielen kannst.

Das musste ich gerade loswerden. Ist schon etwas her, dass ich davon gehört habe, aber ich musste gerade daran denken.

Ich bin noch immer in der Klinik, aber es ist okay soweit. Es ist ziemlich anstrengend, aber alles wird gut. Meine Angstzustände machen mir ziemlich zu schaffen. Es ist anstrengend, aber ich weiß auch, dass es so sein muss, damit ich besser damit umgehen kann und den Umgang damit erlerne. Meine Therapeutin sagt, dass ich ein schlechtes Toleranzlevel für Angst habe, was heißt, dass ich ungewöhnlich schnell von Level 1 zu Leven 3 gehe, was den Angstzustand betrifft. Es gibt drei Stufen und Stufe 3 ist die höchste Angststufe. In meinem Fall reagiere ich mit einer Angst Abwehrmechanismus. Eine Art, mit der Angst umzugehen. Ich habe so eine Art von Blackout mit Anfällen, ähnlich wie epileptische Anfälle, nur dauern meine Anfälle länger an. Solche Anfälle habe ich fast täglich und ich bin sehr erschöpft davon. Es gibt so viele Dinge, an denen ich arbeiten muss. Ich fühle mich hier sicher und vertraue den Leuten. Die Anfälle sind nicht gefährlich, solang ich nicht hinfalle und mir irgendwo den Kopf aufschlage oder sowas. Deshalb ist immer jemand da und passt auf, damit ich mich nicht an irgendwas verletze. Aber irgendwann geht es vorbei, dann ist der Anfall vorbei und ich bin wieder da. Ich weiß nie, wann ein Anfall kommt, deshalb muss ich ein wenig vorsichtig sein und drauf achten, dass ich nie irgendwo komplett alleine bin.

Wir arbeiten hier an vielen Sachen, z.B. den Ernährungsplan, den meine Psychologin aufgestellt hat. Es ist schwierig, aber ich schaffe das. Ich finde es schwierig zu essen, weil ich danach immer so negative Emotionen habe. Und um die zu vermeiden, will ich eben auch das Essen vermeiden. Aber das wird. Ich habe es satt, in einem Käfig zu leben. Aber ich bin jetzt seit ca einem Jahr bei einem gesunden Gewicht und das hatte ich in zehn Jahren nicht mehr so lange. Dadurch habe ich viel mehr Möglichkeiten, auch wenn es noch viel gibt, was ich kennenlernen muss. Ich muss lernen, meine Gefühle besser einzuschätzen. Es gibt einen Grund, warum sie da sind und es kommt darauf an, wie ich mit ihnen umgehe. Ich gebe mir Mühe und das ist, was zählt. Es ist ein Kampf, in dem bin ich drin, ich habe viele Unterstützer und dafür bin ich sehr dankbar.
Ich versuche hier in der Klinik auch viel für die Schule zu lernen und kleine Aufgaben zu erledigen. Ich liebe es, neue Dinge zu lernen.

Es gibt so viel gutes in meinem Leben. Ich habe tolle Freunde, eine starke Familie und viele Unterstützer in meiner Klinik, damit ich an mir arbeiten kann. Damit ich gesund werde. Das ist mein Ziel, dafür kämpfe ich jeden Tag. Es sind jetzt zehn Jahre und ich kämpfe so hart ich kann, auch wenn ich mich oft so schwach und wertlos fühle, dass ich aufgeben möchte. Aber das tue ich nicht. Ich will ein Leben haben, ich will mein Leben bestimmen. Ich will bestimmen, was ich wann tue und wie ich das tue. Ich möchte einfach nur leben...

2 Kommentare:

  1. Ich möchte dir sagen, wie sehr ich dich bewundere. Egal wie oft du fällst, du stehst wieder auf. Vor deinem Kampfgeist kann ich nur den Hut ziehen. Ich bin mir sicher, dass du deinen Weg gehen wirst und eines Tages die Spitze des Berges erreichen wirst. Du hast schon so viele "Stürme" überlebt, dass du mit der "Ausrüstung", die du nun hast, ans Ziel kommst.

    Darf ich fragen, wie dein Essplan aussiehst und ob du Essbegleitung bekommst?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich danke dir, sowas tut echt gut zu hören!

      Zum Frühstück esse ich immer drei Knäckebrote mit Gurke, Tomate und so einem light-Frischkäse. Zwischenmahlzeit ist ein Salat mit Schinkenstreifen. Zum Mittagessen gibt es Gemüse mit Fleisch (entweder Hühnchen oder Schwein). Nachmittags gibt es eine kleine Portion Gemüse. Und abends gibt es wieder Knäckebrote. Es geht halt darum, dass ich ausgewogen esse - zunehmen muss ich nicht mehr. Essbegleitung hab ich jeden zweiten Tag, damit ich selbständig esse und das auch alleine machen kann, aber dennoch ein Stückchen 'überwacht' werde.

      Löschen